Année politique Suisse 1973 : Economie / Crédit et monnaie / Geld- und Währungspolitik
print
Geld- und Kapitalmarkt
Die turbulenten Ereignisse im Währungssektor berührten den schweizerischen Geld- und Kapitalmarkt nur am Rande. Der im Januar vollzogene Übergang zu frei schwankenden Wechselkursen bewirkte eine weitgehende Loslösung von der internationalen Geldwirtschaft. Der inländische Geldumlauf blieb dadurch gegen aussenwirtschaftliche Einflüsse abgeschirmt und bewahrte eine mehr oder weniger ausgeglichene Verfassung [24]. Die Einstellung der Devisenkäufe durch die Nationalbank setzte einer weiteren Aufblähung des Mittelangebots ein Ende. Gegen die Jahresmitte begann sich sodann eine zunehmende Anspannung und Verknappung der Liquiditätslage abzuzeichnen. Sie fand ihren Niederschlag in einer Reihe von Misserfolgen bei inländischen Anleihensemissionen, die mangels attraktiver Zinssätze nicht voll gezeichnet wurden [25]. Die Verknappungserscheinungen im Bereiche des Geldmarktes nahmen gegen Jahresende stark zu, was einen allgemeinen Zinsauftrieb zur Folge hatte [26]. Die monetäre Situation unseres Landes stand 1973 jedoch vor allem im Banne der im Vorjahr zur Dämpfung der Überkonjunktur erlassenen kreditbeschränkenden Massnahmen. Die im Kreditbeschluss vorgesehenen Instrumente, Begrenzung des Kreditzuwachses, Emissionskontrolle und Erhebung von Mindestguthaben, wurden unverzüglich und konsequent zur Rückführung der monetären Nachfrage auf die realen wirtschaftlichen Kapazitäten eingesetzt [27]. Hinsichtlich der Mindestguthaben, welche die Banken dem Noteninstitut zur Verfügung zu stellen haben, gelangten einheitliche Rechtsgrundlagen zur Anwendung. Bei den Inlandgeldern wurden Mindestguthaben weiterhin nur auf dem Zuwachs der Bankenverbindlichkeiten erhoben, während die Nationalbank bei den Auslandgeldern sowohl den Bestand als auch den Zuwachs belastete. Bis zum Jahresende konnten dadurch insgesamt 3,2 Mia Fr. abgeschöpft werden [28], Im Rahmen der Emissionskontrolle erklärte der Bundesrat alle öffentlich aufgelegten inländischen Anleihens- und Aktienemissionen für bewilligungspflichtig. Gleichzeitig bestimmte die Landesregierung eine Kommission, welche über die Bewilligung öffentlicher Neuemissionen zu befinden hat. Die dabei zulässige Beanspruchung des Kapitalmarktes wurde von der Nationalbank auf einen Gesamtplafonds von 3,4 Mia Fr. beschränkt [29]. Die Kreditzuwachsbegrenzung vermochte das inländische Kreditvolumen 1973 wirksam zu bremsen. Die zulässige Zuwachsrate für Bankenkredite wurde für die erste Jahreshälfte auf 6 % festgesetzt und in der Folge auch für die kommenden zwölf Monate so belassen [30].
Mit der rigorosen Limitierung des Kreditzuwachses trat eine leichte Beruhigung der Binnenkonjunktur ein. Anderseits ergaben sich vor allem in bezug auf den sozialen und preisgünstigen Wohnungsbau sowie die Regionalstrukturpolitik gewisse Finanzierungsengpässe, die den Bundesrat schliesslich bewogen, entsprechende zweckbestimmte Sonderquoten freizugeben [31]. Die eingeengte Kreditschöpfung stiess aber auch auf eine zum Teil ganz massive Kritik. Neben einzelnen Kantonen und den Geschäftsbanken beklagten sich hauptsächlich gewerbliche Kreise über die als sehr beengend empfundenen Massnahmen [32]. In einer als Postulat überwiesenen Motion verlangte zudem der der Bauwirtschaft nahestehende Luzerner K. Meier (fdp) eine. flexiblere Handhabung des Kreditbeschlusses [33]. Ebenfalls als Postulat überwiesen wurde eine Motion des St. Gallers Oehler (cvp), der den Bundesrat zur Vorbereitung von Massnahmen gegenüber allfälligen aus der Kreditverknappung resultierenden Hypothekarzinsfusserhöhungen aufforderte [34]. Bundesrat Celio blieb jedoch gegenüber allen kritischen Einwendungen hart und erklärte, dass der Moment zur Aufweichung der Massnahmen noch nicht gekommen sei ; er lasse sich auch nicht durch die Banken unter Druck setzen [35]. Im Dezember hatten die Stimmbürger zusammen mit den übrigen Konjunkturdämpfungsmassnahmen auch über die Weiterführung der Kreditrestriktionen zu befinden [36]. Wie bereits erwähnt empfahlen das Gewerbe und die Bauwirtschaft den Kreditbeschluss zur Ablehnung und bekräftigten damit ihre gegen den Staatsinterventionismus gerichtete Haltung [37]. Ausserdem wandte sich die Partei der Arbeit gegen eine „zum Nachteil des kleinen Mannes“ praktizierte Kreditpolitik [38]. In der Abstimmung sprachen sich jedoch Volk und Stände für die Beibehaltung der Massnahmen aus [39].
 
[24] Schweizerische Kreditanstalt, Bulletin, 79/1973, Dezember, S. 40 f.
[25] BN, 301, 22.12.73.
[26] Schweizerische Bankgesellschaft, Schweizerisches Wirtscha/tslahr 1973, Zürich 1973, S. 15 f. ; TA, 298, 24.12.73.
[27] Vgl. dazu als Überblick den Bericht des Bundesrates an die Bundesversanunlung über zusätzliche Massnahmen zur Dämpfung der Überkonjunktur : BBl, 1973, II, Nr. 46, S. 899 ff.; ferner Schweizerische Nationalbank, Geschäftsbericht, 66/1973, S. 41 ff. ; AS, 1973, Nr. 2, S. 85 ff.
[28] BBl, 1973, II, Nr. 46, S. 910 ff. und 940.
[29] Ebd., S. 916 ff. ; NZZ, 27, 18.1.73 ; Schweizerische Nationalbank, Geschäftsbericht, 66/1973, S. 43.
[30] BBI, 1973, II, Nr. 46, S. 913 ff.
[31] Zur Regionalstrukturpolitik vgl. oben, S. 53 f. ; zum sozialen und preisgünstigen Wohnungsbau und zu den Sonderquoten vgl. unten, S. 102.
[32] NZZ, 16, 11.1.73 ; NZZ (sda), 84, 20.2.73 ; 158, 4.4.73 ; TA, 44, 22.2.73 ; Vat., 46, 24.2.73 ; La Gruyère, 23, 24.2.73 ; Bund, 63, 16.3.73. Vgl. auch oben, S. 57 f.
[33] Amtl. Bull. NR, 1973, S. 285 f., 295 ff. und 322.
[34] Amtl. Bull. NR, 1973, S. 284, 289 ff. und 304.
[35] Amtl. Bull. NR, 1973, S. 304 ff. ; Ldb, 63, 17.3.73.
[36] Vgl. dazu oben, S. 57 f.
[37] Ww, 48, 28.11.73 ; NZZ, 559, 1.12.73.
[38] VO, 251, 30.10.73.
[39] Vgl. dazu BBl, 1974, I, Nr. 6, S. 309 sowie oben, S. 58. .