Année politique Suisse 1972 : Enseignement, culture et médias / Enseignement et recherche
 
Berufsbildung
Die Bemühungen, das Berufsschulwesen zu einer echten Alternative zum Mittelschulwesen auszubauen, wurden fortgesetzt. Auf der einen Seite wurde die Regelung der Berufsbildung in die neuen Bildungsartikel aufgenommen [29]; anderseits legte die 1969 eingesetzte Expertenkommission Grübel ihren Schlussbericht vor [30]. Der Bericht sprach sich grundsätzlich für die Beibehaltung der Meisterlehre aus ; er betonte zwar die Notwendigkeit einer Differenzierung der Grundausbildung durch die Einrichtung weiterer Berufsmittelschulen [31], enthielt jedoch hauptsächlich Vorschläge zur Verbesserung der Normallehre. Insbesondere wurde die Einrichtung von Kursen für die systematische Einführung der Lehrlinge in grundlegende Arbeitstechniken, die Ausarbeitung von Werkstattlehrgängen durch die Berufsverbände und die sukzessive Einführung eines dritten Schulhalbtages vorgeschlagen. Zur besseren Ausbildung der Lehrmeister wurden obligatorische Kurse vorgesehen. Eine Verbesserung der Gewerbelehrerausbildung sollte mit der Errichtung eines Schweizerischen Instituts für Berufspädagogik, das bereits im Herbst seine Tätigkeit aufnahm, gewährleistet werden [32]. Ein Teil der Öffentlichkeit kritisierte, dass die Expertenkommission Grübel das Berufsbildungswesen nicht von Grund auf neu überdacht habe. Es wurden weitere Ausbildungsmodelle zur Diskussion gestellt, die eine von weiten Kreisen geforderte Ausbildung in Lehrwerkstätten vorsehen [33].
In parlamentarischen Vorstössen wurden weitere Anregungen zur Verbesserung des Berufsbildungswesens gemacht. Insbesondere wurde ein Titelschutz für Absolventen von Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschulen (HWV) und die Gleichstellung dieses neuen Schultypus mit den Höheren Technischen Lehranstalten (HTL) [34], ferner die gesetzliche Regelung der Technikerausbildung zwischen Lehrabschlussprüfung und HTL gefordert [35].
 
[29] Vgl. oben, S. 128.
[30] Schlussbericht über die Arbeiten der Eidgenössischen Experrenkommission für die Verbesserung der Berufslehre, 1972 (vervielf.). Vgl. SPJ. 1969, S. 140 f. ; 1970, S. 151.
[31] Vgl. SPJ, 1970, S. 151. Weitere Berufsmittelschulen wurden im Kt. SO eröffnet : NZZ (sda), 59, 4.2.72 ; Vat., 134, 12.6.72.
[32] NZZ, 271, 13.6.72 ; TA, 241, 16.10.72 ; Schweizerische Gewerbe-Zeitung, 44, 3.11.72. Vgl. auch Interpellation Fischer (fdp, BE) in Schweizerische Gewerbe-Zeitung, 49, 8.12.72 ; SPJ, 1970, S. 151 ; 1971, S. 143.
[33] Ww, 20, 17.5.72 ; 21, 24.5.72 ; 22, 31.5.72 ; 23, 7.6.72 ; TA, 141, 20.6.72 ; 198, 26.8.72 ; Tat, 129, 3.6.72 ; Schweizerische Handelszeitung, 5, 3.2.72 ; vgl. auch Postulate Künzi (fdp, ZH) und Wüthrich (sp, BE) in Verhandl. B. vers., 1972, V, S. 33, 49.
[34] Postulat Müller (cvp, LU): Amtl. Bull. NR, 1972, S. 825. Eine weitere HWV wurde in Olten eröffnet : Bund, 126, 1.6.72 ; NZZ (sda), 487, 18.10.72.
[35] Postulat Rüegg (fdp, ZH) : Amtl. Bull. NR, 1972, S. 826 f.