Année politique Suisse 1971 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications
Strassenbau
Die Weiterführung des
Nationalstrassenbaus stand im Zeichen der Erschliessung neuer Finanzmittel. Im März schlug die Beratende Kommission für den Nationalstrassenbau, die Ende 1969 vom EDI mit der Überprüfung der Finanzierungsgrundlagen und des langfristigen Bauprogramms beauftragt worden war, vor, den Treibstoffzollzuschlag von 15 auf 20 Rp. pro I zu erhöhen und den jährlichen A-fonds-perdu-Beitrag des Bundes auf 7,5 Mio Fr. pro Rp. Treibstoffzollzuschlag festzusetzen, dafür aber den Abzug einer Bezugsprovision auf dem Zollzuschlag fallen 'zu lassen und den Kantonen auch Beiträge an Unterhalt und Betrieb der Nationalstrassen auszurichten. Als unumgängliche Ergänzungen des Netzes bezeichnete sie ausser der vom Bundesrat bereits beantragten Westumfahrung Zürichs den vierspurigen Ausbau des Gotthardtunnels und der Walenseestrasse, den Neubau der Axenstrasse und eine östliche Umfahrung Schaffhausens. Sie hielt gewisse Erstreckungen des Bauprogramms für erforderlich und setzte den jährlichen Finanzbedarf auf 800 Mio Fr. — für 1971-1973 auf 1150 Mio Fr. — an. Unter Berücksichtigung einer Teuerung von 4,5 % pro Jahr rechnete sie mit Totalkosten von 27 Mia Fr. Schliesslich befürwortete sie auch eine verstärkte Mitwirkung des Bundes an der Planung und Finanzierung wichtiger Hauptstrassen
[17].
Ein Vernehmlassungsv.erfahren ergab weitgehende Zustimmung zu den Finanzierungsvorschlägen; zur Revision des Bauprogramms gingen die Wünsche stärker auseinander. Der Bundesrat legte deshalb im Herbst den eidgenössischen Räten einen entsprechenden Beschluss für die Baufinanzierung vor; einen Verfassungsrevisionsantrag für die Ermöglichung von Unterhalts- und Betriebsbeiträgen stellte er in Aussicht
[18]. Auf die Provisionen bei der Erhebung des Treibstoffzollzuschlags verzichtete er in eigener Kompetenz. Nachdem der Nationalrat im Dezember die Vorlage unverändert genehmigt hatte, setzte der Bundesrat den Zollzuschlag zur Vermeidung von Spekulationsimporten vorsorglich in Kraft, wie er es bereits bei der Finanzierungsreform von 1965 getan hatte
[19].
Die
Aufnahme der westlichen und nördlichen Umfahrung Zürichs ins Nationalstrassennetz fand in beiden Räten Zustimmung, ebenso der Vorschlag des Bundesrates, den Minimalbeitrag des Bundes an Stadtautobahnen auf 50 % zu reduzieren und den Maximalansatz für Nationalstrassenbeiträge auf 97 % zu erhöhen
[20]. Gegen die geplante Einführung dreier Nationalstrassenstränge ins Zürcher Stadtzentrum (Y) erhob sich dagegen aus der Limmatstadt selber entschiedene Opposition, die sich im Zusammenhang mit parlamentarischen Vorstössen und einer Petition auch im Bundesparlament vernehmen liess. Die Exekutivbehörden von Stadt und Kanton vereinbarten zwar eine Überarbeitung des Projekts zur Verminderung der Lärm- und Abgasimmissionen (Y plus), an der Linienführung hielten sie jedoch aufgrund von Erhebungsbefunden, dass gegen 90 % des nach Zürich strömenden Verkehrs die Stadt selbst zum Ziel haben, fest. Es kam wohl ein kantonales Volksbegehren zustande, das eine Standesinitiative für Ersetzung des Y durch den vollen Autobahnring verlangte, aber da die Opposition weder im Kantons- noch im Stadtparlament durchdrang, sah sich der Bundesrat nicht zum Nachgeben veranlasst
[21]. Der Prioritätenstreit zwischen den Kantonen Waadt und Freiburg über die Frage, ob die erste Verbindung nach der Westschweiz durch die N 1 (Bern—Murten—Yverdon—Lausanne) oder die N 12 (Bern—Freiburg—Vevey) führen solle, nahm eine Wendung
zugunsten der N 12; da diese mehrere Jahre früher fertiggestellt werden kann als die N 1, liess sich die Beratende Kommission für eine Beschleunigung der östlichen Route gewinnen, nachdem sämtliche westschweizerischen Kantone sich in einer Eingabe dafür ausgesprochen hatten
[22]. Das Netz der im Betrieb stehenden Nationalstrassen wurde von 650 auf 745 km erweitert; am Jahresende waren weitere 323 km im Bau (Ende 1970 334 km). Durch die Heranführung der N 1 bis an den Westrand von Zürich konnte die Autobahnverbindung zwischen der Limmatmetropole und Bern bzw. Basel hergestellt werden
[23]. Im Bundesbudget 1972 wurden für den Nationalstrassenbau 945 Mio Fr. (1971: 950 Mio Fr.) eingesetzt, darüber hinaus aber weitere 85 Mio Fr. für den Fall vorgesehen, dass die beantragte Treibstoffzollerhöhung genehmigt werde
[24]. Der Vorschuss des Bundes stieg im Laufe des Jahres von 2443 auf 2664 Mio Fr.
[25].
[17] BBI, 1971, II, S. 872 ff. Vgl. SPJ, 1970, S. 107.
[18] BBI, 1971, II, S. 853 ff. Der Touring-Club und der Schweiz. Strassenverkehrsverband verlangten pro Rp. Zollzuschlag einen A-fonds-perdu-Beitrag von 10 Mio Fr.; nach dem Antrag des BR erhöhte sich der jährliche Reinaufwand des Bundes von 80 auf 150 Mio Fr.
[19] BBI, 1971, II, S. 1969 ff.; vgl. SPJ. 1965, in SJPW, 6/1966, S. 180. Verhandlungen des NR: Sten. Bull. NR, 1971, S. 1545 ff.
[20] Sten. Bull. NR, 1971, S. 350 ff.; Sten. Bull. StR, 1971, S. 284 f. Vgl. SPJ, 1970, S. 106.
[21] Interpellation Schütz (sp, ZH) und Kleine Anfrage Akeret (bgb, ZH) (Sten. Bull. NR, 1971, S. 1692 ff.), Petition Eisenring (cvp, ZH) (Verhandl. B.vers., 1971, V, S. 28), Petition mit 45 000 Unterschriften, in bezug auf Linienführung von beiden Räten abgelehnt (Sten. Bull. StR, 1971, S. 878 ff.; Sten. Bull. NR, 1971, S. 1690 ff.); vgl. auch Postulat Bieri (fdp, ZH) (Sten. Bull. NR, 1971, S. 525 ff.). Ablehnung durch Stadtparteien: EVP (NZZ, upi, 383, 19.8.71), SP (AZ, 194, 21.8.71). Vgl. ferner AZ, 155, 7.7.71; TA-Magazin, 28, 17.7.71; NZZ, 415, 7.9.71 (Kantonsrat); 559, 30.11.71 (Volksbegehren mit 11 937 Unterschriften); 575, 9.12.71 (Gemeinderat).
[22] Bund, 186, 12.8.71; NZZ (sda), 390, 23.8.71; TLM, 328, 24.11.71. Vgl. SPJ, 1970, S. 107 f.
[23] Gesch.ber., 1971, S. 49 ff.; NZZ, 483, 17.10.71.
[24] Voranschl. Eidg., 1972, S. 20* f.; BBI, 1971, II, S. 2006.
[25] Gesch.ber., 1971, S. 53.
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