Année politique Suisse 1974 : Politique sociale / Population et travail
Löhne
Der Aufwärtstrend der Löhne setzte sich im allgemeinen noch fort. Immerhin begann sich die Entwicklung in verschiedenen Branchen zu differenzieren
[52]. Angesichts der hohen Inflationsrate stellte man den vollen Teuerungsausgleich namentlich in Arbeitgeberkreisen vermehrt in Frage, da er auf die Preisentwicklung zurückwirke
[53]. Ein Entwurf für eine Sozialpartner-Vereinbarung über die Preis-, Lohn- und Gewinnüberwachung scheiterte aber am Veto der Arbeitnehmerorganisationen
[54]. In den gegen Jahresende durchgeführten Lohnverhandlungen wurden dann auch die sich abzeichnenden Veränderungen in der Wirtschaftslage spürbar
[55]. Verschiedentlich konnte der volle Teuerungsausgleich nicht mehr realisiert werden, was besonders in Arbeitnehmerkreisen ein wachsendes Interesse für einen nach Einkommen gestaffelten Ausgleich zugunsten der Kleinverdiener bewirkte
[56].
Auch in der
Lohnpolitik der öffentlichen Arbeitgeber standen vor allem die Teuerungszulagen zur Diskussion
[57]. Zwar forderten die Personalverbände nebst einem vollen Teuerungsausgleich aufgrund des Dezemberindexes erneut auch lohnmässige Verbesserungen wie Harmonisierung der Besoldungsskala, zweites Besoldungsmaximum, Vergütung der Samstagsarbeit und Indexierung der Ortszulagen
[58]. Nach zähen Verhandlungen beantragte der Bundesrat dem Parlament eine Neuregelung des Teuerungszulagensystems. Durch eine Berechnung der Zulagen aufgrund des Indexstandes am Jahresende (statt aufgrund des Jahresdurchschnittes) sollten ein ständiger Ausgleichsrückstand vermieden und die Nachzahlungen am Jahresende verringert werden. Zudem wurde der Einbezug der Ortszulagen in den ausgleichsberechtigten Betrag zugestanden
[59]. Weitergehende Konzessionen erschienen dagegen weder aus konjunktur- noch aus finanzpolitischen Gründen opportun ; auch die Verbände hielten deshalb mindestens für 1975 entsprechende Forderungen nicht aufrecht
[60]. Das Parlament stimmte dieser Neuregelung der Teuerungszulagen für das Bundespersonal zu. Im Nationalrat unterlag dabei ein Antrag Bonnard (lib., VD) auf Streichung der Indexierung der Ortszulagen. Ein Antrag von Ständerat Stucki (svp, GL) für eine Abstufung der Zulagen in den obersten Besolduhgsklassen vermochte im Nationalrat nicht durchzudringen
[61]. Obwohl auch der Chef des EFZD diese Idee im Parlament bekämpft hatte, beschloss der Bundesrat nach der Verwerfung der Finanzvorlage vom B. Dezember, den Räten einen Entwurf für einen solchen degressiven Teuerungsausgleich zu unterbreiten
[62]. Damit wurde verschiedenen kritischen Stimmen Rechnung getragen, welche an der linearen Ausrichtung der einmaligen Teuerungszulage von 10,5 % für 1974 Anstoss nahmen
[63].
[52] Die Volkswirtschaft, 47/1974, S. 264 ff. ; S. 286 ff.; 48/1975, S. 88; gk, 22, 27.6.74; Ww, 45, 6.11.74 ; wf, Artikeldienst, 50, 9.12.74.
[53] Vat., 15, 19.1.74 ; 263, 13.11.74 ; NZZ, 84, 20.2.74 ; 493, 16./17.11.74 ; TG, 42, 20.2.74 SAZ, 69/1974, S. 508 f., 619 f. ; LNN, 271, 22.11.74 ; NBZ, 367, 22.11.74. Vgl. ferner ein Postulat Oehen (na, BE) in Amtl. Bull. NR, 1974, S. 1690 f.
[54] Wirtschaft und Recht, 27/1975, S. 87 ff.; vgl. auch oben, Teil I, 4a und unten, Teil III.
[55] LNN, 271, 22.11.74 ; Ww, 48, 27.11.74 ; Tat, 294, 17.12.74.
[56] TA, 257, 5.11.74 ; Tw, 278, 28.11.74 ; 297, 20.12.74; NZZ (sda), 505, 30.11./1.12.74; (sda), 514, 11.12.74.
[57] Vgl. hierzu auch die verschiedenen Besoldungsrevisionen in den Kantonen (unten, Teil II, 5b) sowie Reduktionen des Teuerungsausgleichs in den Kantonen Bern (Tw, 267/268, 15./16. 11.74) und Aargau (AZ, 285, 5.12.74).
[58] Föderativverband : TA, 35, 21.2.74 ; NZZ (sda), 91, 24.2.74 ; 145, 27.3.74; 204, 4.5.74; Schweiz. Beamten-Zeitung, 7, 11.4.74. Christliche Verbände : Vat., 94, 24.4.74. Zollbeamte NZZ (sda), 262, 10.6.74. Vgl. ferner : Ww, 14, 3.4.74.
[59] Antrag : BBI, 1974, II, Nr. 32, S. 308 ff. ; TA, 181, 8.8.74; Ldb, 181, 8.8.74. Verhandlungen : NZZ (sda), 221, 14.5.74 ; (sda), 226, 17.5.74 ; (sda), 321, 14.7.74 ; 322, 15.7.74.
[60] Schweiz. Beamten-Zeitung, 19, 26.9.74 ; TA, 266, 15.7.74.
[61] Amtl. Bull. NR, 1974, S. 1184 ff. ; 1440 ff. ; 1533 ; Amtl. Bull. StR, 1974, S. 472 ff.; 507 ff.; 543. Vgl. in diesem Zusammenhang auch ein Postulat Jauslin (fdp, BL) in Amtl. Bull. StR, 1974, S. 477 f.
[62] BBl, 1975, I, Nr. 4, S. 341 f., 369 f. ; Amtl. Bull. StR, 1974, S. 477 ; NZZ, 522, 20.12.74 ; TA, 296, 20.12.74. Der Kanton Luzern führte als erstes grösseres Gemeinwesen den abgestuften Teuerungsausgleich ein (vgl. unten, Teil II, 5b).
[63] AS, 1974, S. 1672 ; NZ, 332, 24.10.74 (Beschluss) ; Bund, 256, 1.11.74 (Kritik).
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