Année politique Suisse 1972 : Chronique générale / Finances publiques
Finanzausgleich
Im Mittelpunkt der finanzpolitischen Diskussion stand 1972 zweifellos der bundesstaatliche Finanzausgleich. Zahlreiche parlamentarische Vorstösse waren diesem Problem gewidmet. Durch die Überweisung einer Motion Letsch (fdp, AG) wurde dem Bundesrat der Auftrag erteilt, die Neuordnung des Finanzausgleichs so voranzutreiben, dass sie anfangs 1974 mit verfeinerten Kriterien zur Messung der Finanzstärke der Kantone in Kraft gesetzt werden könne. Eine gleichlautende Motion Theus (svp, GR) wurde im Ständerat überwiesen. Der Vorsteher des EFZD erklärte sich inhaltlich mit den Interventionen einverstanden, äusserte jedoch bezüglich der Einhaltung der geforderten Frist seine Bedenken
[24]. Mit der Änderung des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer, welche durch die neue Finanzordnung des Bundes nötig wurde, konnte bereits 1972 eine ins Gewicht fallende Verbesserung des Finanzausgleichs erzielt werden. Die Erhöhung der Kantonsanteile am Reinertrag von 6 auf 12 % gab Gelegenheit, den Verteilungsschlüssel zu ändern. Der Bundesrat schlug im Einvernehmen mit der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren vor, die Erhöhung voll den finanziell mittelstarken und finanzschwachen Ständen zukommen zu lassen. Für die Aufschlüsselung wurde eine gleitende Skala aufgrund von Bevölkerungszahl und Finanzkraft empfohlen. Beide Räte sprachen sich klar für die Vorlage des Bundesrates aus. Im Nationalrat vermochte sich ein Antrag der Kommissionsminderheit, wonach nur jene Kantone zu berücksichtigen seien, welche alle Steuerquellen im landesüblichen Ausmass ausschöpften, nicht durchzusetzen
[25]. Die Problematik des föderativen Finanzausgleichs und der eng damit verbundenen Steuerharmonisierung wurde aber nicht nur im Parlament, sondern auch in einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert. So veranstaltete die Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit im Rahmen ihrer Föderalismusdiskussion eine Reihe von Hearings, deren erste Serie der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung in der Finanzpolitik gewidmet war. Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Verwaltung äusserten eine Fülle von Vorschlägen und Ideen, die erst in einer umfassenden Studie veröffentlicht werden sollen
[26].
[24] Amtl. Bull. NR, 1972, S. 720 ff., S. 729 ff. ; Amtl. Bull. StR, 1972, S. 487 ff. Vgl. auch Dumeni Columberg, Das Problem des Verteilungsschlüssels im schweizerischen bundesstaatlichen Finanzausgleich. Diss. St. Gallen 1972.
[25] Amtl. Bull. NR, 1972, S. 1518 ff., S. 1856 ; Amtl. Bull. StR, 1972, S. 484 ff., S. 722 ; BBI, 1972, II, Nr. 42, S. 1056 ff. Vgl. SPJ, 1971, S. 85.
[26] TA, 216, 16.9.72 ; NZZ, 435, 18.9.72 ; NZ, 360, 20.9.72. Vgl. auch oben, S. 12.
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