Année politique Suisse 1975 : Chronique générale / Politique étrangère suisse
 
Traditionelle Missionen
Von der Entwicklungshilfe unterscheiden sich die rein humanitären Hilfsaktionen, welche nicht darauf abzielen, Strukturen der Unterentwicklung zu beseitigen, sondern auf unmittelbare Linderung der Not in ausserordentlichen Fällen ausgerichtet sind. Auf diesem Gebiet betätigt sich neben zahlreichen privaten Organisationen auch die Eidgenossenschaft im Rahmen ihrer traditionellen Missionen, indem sie finanzielle Leistungen an zwischenstaatliche und im Ausland tätige schweizerische Hilfswerke erbringt, Nahrungsmittel in vom Hunger geplagte Regionen liefert und Soforthilfe in Katastrophenfällen anbietet [70]. Zwei Rahmenkredite, die eine Weiterführung der internationalen Hilfswerke und die Lieferung von Milchprodukten für die Jahre 1976-78 ermöglichen sollen, wurden vom Ständerat aus finanzpolitischen Überlegungen gekürzt ; die Volkskammer folgte jedoch dem bundesrätlichen Vorschlag [71].
Im Frühjahr fand in Genf unter Vorsitz Bundespräsident Grabers die zweite Session der Konferenz über humanitäres Völkerrecht statt, welche die Schweiz als Depositarmacht der Genfer Konvention einberufen hatte. Während sich die diplomatische Konferenz um eine Verbesserung und Ausweitung der Konvention bemüht, werden in verschiedenen Ländern Hilfswerke wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in ihrer Arbeit zusehends behindert oder gar blockiert [72]. Die Schweiz bot nicht nur als Gastland zahlreicher Konferenzen und als « Drehtüre der Weltpolitik » ihre Guten Dienste an ; nach Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und Spanien übernahm sie die Vertretung der spanischen Interessen in der DDR, womit ihr nunmehr achtzehn Schutzmachtmandate oblagen [73].
Flüchtlingspolitik und Auslieferungspraxis der Schweiz blieben weiterhin umstritten. Während sich die Behörden bei der Aufnahme südostasiatischer Flüchtlinge grosszügig zeigten, so kritisierten linke Stimmen, sei die Asylgewährung gegenüber politisch Verfolgten aus Chile und Südafrika restriktiv [74]. Ein Bundesbeschluss über die Verwendung erbenloser Vermögen rassisch, religiös oder politisch Verfolgter aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs wies die in der Schweiz aufgefundenen 2 Mio Fr. dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindeverband und der Schweizerischen Zentrale für Flüchtlingshilfe zu [75].
 
[70] Vgl. Gesch.ber., 1975, S. 15 und 30 ff. Welthunger : TA, 2, 4.1.75 ; 96, 26.4.75. Katastrophenhilfskorps, dessen erster Einsatz in der Sahel-Zone umstritten war : TLM, 14-16, 14.-16.1.75 ; Tat, 19, 23.1.75 ; TG, 20, 25.1.75 ; Bund, 20, 26.1.75 ; TA, 34, 11.2.75 und die Presse vom 25.2.75 ; vgl. auch SPJ, 1974, S. 43 f. Vietnam-Hilfe : BüZ, 96, 9.4.75 ; LNN, 81, 9.4.75 ; NZZ, 81, 9.4.75 ; TA, 101, 3.5.75 ; Vat., 107, 10.5.75 ; TG, 121, 28.5.75 ; 24 Heures, 297, 22.12.75. Vgl. ferner H. Haug, « Humanitäre Hilfe bei bewaffneten Konflikten und bei Katastrophen », in Handbuch..., S. 649 ff.
[71] Vgl. BBl, 1975, II, Nr. 26, S. 229 ff. ; Amtl. Bull. StR, 1975, S. 578 f. ; Amtl. Bull. NR, 1975, S. 1548 ff. ; vgl. auch die Presse vom 27.6., 26.9. und 3.12.75.
[72] Genfer Konferenz : NZZ, 17, 22.1.75 ; 26, 1.2.75 ; 109, 14.5.75 ; 24 Heures, 25, 31.1.75 ; 76, 3.4.75 ; TG, 27-28, 3.-4.2.75 ; 30, 6.2.75 ; 32, 7.2.75 ; Ostschw., 29, 5.2.75 ; TA, 68, 22.3.75 und die Presse vom 19.4.75 ; vgl. auch SPJ, 1974, S. 43 ; vgl. ferner J. Pictet, « La Suisse et les conventions de Genève de 1949 pour la protection des victimes de la guerre », in Handbuch..., S. 329 ff. Jahresversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Aussenpolitik über « Ausbau des humanitären Rechts » : NZZ, 217, 19.9.75. NZ, 293, 20.9.75. Schwierigkeiten des IKRK und Reformdiskussionen beim Internationalen Roten Kreuz : Presse vom 12.-15.5.75 ; NZZ, 229, 3.10.75 ; 258, 6.11.75 ; NZ, 319, 13.10.75 ; 348, 8.11.75 ; JdG, 254, 31.10.75 ; 264-265, 12:13.11.75 ; TG, 290, 12.12.75.
[73] Konferenzen : NZZ, 64, 18.3.75 ; 112, 17.5.75 ; TG, 107, 10.5.75 ; 128, 5.6.75 und Gesch.ber., 1975, S. 35 f. Treffen fremder Politiker in der Schweiz : 24 Heures, 36, 13.2.75, 39-40, 17.-18.2.75 TG, 40, 18.2.75 ; 205, 3.9.75 ; NZZ, 43, 21.2.75 ; 159, 12.7.75. Mandate : Presse vom 16.10.75 und Gesch.ber., 1975, S. 22 f. Vgl. auch NZZ, 132, 11.6.75 ; TA, 141, 21.6.75 ; Lib., 192, 25.5.75 JdG, 259, 6.11.75 ; Bund, 192, 19.8.75. Vgl. ferner D. Bindschedler, « Les bons offices dans la politique étrangère de la Suisse », in Handbuch..., S. 679 ff.
[74] Vgl. NZZ, 76, 3.4.75 ; 104, 7.5.75 ; Tw, 77, 4.4.75 ; 24 Heures, 77, 4.4.75 ; 134, 12.6.75 JdG, 99, 30.4.75 ; Ww, 22, 4.6.75 ; Bund, 179, 4.8.75 ; Amtl. Bull. NR, 1975, S. 1499 (Einfache Anfrage Ziegler, sp, GE) ; Gesch.ber., 1975, S. 133 und 136. Vgl. auch SPJ, 1974, S. 44. Vgl. ferner H. Haug, « Flüchtlings- und Asylpolitik », in Handbuch..., S. 667 ff.
[75] Vgl. BBI, 1974, II, S. 801 ff. ; Amtl. Bull. NR, 1974, S. 1897 ff. ; Amtl. Bull. StR, 1975, S. 101 ff.