Année politique Suisse 1971 : Enseignement, culture et médias
Culture, langues, églises
La Confédération consent de nouveaux efforts dans le domaine de la politique culturelle — Projet d'une révision du droit d'auteur — Controverses autour d'une démocratisation du théâtre — De nouveaux cantons suppriment la censure cinématographique — Efforts en vue d'une aide soutenue aux minorités linguistiques — Fondation d'une Communauté de travail des Eglises chrétiennes de Suisse.
Kulturpolitik
Angesichts der zunehmenden Freizeit der Bevölkerung kommt staatlicher Kulturpolitik immer grössere Wichtigkeit zu. Der Bund verstärkte seine Bemühungen auf diesem Gebiet. Erste Unterlagen sollten zwei Umfragen der Expertenkommission für Fragen der Kulturpolitik
[1] liefern. Die eine richtete sich an Kantone und Gemeinden und sollte Aufschluss geben über öffentliche Aufwendungen für kulturelle Zwecke. Mit der andern, die sich an Kulturschaffende wandte, hoffte man, Anregungen für eine wirkungsvolle Kulturpolitik zu erhalten
[2]. Die Stiftung Pro Helvetia bat den Bundesrat, sie von ihren Aufgaben in der Erwachsenenbildung zu entlasten, damit sie die freiwerdenden Mittel für die eigentliche Kulturförderung im Inland einsetzen könne
[3]. Erstmals führte die Stiftung eine Ausstellung in Afrika (Dakar) durch
[4]. Weitere Kantone gaben sich Kulturgesetze
[5], und diejenigen, dip dies bereits getan hatten, pflegten an einer Tagung in Lenzburg einen Erfahrungsaustausch
[6].
Die Entwicklung neuer Techniken zur Verbreitung kultureller Werke machte eine
Revision des Bundesgesetzes über das Urheberrecht von 1922 notwendig. Das EJPD legte den Entwurf einer Expertenkommission zur Vernehmlassung vor. Insbesondere sollte der Katalog der unter Urheberrecht fallenden Gegenstände auf Werke der Wissenschaft, der Photographie und des Films erweitert und das moralische Recht des Autors auf seine Schöpfung uneingeschränkt anerkannt werden
[7]. Die Schweiz unterzeichnete die revidierten Texte der Berner Übereinkunft zum Schutze der Werke von Literatur und Kunst und des Welturheberrechtsabkommens. Diese Revisionen sollten eine Anpassung an die Bedürfnisse der Entwicklungsländer auf dem Gebiet des Unterrichts und der Forschung im Sinne von Vergünstigungen bei Übersetzung und Wiedergabe bringen
[8].
Der
Schweizerische Schriftstellerverein (SSV) suchte die Krise, die durch den Austritt von 22 Schriftstellern sichtbar geworden war
[9], durch eine Neuorientierung zu überwinden; vermehrt sollten gewerkschaftliche Aufgaben übernommen werden
[10]. Die dissidenten Schriftsteller, die sich in der « Oltener Gruppe » zusammengeschlossen hatten, beauftragten daraufhin ihren Vorstand, die Bedingungen für eine Zusammenarbeit mit dem SSV zu formulieren
[11].
Auseinandersetzungen um eine
Demokratisierung des Theaters ergaben sich in verschiedener Form in Zürich und in Genf. In Zürich ergriff die Gewerkschaft Kultur gegen eine Vorlage über die Reorganisation des Schauspielhauses (Übernahme der Aktienmehrheit der Neuen Schauspiel AG durch die Stadt, höhere Subventionen und Defizitdeckung, zwei Personalvertreter im Verwaltungsrat) das Referendum; sie forderte eine Kommunalisierung der Institution und eine drittelsparitätische Mitbestimmung der Aktionäre, des Personals und der Theaterbesucher
[12]. Die Stimmbürger nahmen die Vorlage nach einem harten Abstimmungskampf an
[13]. In Genf führte die Weigerung der Behörden, avantgardistischen Theatergruppen ein geeignetes Lokal zur Verfügung zu stellen, zu Konflikten. Die Besetzung einer dem Abbruch geweihten leerstehenden Kirche durch die « Tréteaux libres» veranlasste die Verhaftung der Schauspieler wegen Hausfriedensbruchs; ihre Sympathisanten machten anschliessend ihrem Unmut durch Demonstrationen gegen den offiziellen Theaterbetrieb Luft
[14].
In der nach wie vor umstrittenen Frage der Zulässigkeit von
Filmen, die dem hergebrachten sittlichen Empfinden nicht mehr entsprechen, brachte ein neuer Bundesgerichtsentscheid eine Präzisierung: die Freigabe eines Sexfilms durch das Berner Obergericht wurde auf eine Kassationsbeschwerde hin rückgängig gemacht und damit die Toleranzgrenze näher definiert
[15]. In weiteren Kantonen (Basel-Stadt, Luzern und Solothurn) wurde die Filmzensur aufgehoben
[16].
Sprache
Der vom Bundesrat zur besseren Berücksichtigung der italienischen Sprache beantragten Änderung des Geschäftsverkehrsgesetzes stimmten die Räte diskussionslos zu
[17]. Von der ständerätlichen Kommission wurde der Bundesrat zusätzlich eingeladen zu prüfen, wie sich eine bessere Übereinstimmung und eine befriedigende sprachliche Fassung der Gesetzeserlasse in den drei Amtssprachen herbeiführen lasse
[18]. Der Bündner Grosse Rat lehnte eine Petition, welche die Erhaltung der romanischen Sprache durch eine gesetzliche Fixierung der Sprachgrenze sichern wollte, ab
[19]. Der Petent, der die Arbeit der Ligia Romantscha als ungenügend bewertete, hatte die Einführung des in andern Kantonen herrschenden Territorialprinzips gefordert, damit romanische Gemeinden nicht mehr autonom die Einführung der deutschsprachigen Schule beschliessen könnten
[20]. Die jurassischen Separatisten suchten dagegen sprachpolitischen Rückhalt in einer Verstärkung der Beziehungen zu französischsprachigen Minderheiten anderer Staaten
[21].
Kirchen
Innerhalb der Kirchen bedeutete die Gründung der « Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen der Schweiz » einen neuen Schritt auf dem Weg zur
ökumenischen Zusammenarbeit
[22]. Die römisch-katholische Kirche bereitete die Synode 72 vor, deren weitgespanntes Ziel ein umfassender Neuorientierungsversuch im Umbruch der nachkonziliären Epoche und der allgemeinen geistigen Krisenlage der Gegenwart sein soll
[23].
[1] Vgl. SPJ, 1970, S. 158.
[2] NZZ (sda), 586, 16.12.71. Vgl. auch Postulat S. Kohler (fdp, BE) für Unterstützung der Kunstforschung: Sten. Bull. NR, 1971, S. 450 f.
[3] NZZ (sda), 543, 21.11.71. Vgl. dazu Motion Müller (cvp, LU), in Verh. B.rers., 1971, V, S. 34.
[4] Gesch.ber., 1971, S. 46 f.
[5] GL und NW; vgl. unten, S. 174. Die Landsgemeinde von AI genehmigte die Errichtung einer Stiftung «Pro Innerrhoden» für Kulturförderung, Natur- und Heimatschutz und Erwachsenenbildung: Bund, 95, 26.4.71. Die erste Schweiz. Akademie für Erwachsenenbildner nahm in Luzern ihre Ausbildungstätigkeit auf: NZZ (sda), 50, 1.2.71.
[7] GdL, 161, 14.7.71; NZZ, 322, 14.7.71.
[8] NZZ (sda), 356, 3.8.71.
[9] Vgl. SPJ, 1970, S. 158.
[10] NZZ, 146, 29.3.71; 199, 1.5.71; 538, 18.11.71; JdG, 73, 29.3.71; AZ, 271, 19.11.71.
[11] JdG, 104, 6.5.71; NZ, 345, 31.7.71; 599, 29.12:71.
[12] NZN, 27, 3.2.71; AZ, 46, 25.2.71; NZZ, 93, 25.2.71.
[13] Zu den Gegnern der Vorlage vgl. AZ, 113, 17.5.71; 122, 28.5.71; NZZ, 229, 19.5.71. Abstimmungsresultat: 67 634 Ja : 50 770 Nein. Kommentare: AZ, 129, 7.6.71; NZN, 129, 7.6.71; NZZ, 258, 7.6.71.
[14] Vgl. oben, S. 16 f. TdG, 99, 30.4.71; 112, 15./16.5.71; JdG, 100, 1./2.5.71; 103, 5.5.71; 112, 15./16.5.71; 116, 21.5.71; VO, 110, 15.5.71; SJ, 22, 29./30.5.71.
[15] Bund, 179, 4.8.71; Lib., 256, 5.8.71; NZZ, 369, 11.8.71; NZ, 382, 22.8.71.
[16] Vgl. unten, S. 174 f.
[17] Vgl. SPJ, 1970, S. 159. Sten. Bull. NR, 1971, S. 300; Sten. Bull. StR, 1971, S. 76 ff., 168.
[18] Sten. Bull. StR, 1971, S. 78. Vgl. auch Postulat Jaccottet (lib., VD): Sten. Bull. NR, 1971, S. 376 ff.
[20] NBüZ, 344/345, 15./16.11.71. Zur Arbeit der Ligia vgl. NZZ, 313, 9.7.71.
[22] Der Arbeitsgemeinschaft gehören die evangelisch-reformierte, die römisch-katholische, die christkatholische und die evangelisch-methodistische Kirche, die Heilsarmee und der Bund baptistischer Gemeinden an: BN, 254, 22.6.71.
[23] NZZ (sda), 541, 19.11.71; 573, 8.12.71.
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