Année politique Suisse 1970 : Economie / Crédit et monnaie / Geld und Währung
Die
internationale Währungsordnung erfuhr 1970 keine Änderungen. An der Jahrestagung der Bretton-Woods-Institute (Weltbank und Internationaler Währungsfonds) wurden tiefgreifende Reformvorschläge, die eine grössere Flexibilität angestrebt hatten, verworfen. Die Freigabe von Wechselkursen und die Ermöglichung von Paritätsänderungen in kleinen Schritten (crawling pegs), die in einem Bericht zur Diskussion gestellt worden waren, wurden von den Ministem abgelehnt. Die weiteren Arbeiten reduzieren sich somit auf eine Verbesserung des bestehenden Systems. Man denkt insbesondere an eine bescheidene Erweiterung der sogenannten Bandbreiten, innerhalb deren Grenzen die Devisenkurse frei schwanken können, ohne dass die Notenbanken einzugreifen brauchen
[1]. Einer eingehenden Studie soll auch die Frage unterzogen werden, inwieweit die Sonderziehungsrechte in den Dienst der Entwicklungshilfe gestellt werden können. Die Entwicklungsländer forderten eine solche Abzweigung von Krediten, die primär den Industrieländern als zusätzliche Währungsreserve dienen sollen, für die Entwicklungshilfe. Schweizerische Bankkreise, die bereits von der Schaffung der Sonderziehungsrechte einen zusätzlichen Inflationsschub erwarteten, standen der Koppelung dieser beiden ganz verschiedenen Zwecken dienenden Instrumente skeptisch gegenüber
[2].
Die Anstrengungen der EWG-Länder, die Grundlagen zu einer gemeinsamen Wirtschafts- und Währungspolitik zu schaffen, waren vorderhand nicht erfolgreich. Weitere Schritte in Richtung auf eine Währungsunion, wie sie der sogenannte Werner-Plan vorsah, hätten ein Abtreten von währungspolitischen Kompetenzen an die Gemeinschaft erfordert. Eine solche Entwicklung scheiterte aber einstweilen am Widerstand Frankreichs. Sie hätte auch die Beitrittsverhandlungen für die Schweiz weiter kompliziert
[3]. Die international bedeutendsten Währungen blieben stabil. Einzig der Entscheid Kanadas, den Wechselkurs seines Dollars freizugeben, bildete eine Ausnahme. Verschiedene andere Währungen waren zwar Aufwertungs- oder Abwertungsgerüchten und teilweise auch Spekulationen ausgesetzt, hielten sich indessen unverändert
[4]. Das galt auch für den Schweizer Franken. Zu Anfang des Jahres wurde die Aufwertungsdiskussion, die nach den internationalen Währungsunruhen 1969 auch in unserem Land hohe Wellen geschlagen hatte
[5], noch fortgesetzt. Ausländischen Bankkreisen hatte das teilweise Scheitern des Exportdepots und die Ankündigung einer Revision des Münzgesetzes Anlass zur Vermutung gegeben, der Bundesrat würde nun zur Inflationsbekämpfung auf die Massnahme der Aufwertung zurückgreifen
[6]. In der Debatte um das Exportdepot drohte denn Bundesrat Celio auch indirekt mit einem solchen Eingriff
[7]. Diese Drohung wurde aber nicht in die Tat umgesetzt, unter anderem deshalb nicht, weil die Handelsbilanz ein zunehmendes Defizit aufwies; die Inflation konnte somit nicht mehr durch eine Drosselung der Exporte und eine Förderung der Importe gedämpft werden. Eine Aufwertung schien folglich schon aus konjunkturpolitischen Gründen nicht mehr opportun.
Dieser Umstand sowie die Beruhigung an der internationalen Währungsfront liessen dem Bundesrat den Zeitpunkt für eine Revision des
Münzgesetzes günstig erscheinen. Er veröffentlichte deshalb im Juli eine Botschaft, in der er als wichtigsten Punkt vorschlug, die Goldparität des Frankens nicht mehr gesetzlich zu fixieren. Damit sollte bei einer allfälligen Auf- oder Abwertung ein referendumspflichtiger Parlamentsbeschluss dahinfallen. Die Kompetenz zur Festsetzung der Parität des Frankens würde dem Bundesrat übertragen. Da diese vorgeschlagene Gesetzesänderung leicht als Vorbereitung zu einer Paritätsänderung hätte betrachtet werden können, was sofort eine massive Spekulation ausgelöst hätte, betonte der Bundesrat in der Botschaft mit Nachdruck, an einer unveränderten Frankenparität festhalten und die Paritätsänderung nicht als konjunkturpolitisches Mittel einsetzen zu wollen. Es gehe jetzt lediglich darum, sich für zukünftige Überraschungen zu wappnen. Als weitere wichtige Neuerung schlug der Bundesrat vor, im Münzgesetz keine besonderen Bestimmungen über Kurantmünzen aus Gold, über die Pflicht zur unbeschränkten Annahme dieser Goldmünzen und über das freie Prägerecht mehr vorzusehen. Damit sollte die Gesetzgebung dem faktisch seit dem Abwertungsbeschluss von 1936 vollzogenen Übergang von der Goldumlaufswährung zur Goldkernwährung angepasst werden. Schliesslich wurde noch vorgeschlagen, dass der Bundesrat die Nennwerte, Münzbilder und Eigenschaften aller Münzen festsetze
[8]. Die Botschaft des Bundesrates wurde im allgemeinen gut aufgenommen
[9]. Massiv kritisiert wurde sie allerdings von M. Iklé, der den Zeitpunkt für die Reform im Gegensatz zum Bundesrat als gar nicht günstig bezeichnete; pr befürchtete eine verstärkte Spekulation. Zudem meldete er im Namen jener, die von den Vorteilen einer stabilen Währung überzeugt seien, schwere Bedenken gegen die Übertragung von Währungsvollmachten an den Bundesrat an. Er regte deshalb an, dem Bundesrat müsse vorgeschrieben werden, vor einer Paritätsänderung einige Gremien zu konsultieren, die über besondere Fachkenntnisse verfügten, so z.B. den Bankausschuss der Nationalbank, den Vorort oder den Ausschuss der Bankiervereinigung. Ihm wurde entgegengehalten, ein solches « Vernehmlassungsverfahren der Auserwählten » komme nicht in Frage. Man müsse an der klaren und logischen Kompetenzausscheidung festhalten
[10]. Im Parlament war die Frage der Kompetenzzuordnung denn auch die einzig umstrittene. Die Vorlage sah vor, dass der Bundesrat « nach Rücksprâche» mit der Nationalbank die Parität festsetzen könne. Dies wurde im Nationalrat zunächst dahin präzisiert, der Bundesrat müsse mit dem Direktorium der Nationalbank Rücksprache nehmen. Eine Minderheit der Ratsherren, die von der Bankiervereinigung unterstützt wurde, beantragte indessen eine Formulierung, wonach der Bundesrat Paritätsänderungen nur « im Einvernehmen » mit dem Direktorium der Nationalbank hätte vornehmen können. Sie strebte damit eine Art Vetorecht der mit fachlichen Kenntnissen besser ausgerüsteten Instanz an, die auch keinem politischen Druck ausgesetzt sei. Die Befürworter der Fassung, die die Verantwortung eindeutig dem Bundesrat übertrug, siegten im Nationalrat mit 110 zu 24 Stimmen; der Ständerat übernahm diese Lösung unverändert
[11].
[1] NZZ, 187, 24.4.70; 190, 26.4.70; 317, 12.7.70; 427, 14.7.70; 437, 20.9.70; 441, 23.9.70; 449, 28.9.70; NZ, 102, 4.3.70; 206, 10.5.70; 218, 17.5.70; 443, 27.9.70.
[2] NZZ, 92, 25.2.70; 437, 20.9.70; 441, 23.9.70; 449, 28.9.70; F. ASCHINGER, «Probleme einer Kopplung zwischen Sonderziehungsrechten und Entwicklungshilfe », in Bulletin des Schweizerischen Bankvereins, 1970, S. 89 ff.
[3] NZZ, 63, 8.2.70; NZ, 97, 1.3.70; GdL, 65, 19.3.70; NZZ, 584, 15.12.70; GdL, 296, 19./ 20.12.70; NZZ, 592, 20.12.70; MAx IKLE, «Eine europäische Wahrung?», in Bulletin der Schweizerischen Kreditanstalt, 76/1970, Sept., S. 9 ff.
[4] NZZ, 281, 21.6.70; Schweizerische Bankgesellschaft, Schweizerisches Wirtschaftsjahr 1970, Zürich 1970, S. 30 if.
[5] Vgl. SPJ, 1969, S. 67; NZZ, 14, 10.1.70; 45, 28.1.70; 39, 25.1.70; Tw, 27, 3.2.70; Bund, 30, 6.2.70; NZ, 69, 11.2.70.
[6] GdL, 32, 9.2.70; 34, 11.2.70; 35, 12.2.70; 38, 16.2.70; vgl. oben, S. 64; NZ, 132, 21.3.70; TdG, 121, 27.5.70.
[7] NZ, 269, 17.6.70; GdL, 187, 13.8.70; Sten. Bull. NR, 1970, S. 377 ff.
[8] BBl, 1970, II, S. 105 ff.
[9] GdL, 156, 8.7.70; NZ, 306, 8.7.70; Bund, 156, 8.7.70; Tat, 159, 9.7.70; NZZ. 314, 10.7.70; NZN, 159, 11.7.70; AZ, 157, 11.7.70.
[10] NZZ, 357, 4.8.70; Erwiderung in BN, 339; 15./16.8.70; Duplik in BN, 402, 25.9.70; vgl. auch Lb, 179, 5.8.70; 197, 26.8.70; NZZ, 372, 13.8.70; 389, 23.8.70; Tw, 191, 18.8.70.
[11] NZZ, 458, 2.10.70 (Stellungnahme der Bankiervereinigung); in der Schlussabstimmung wurde das revidierte Münzgesetz im NR mit 140: 3 Stimmen, im StR mit 36 : 3 Stimmen angenommen; vgl. Sten. Bull. NR, 1970, S. 606 ff., 740 f.; Sten. Bull. StR, 1970, S. 395 ff., 467; BBl, 1970, II, S. 1623 ff.
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