Année politique Suisse 1975 : Chronique générale / Finances publiques
Voranschlag für das Jahr 1976
Von einer Beruhigung der angespannten Lage konnte allerdings trotz den neuen Einnahmequellen keine Rede sein. Der Voranschlag für das Jahr 1976 zeigte, dass die Scherenbewegung zwischen Einnahmen- und Ausgabenentwicklung anhielt
[26]. Nach den Anträgen des Bundesrates sah die Finanzrechnung Ausgaben von 15 074 Mio Fr. und Einnahmen von 14 486 Mio Fr. vor und schloss mit einem Ausgabenüberschuss von 588 Mio Fr. ab. Dieser erhöhte sich jedoch auf 1188 Mio Fr., wenn ein beantragter Budgetzusatz zur Konjunkturbelebung in der Höhe von 600 Mio Fr. in die Rechnung einbezogen wurde
[27]. Dem Defizit in der Finanzrechnung stand im Voranschlag der Vermögensveränderungen nur ein knapper buchmässiger Ertragsüberschuss von 7 Mio Fr. gegenüber. Im Gesamtvoranschlag ergab sich daher ein Reinaufwand von 581 (bzw. 1181) Mio Fr., wobei man aber schon mit Sicherheit wusste, dass sich dieser Fehlbetrag durch die Übernahme des SBB-Defizits noch um mindestens 500 bis 600 Mio Fr. erhöhen werde. Insgesamt wurde der im Frühjahr beschlossene Abbau bei den Subventionen — vorwiegend aus wirtschaftspolitischen Erwägungen — mehr als nur rückgängig gemacht. Für die Anteile der Kantone erwartete man den höchsten prozentualen Anstieg (47 %) : eine Steigerung von 846 auf 1247 Mio Fr. In einigen eher untergeordneten Bereichen wurden durch die Weiterführung der im Januar beschlossenen Massnahmen zur Herabsetzung von Bundesbeiträgen Einsparungen von etwa 120 Mio Fr. erzielt
[28]. — Verschiedene Stimmen äusserten Kritik an der Praxis der Fortschreibung bisheriger Zuwachsraten, welche wenig differenziere und die Ausgaben fast automatisch in die Höhe treibe. Wirtschaftskreise vermissten eindeutige Prioritäten zugunsten der Investitionen
[29]. Ausserdem diskutierte man wiederholt die Frage nach den Grenzen der Staatsverschuldung und den Möglichkeiten einer inflationsfreien Finanzierung der Ausgaben über den Geld- und Kapitalmarkt
[30].
Die Besorgnis über die weitere Entwicklung des aus den Fugen geratenen Bundeshaushalts kennzeichnete auch die Beratungen im Parlament ; daneben bildete die vorgesehene Konjunkturspritze ein wichtiges Traktandum
[31]. Der Voranschlag wurde im wesentlichen in der Fassung des Bundesrates genehmigt. Ein sozialdemokratischer Antrag, womit der anfangs Jahr verfügte Personalstopp gelockert und dem Bundesrat zusätzliche 225 Jahresstellen als Reserve zur Behebung besonderer personeller Engpässe zur Verfügung gestellt werden sollten, fand im Nationalrat knapp Zustimmung, scheiterte jedoch an der unnachgiebigen Haltung der Kleinen Kammer. Die Partei der Arbeit lehnte nicht nur, wie üblich, das Militärbudget ab, sondern auch, wie die Vertreter der Nationalen Aktion, den gesamten Voranschlag. Eine Neuerung bedeutete der unter anderem von einer Motion der Finanzkommission des Nationalrates angeregte Entscheid, die beiden Führungsinstrumente des Finanzplans und der Richtlinien für die Regierungspolitik zu koordinieren. Ein entsprechender, für die Legislaturperiode 1975 bis 1979 geltender Bericht erschien im Februar 1976
[32].
Nachdem die Finanzrechnung für das Jahr 1974
[33] ein Defizit von 1040 Mio Fr. ergeben hatte — Nationalrat Oehen (na, BE) stellte den Antrag, sie nicht zu genehmigen —, fiel die
Staatsrechnung
für das Jahr 1975 noch ungünstiger aus. Die Finanzrechnung schloss mit einem Fehlbetrag von 1309 Mio Fr. bedeutend schlechter ab, als budgetiert worden war
[34]. Während die Mehrausgaben trotz Konjunkturspritze nur 175 Mio Fr. betrugen, blieben die Einnahmen erheblich unter den Prognosen. Es resultierte ein Minderertrag von 676 Mio Fr. Die Gesamtrechnung, die auch die Vermögensveränderungen mit einbezog, schloss mit einem Reinaufwand von 1,4 Mia Fr. erstmals seit 20 Jahren wieder negativ ab
[35].
[26] Presse vom 31.10.75 ; Botschaft des Bundesrates... zum Voranschlag... für das Jahr 1976.
[27] Vgl. dazu oben, Teil I, 4a (Konjunkturpolitik).
[28] Botschaft des Bundesrates... zum Voranschlag... für das Jahr 1976, S. 72 * ff.
[29] wf, Dok., 48, 1.12.75 ; Bund, 255, 31.10.75 ; TA, 253, 31.10.75. Vgl. auch das Votum von H. Rüegg (fdp, ZH) in Amtl. Bull. NR, 1975, S. 1659 und die Behandlung eines Kommissionsantrages in Amtl. Bull. NR, 1975, S. 1675 ff.
[30] NZZ, 224, 27.9.75 ; 257, 5.11.75 ; TA, 254, 1.11.75 ; Ww, 44, 5.11.75 ; Ldb, 263, 13.11.75 ; TLM, 319, 15.11.75. Vgl. auch E. Buschor, « Probleme der finanzpolitischen Konjunkturstabilisierung », in Wirtschaftspolitische Mitteilungen, 32/1976, Heft 3. Vgl. oben, Teil I, 4b (Geld- und Kreditpolitik).
[31] Amtl. Bull. StR, 1975, S. 650, 734, 796 ; Amtl. Bull. NR, 1975, S. 1647, 1749, 1897. Vgl. auch oben, Teil I, 4a (Konjunkturpolitik).
[32] Amtl. Bull NR, 1975, S. 1019 ; Amtl. Bull. StR, 1975, S. 598 f. ; Gesch.ber., 1975, S. 199 ; Botschaft des Bundesrates... zum Voranschlag... für das Jahr 1976, S. 1, 67 •. Vgl. weiter BBI, 1976, I, Nr. 7, S. 442 ff.
[33] Vgl. SPJ, 1974, S. 74 ; Amtl. Bull. NR, 1975, S. 1009 ff. ; Botschaft des Bundesrates... zur Staatsrechnung... für das Jahr 1974.
[34] Wie oben erwähnt, rechnete man mit einem Fehlbetrag von 458 Mio Fr.
[35] Presse vom 9.3.76 und 27.4.76 ; wf, Dok., 11, 15.3.76 ; NZZ, 99, 29.4.76.
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