Année politique Suisse 1973 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications
PTT
Die
Rechnung der PTT-Betriebe für 1972 wies erneut einen Fehlbetrag auf. Dieser betrug 114,5 Mio Fr. ; davon waren 61,7 Mio Fr. eigentlicher Reinverlust des Jahres 1972, und 52,8 Mio Fr. stammten aus dem Verlustsaldovortrag von 1971. Auf Antrag des Bundesrates beschloss das Parlament, den Fehlbetrag wiederum auf neue Rechnung vortragen zu lassen
[80]. Für 1974 wurde ein Unternehmungsverlust von 153 Mio Fr. budgetiert, so dass im Falle einer ausgeglichenen Rechnung des Jahres 1973 das Defizit insgesamt auf 267 Mio Fr. steigen würde
[81]. Gegen solche Verlustsaldovorträge wehrten sich hauptsächlich gewerkschaftliche Kreise, wobei sie geltend machten, dass die PTT auf diese Weise zu Massnahmen gezwungen werde, welche die Infrastruktur der Wirtschaft beeinträchtigen und die Meinungspresse gefährden könnten
[82]. Repräsentanten der PTT betonten, für eine Sanierung komme nur eine in der Konjunkturdämpfungsphase inopportune Tarifhöhung oder aber eine noch verstärkte Rationalisierung in Frage, welche besonders im Postsektor wegen den vielen manuellen Verrichtungen auf Schwierigkeiten stosse. Sie verwiesen auch auf den vor allem in den Grossagglomerationen weiterhin herrschenden Personalmangel
[83]; Die Rationalisierungsbestrebungen konkretisierten sich, ohne dass man dies zuerst wahrhaben wollte
[84], vom Sommer an in einem Leistungsabbau, namentlich in der schrittweisen Aufhebung der Samstagszustellung und der zweiten Vertragung an Wochentagen
[85]. Die Einschränkungen betrafen vorerst die Agglomerationen Zürich, Basel und Bern
[86]. Sie begegneten einer grundsätzlichen Kritik, die den dekretierten Leistungsabbau mit der Regalpflicht und der Monopolstellung der PTT als unvereinbar erklärte ; anderseits opponierten die Zeitungsverleger, da die einmalige Postzustellung die Auslieferung der Zeitungen, die nicht im kostspieligen Nachtbetrieb gedruckt. werden, erheblich verzögert und manches Blatt in seiner Existenz gefährdet. Auch die Briefträger waren mit der Umstellung nicht einverstanden, da sie sich daraus keine Vorteile errechneten
[87].
Im Zusammenhang mit dem besonders defizitären Zeitungsdienst trat die umstrittene Idee der
Abgeltung vermehrt in den Vordergrund
[88]. Die Generaldirektion PTT schlug der konsultativen PTT-Konferenz (Gremium der PTT-Kunden) vor, für 1974 einen Abgeltungsbetrag von 20 Mio Fr. und für die Folge jährlich eine Vergütung von 20 % der ungedeckten Kosten des Zeitungsdienstes vorzusehen. Die Konferenz war damit einverstanden, nicht aber der Verwaltungsrat der PTT, der die volle Abgeltung des Defizits aus dem Zeitungstransport verlangte
[89]. Ein heftiger Streit entstand um die 1969 eingeführten Branchentelefonbücher, die mit ihren Inseraten der PTT gewisse Einnahmen bringen, jedoch besonders wegen ihrer unbefriedigenden Gestaltung sowie wegen ihres Personalaufwands stark angefochten sind
[90]. Der Nationalrat forderte in einer Motion die Aufhebung dieser Publikation und befürwortete eine Streichung des entsprechenden Kreditpostens von 5 Mio Fr. im PTT-Budget. Um die Behandlung seiner Motion durch den Ständerat nicht zu präjudizieren, begnügte er sich dann freilich mit einer Sperrung des Betrages
[91].
[80] BBI, 1973, II, Nr. 41, S. 586 f. ; Amtl. Bull. NR, 1973, S. 1021 ff. ; Amtl. Bull. StR, 1973, S. 305 ff. ; Vat., 100, 1.5.73 ; NZZ (sda), 249, 1.6.73.
[81] BBI, 1973, II, Nr. 51, S. 1378 f. ; Amtl. Bull. NR, 1973, S. 1617 ff., 1745 ff., 1809 f. ; Amtl. Bull. StR, 1973, S. 653 ff., 749 ff., 786 ff. Vgl. ferner die Presse vom 12.10.73.
[82] AZ, 94, 24.4.73 ; Tw, 94, 24.4.73.
[83] Vgl. zur Situation der PTT im allgemeinen : M. Redli (Präsident der GD-PTT) (BN, 50, 28.2.73 ; TG, 49, 28.2.73 ; Vat., 280, 3.12.73 ; NBZ, 407, 22.12.73), B. Wehrli, „Ungelöste PTT-Probleme“, in Wirtschaftspolitische Mitteilungen, 29/1973, Heft 12 ; zum Personalmangel : TA, 126, 1.6.73 (allgemein) ; NZZ, 222, 15.5.73 ; TA, 113, 17.5.73 (Zürich) ; NZZ (sda), 413, 6.9.73 (Bern).
[84] NZZ (sda), 243, 28.5.73 (Chef EVED) ; GdL (sda), 136, 14.6.73 (M. Redli) ; NZZ (sda), 306, 5.7.73 ; 309, 7.7.73 (Verwaltungsrat-PTT).
[85] NZZ, 223, 16.5.73 ; (sda), 366, 10.8.73 ; BN, 127, 2.6.73.
[86] Bund, 192, 19.8.73 ; 228, 30.9.73.
[87] Kritik : NBZ, 129, 24.4.73 und NZ, 232, 28.7.73. Zeitungsverleger : NZZ (sda), 185, 22.4.73 ; (sda), 216, 11.5.73 ; TA, 116, 21.5.73 und eine Interpellation Gut (fdp, ZH) (Amtl. Bull. NR, 1973, S. 735 ff.). Briefträger : NZZ (sda), 156, 3.4.73 ; (sda), 163, 7.4.73 ; (sda), 178, 16.4.73.
[88] Vgl. zum Zeitungsdienst : Ww, 52, 28.12.73 ; zur Abgeltung : oben, S. 88, Anm. 4 ; NZZ (sda), 43, 27.1.73 ; 230, 20.5.73 ; (sda), 239, 25.5.73. Vgl. ferner SPJ, 1972, S. 97.
[89] NZZ (sda), 425, 13.9.73 ; 432, 18.9.73 (Vorschlag GD-PTT) ; NZZ (sda), 457, 3.10.73 (PTT-Konferenz) ; NZZ (sda), 536, 18.11.73 (Verwaltungsrat-PTT).
[90] NZZ, 173, 13.4.73 ; 212, 9.5.73 ; 424, 13.9.73. Vgl. ferner eine Interpellation Fischer (fdp, BE) und die Diskussion zum PTT-Geschäftsbericht 1972 (Amtl. Bull. NR, 1973, S. 350 ff., 740).
[91] Vgl. die Motion Keller (fdp, TG) (Amtl. Bull. NR, 1973, S. 1188 ff.) und den Antrag Fischer (fdp, BE) auf Streichung des Kreditpostens (Amtl. Bull. NR, 1973, S. 1617 ff., 1745 ff., 1809 f. ; Amtl. Bull. StR, 1973, S. 653 ff., 749 ff., 786 ff.).
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