Année politique Suisse 1971 : Politique sociale / Population et travail
Arbeitskonflikte
Zu gewissen Spannungen führte auch das Verhalten gewerkschaftlich nicht organisierter Fremdarbeiter bei den zahlenmässig zunehmenden Arbeitskonflikten, wo sie den Hauptharst stellten. Einerseits führte man die Zunahme der Streiks auf wirkliche Mängel im Arbeitsverhältnis zurück, die sich durch Konzentrationsbewegungen in der Wirtschaft und daraus folgende Betriebsschliessungen verschärften
[1]. Anderseits erblickte man die Ursache in der mangelnden Eingliederungsbereitschaft der ausländischen Arbeitskräfte oder in ihrer mangelnden Vertrautheit mit den demokratischen Spielregeln der Schweiz und bewertete einen Teil der Streikbewegungen als importiert
[2]. Zahlreich waren die Stimmen, die den Arbeitsfrieden als bedroht erklärten
[3]. Die Politik der Friedensabkommen stand in der Tat im Mittelpunkt linksextremer Gegenpropaganda
[4], was auch am 1. Mai an verschiedenen Orten sichtbar wurde
[5]. Die Linksextremisten schürten . die Arbeitskonflikte und warfen den Gewerkschaften Unvermögen vor. Diese forderten ihrerseits zum Teil ein Streikrecht für das Personal der öffentlichen Dienste
[6].
In der Sorge um die Erhaltung des Arbeitsfriedens überwies der Nationalrat ein Postulat Schalcher (evp, ZH), das den Bundesrat einlud, entsprechende Massnahmen zu prüfen und gegebenfalls seine guten Dienste zu leihen
[7]. — Eigentliche Streikfälle von mindestens einem Tag Dauer gab es 11 in 13 Betrieben (Vorjahr 3); sie umfassten 2267 (320) Arbeiter und verursachten den Verlust von 7491 (2623) Arbeitstagen
[8]. Wie bereits in vorhergehenden Jahren war das Tessin ein Streikzentrum
[9]. Das andere befand sich in Genf, wo eine Arbeitsniederlegung der Metall- und Maschinenarbeiter allein 4025 Arbeitstage kostete, was mehr als die Hälfte des Totals ausmachte; es war der grösste schweizerische Streik seit 1963
[10]. Auch in der Waadt kam es zu kleineren Ausständen
[11]. Ausser den elf Streiks ereigneten sich noch 13 kleinere Arbeitskonflikte, bei denen jedoch die Arbeit nur wenige Stunden ruhte
[12]. Von diesen erregte der Warnstreik beim Welschschweizerischen Fernsehen am meisten Aufsehen
[13].
[1] Vgl. AZ, 117, 22.5.71.
[2] Ww, 10, 12.3.71; GdL, 59, 12.3.71; Lb, 65, 19.3.71.
[3] Schweizerische Handelszeitung, 9, 4.3.71; 46, 18.11.71; NZZ, 107, 5.3.71; 349, 30.7.71; Lb, 60, 13.3.71; SJ. 11, 13./14.3.71; NZ, 130, 21.3.71; TdG, 68, 23.3.71; NBüZ, 85, 25.3.71.
[4] Vgl. z. B. Zeitdienst, 10, 12.3.71; 39, 8.10.71; 40, 15.10.71; Focus, 18, März 71; 19, Mai 71; La Brèche, 20/21, 29.4.71.
[5] Besonders in den Städten Zürich u. Basel: NZZ, 201, 3.5.71; NZ, 196, 3.5.71; Tat, 102, 3.5.71; NZN, 101, 3.5.71; Ww, 18, 7.5.71; SJ, 19, 8./9.5.71; Focus, 20, Juni 71.
[7] Verhandl. B.vers., 1971, IV, S. 34; NZZ, 420, 9.9.71; Bund, 211, 10.9.71.
[8] Vgl. Die Volkswirtschaft, 45/1972, S. 13.
[9] Bodio: CdT, 136, 17.6.71; 137, 18.6.71; NZZ, 276, 17.6.71; 278, 18.6.71; GdP, 137, 18.6.71; AZ, 139, 18.6.71. Chiasso: GdP, 189, 19.8.71. Kurzstreiks in Biasca: NZZ (sda), 326, 16.7.71.
[10] VO, 48-59, 27.2.-12.3.71; 71, 26.3.71; TdG, 51-57, 3.-10.3.71; JdG, 52-59, 4.-12.3.71; NZZ, 105, 4.3.71; 119, 12.3.71; 136, 23.3.71; AZ, 53, 5.3.71; Bund, 54, 7.3.71; 61, 15.3.71. Ferner: TdG, 98-105, 29.4.-7.5.71 (Bauarbeiterstreik).
[11] Yverdon, Orbe u. Sainte-Croix: GdL, 69, 24.3.71 u. ff.; VO, 69, 24.3.71 u. ff.; Zeitdienst, 13, 2.4.71. Prilly: TLM, 299, 26.10.71 u. ff.; NZZ, 528, 12.11.71.
[12] In den Städten Zürich, Basel, Chur und Genf.
[13] GdL, 233, 7.10.71; 235, 9./10.10.71 ; 240, 15.10.71; Ww, 41, 15.10.71; Bund, 244, 29.10.71; NZ, 497, 28.10.71. Vgl. auch unten, S. 152, Anm. 134.
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