Année politique Suisse 1970 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
 
Freisinnig-demokratische Partei
Die dritte grosse Partei der Schweiz, die Freisinnig-demokratische Partei (FDP), konnte 1970 ihre Positionen weitgehend bewahren [38]. Sie hatte weniger unter Spannungen zu leiden als die CVP und die SP. Das mag daran liegen, dass die FDP schon stets heterogene Elemente vereinigte und nie das Bild eines monolithischen Blocks bot wie die eben erwähnten Organisationen. Immerhin zeichnete sich auch bei der FDP eine gewisse Absetzung jugendlicher Gruppen ab. Der Schweizerische Liberale Studentenbund (SLS) und die Vereinigung Liberaler Jugendparlamentarier (VLJS) versuchten sich durch einen prononcierteren Linksliberalismus zu profilieren [39]. Aber ihre Konzepte stecken noch in den Anfängen. Vorläufig fanden sie in der Partei auch kaum Anklang, soweit sie überhaupt zur Kenntnis genommen wurden [40]. Freilich liess sich bei den Jungliberalen wie auch bei westschweizerischen Radikalen eine gewisse Bereitschaft zur Bejahung sozialistischer Postulate erkennen, was sich etwa in ihrer positiven Stellungnahme zum «Recht auf Wohnung» ausdrückte [41]. Der Übertritt zweier freisinniger Spitzenpolitiker, Bundesrat H. Schaffner und Stadtrat E. Bieri (ZH), von ihren politischen Ämtern in lukrativere Tätigkeiten in der Wirtschaft gab der Hypothese von der Allianz zwischen der FDP und dem schweizerischen Kapitalismus etwelchen Auftrieb und dürfte der Partei, aus der Presse zu schliessen, einen Prestigeverlust beigefügt haben. Insbesondere das Ausscheiden des Finanzvorstandes E. Bieri wurde in weiten Wählerkreisen und auch von der Kantonalpartei Zürich als Affront empfunden, war doch derselbe vier Monate zuvor mit der zweithöchsten Stimmenzahl wieder gewählt worden [42].
 
[38] Siehe oben, S. 30 ff.
[39] SLS: Zürcher Student, 47/1969-70, Nr. 6, S. 17 und 21; NZZ, 63, 8.2.70; 138, 24.3.70; 145, 31.3.70; 150, 2.4.70; 152, 3.4.70; 176, 17.4.70; 291, 26.6.70; Ostschw., 72, 28.3.70; Berner Student, 12, 30.6.70; 1, 3.11.70; 2, 17.11.70. VLJS: NZZ, 186, 23.4.70.
[40] Vgl. etwa das Aktionsprogramm der FP Zürich: NZZ, 497, 26.10.70; 566, 4.12.70; Lb, 249, 26.10.70; 283, 4.12.70; ferner Prof. Hugo Sieber in NZZ, 166, 12.4.70; Berner Freisinn, 13/1970, Nr. 7.
[41] Vgl. oben, S. 121; aber Ablehnung des « Lausanner Modells» durch die Jungliberalen: NZZ, 274, 17.6.70; Lb, 137, 17.6.70.
[42] NZZ, 311, 8.7.70; 322, 15.7.70; NZ, 306, 8.7.70; 309, 10.7.70; 312, 12.7.70; NZN, 156, 8.7.70; 162, 15.7.70; AZ, 154, 8.7.70; 160, 15.7.70; 162, 17.7.70; 163, 18.7.70; 164, 20.7.70; 166, 22.7.70; Tat, 159, 9.7.70; 161, 11.7.70; .164, 15.7.70; Lb, 161, 15.7.70; Züri Leu, 28, 16.7.70; 29, 23.7.70; Schweizer Spiegel, 45/1970, September, S. 22; s. auch oben, S. 33.