Année politique Suisse 1972 : Infrastructure, aménagement, environnement / Sol et logement / Wohnungsbau und Mietwesen
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Wohnbauförderung
Die Förderung des Wohnungsbaus wurde aber auch verstärkt vom Bund an die Hand genommen, ohne indes unnötige staatliche Eingriffe zu provozieren. Am 5. März hatte der Souverän über einen Artikel 34 septies BV zu befinden, zu welchem zwei Fassungen vorlagen. Die eine war 1971 von der Grosshandelsfirma Denner als Volksbegehren (sog. Denner-Initiative) eingereicht worden [45]. Sie sah die Bildung eines Wohnbaufonds vor, aus welchem Hypothekardarlehen mit niedrigen, sozial abgestuften Zinssätzen für die Errichtung von Wohnungen und Altersheimen sowie Beiträge an die Erschliessung von Bauland ausgerichtet werden sollten. Anstoss erregte vorzüglich die Finanzierung des Wohnbaufonds durch die Belastung von Handel und Industrie : jährliche Abgaben vom Kapital grosser Firmen, eine Exportabgabe bis zu 8 % vom Warenwert und eine jährliche Abgabe für jeden erwerbstätigen Ausländer. Der vom Parlament verabschiedete Gegenvorschlag beschränkte sich im wesentlichen darauf, dem Bund eine allgemeine Kompetenz zur Förderung des Wohnungsbaus sowie des Erwerbs von Wohnung- und Hauseigentum zu erteilen, wobei besonderes Gewicht auf die Baulanderschliessung, die Baurationalisierung und die Kapitalbeschaffung gelegt wurde [46]. Alle Landesparteien traten für diesen Vorschlag ein und lehnten die Denner-Initiative ab [47]. Diese wurde von einem Aktionskomitee propagiert, dem überraschenderweise der sozialdemokratische Nationalrat Hubacher (BS) beitrat [48], fand aber sonst nur noch bei der Nationalen Aktion und vereinzelten Kantonalparteien Unterstützung [49]. So wurde denn bei einer Stimmbeteiligung von 35,7 % die Initiative mit 835 315 Nein gegen 360 262 Ja verworfen und der Gegenentwurf mit 727 629 Ja gegen 432 872 Nein gutgeheissen [50].
Schon einen Tag nach der Entscheidung beauftragte der Bundesrat das EVD mit der Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens für ein Ausführungsgesetz [51]. Der Öffentlichkeit waren dessen Grundzüge bereits kurz vor der Abstimmung bekanntgegeben worden ; dadurch sollte den detaillierten Bestimmungen der Initiative eine konkretere Alternative entgegengesetzt werden [52]. Nach dem Mitte März publizierten Vorentwurf des EVD [53] werden die Gemeinden verpflichtet, die im Rahmen der Raumplanung ausgeschiedenen Bauzonen zu erschliessen und die Grundeigentümer dafür zu Beiträgen heranzuziehen. Dem gemeinnützigen Wohnungsbau wird gestattet, Fremdkapital bis zu 90 % der Anlagekosten aufzunehmen. Für die Leistungen des Bundes, die in Form von Bürgschaften oder Darlehen gewährt werden, fällt die bisherige Voraussetzung einer kantonalen Mitwirkung dahin, und die Zahl der iu verbilligenden Wohnungen unterliegt keiner Beschränkung mehr. Zur Durchführung dieses Gesetzes errichtet der Bund ein « Amt für Wohnungswesen », dem als beratendes Organ die schon bestehende Eidg. Wohnbaukommission zugeordnet wird.
 
[45] NZZ, 67, 9.2.72 ; 77, 15.2.72 ; 97, 27.2.72 ; 100, 29.2.72 ; NZ, 66, 9.2.72 ; AZ, 33, 9.2.72 ; TA, 48, 26.2.72 ; Bund, 36, 13.2.72 ; 49, 28.2.72. Vgl. SPJ, 1970, S. 120 ; 1971, S. 116.
[46] Bund, 29, 4.2.72 ; NZZ, 69, 10.2.72 ; 106, 3.3.72 ; Schweizerische Gewerbe-Zeitung, 6, 11.2.72 ; vgl. SPJ, 1971, S. 116.
[47] FDP u. LdU : NZZ, 74, 14.2.72 ; Tat, 38, 14.2.72. SP u. SVP : TA, 25, 31.1.72. CVP : Lib., 90, 17.1.72. Liberal-demokratische Union : JdG, 44, 22.2.72. EVP : NZZ (sda), 43, 26.1.72. PdA : VO, 25, 2.2.72. Republikanische Bewegung : Der Republikaner, 3, 18.2.72. SGB : gk, 5, 3.2.72. VSA : NZZ (sda), 58, 4.2.72. Schweiz. Handelskammer : Vat., 43, 21.2.72. Schweiz. Mieterverband : Mieter-Zeitung, Nr. 2, Febr. 1972. Vgl. auch unten, S. 106, Anm. 149.
[48] NZZ, 103, 1.3.72 ; TLM, 62, 2.3.72 ; Bund, 52, 2.3.72 ; NZ, 102, 2.3.72.
[49] NA : Volk + Heimat, Nr. 2, Febr. 1972. SP Kt. UR : NZZ (sda), 97, 27.2.72. Christlich-soziale Partei Kt. LU : NZZ (sda), 100, 29.2.72. LdU Kt. VD : GdL, 53, 3.3.72.
[50] Alle Stände verwarfen die Initiative und nahmen den Gegenvorschlag an mit Ausnahme von SZ, wo die Befürworter des letztern das absolute Mehr nicht erreichten : BBI, 1972, II, Nr. 23, S. 1309 ff. ; NZZ, 110 u. 111, 6.3.72; NZ, 107 u. 108, 6.3.72 ; AZ, 55, 6.3.72 ; Vat., 55, 6.3.72 ; GdL, 55, 6.3.72 ; SJ, 11, 11./12.3.72 ; u. a.
[51] NZZ, 112, 7.3.72 ; 127, 15.3.72 ; Schweizerische Gewerbe-Zeitung, 10, 10.3.72.
[52] NZZ, 90, 23.2.72 ; Bund, 45, 23.2.72 ; GdL, 45, 23.2.72 ; AZ, 45, 23.2.72.
[53] NZZ, 132, 18.3.72 ; 243, 28.5.72 ; NZ, 129, 18.3.72 ; Bund, 66, 19.3.72 ; JdG, 66, 19.3.72 Mieter-Zeitung, Nr. 3, März 1972 ; Schweizerische Gewerbe-Zeitung, 29, 21.7.72.