Année politique Suisse 1975 : Enseignement, culture et médias / Enseignement et recherche
 
Forschung
Mit dem Vorentwurf für ein Forschungsgesetz wurden vom EDI auch neue gesetzliche Grundlagen der Forschungspolitik zur Diskussion gestellt [57]. Der Entwurf sah ein Eingreifen des Bundes dort vor, wo die kantonalen und privaten Anstrengungen nicht genügen. Eine direkte finanzielle Unterstützung der privaten industriellen Forschung sollte jedoch nicht erfolgen. Der Bund würde somit wie bisher vor allem die Hauptlast der akademischen Grundlagenforschung tragen. Grösseres Gewicht wurde auf eine umfassende Planung gelegt. In den Planungsprozess, der nur in grossen Zügen festgelegt wurde, sollten die betroffenen Kreise in allen Phasen eingeschaltet werden. Dem Wissenschaftsrat kam die Ausarbeitung von Vorschlägen zuhanden des Bundesrates zu. Der Nationalfonds hingegen würde wie bisher die wichtigsten Kredite sprechen.
Obwohl die Mittel des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) nur einen kleinen Teil der gesamten Forschungsaufwendungen darstellten [58], wurde hauptsächlich über diese « Spitze des Eisbergs » diskutiert. Starke Kostensteigerungen hatten seit 1972 dazu geführt, dass sich trotz erhöhten Aufwendungen jährlich reale Rückgänge des Forschungsvolumens ergaben. Die Zahl der vom SNF geförderten Forscher ging merklich zurück. Für die Forschungsförderung und die Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses standen 1975 108,8 Mio Fr. (1974: 102,4 Mio Fr.) zur Verfügung [59]. Neue Aufgaben und damit auch neue Belastungen erwuchsen dem SNF durch die Einführung der nationalen Forschungsprogramme, für welche laut dem Bundesbeschluss von 1974 12 % der für den Zeitraum von 1975-79 bewilligten 660 Mio Fr. zur Verfügung stehen. Eine deutliche Mittelverlagerung ergab sich freilich noch nicht, da für die Anlaufsphase der nationalen Programme 1975 erst 2 Mio Fr. eingesetzt werden konnten. Die rechtliche und administrative Bewältigung der neuen Aufgaben verursachte gewisse Verzögerungen [60]. Der Bundesrat beauftragte anfangs Juli den SNF, die vier ersten Programme vorzubereiten. Diese Vorhaben, für die über einen Zeitraum von fünf Jahren höchstens 21 Mio Fr. reserviert werden sollten, betrafen grundlegende Probleme des schweizerischen Wasserhaushaltes, die Prophylaxe der Herz- und Kreislaufkrankheiten, die Probleme der sozialen Integration in der Schweiz und Forschung und Entwicklung auf dem Gebiete der Energie [61]. Der SNF bildete entsprechende Expertengruppen und stellte die Ausführungspläne in Aussicht. Er schuf ferner eine eigene Abteilung für nationale Forschungsprogramme, die dem teilweise anwendungsorientierten Charakter dieser Vorhaben entsprechend eng mit der Kommission Allemann, welche die wirtschaftlich motivierte Forschung unterstützt, zusammenarbeiten sollte [62].
In Beantwortung zweier parlamentarischer Vorstösse erklärte der Bundesrat, dass die finanzielle Situation des Bundes die Gründung eines schweizerischen Friedensforschungsinstitutes gegenwärtig nicht zulasse. Die jahrelangen Bemühungen und Diskussionen fanden damit ein einstweiliges Ende, das von den Befürwortern bitter beklagt wurde [63]. Unter einem glücklicheren Stern stand das Projekt eines Forschungsinstituts für Föderalismus und Regionalstrukturen, das in Riehen (BS) verwirklicht werden konnte [64]. Unter den Trägern dieser interdisziplinären Forschungsstelle, die vor allem praxisnahe Forschung zu betreiben gedachte, befindet sich auch ein amerikanisches Forschungszentrum.
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E.F.
 
[57] Vgl. oben, Hochschulen, insbesondere Anm. 32 ; NZZ, 294, 18.12.75. Zu den grundsätzlichen Aspekten der Forschungspolitik vgl. Wissenschaftspolitik, 4/1975, Beiheft 7.
[58] Genaue Statistiken über die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung fehlen. Man schätzte den Gesamtaufwand für 1974 auf 2,8 bis 3,5 Mia Fr., wovon mindestens drei Viertel davon auf die Industrie entfielen. Vgl. TA, 29, 5.2.75 ; 268, 18.11.75 ; Ww, 20, 21.5.75.
[59] Vgl. SPJ, 1973, S. 135 ff. ; 1974, S. 143 f. ; NZZ (sda), 296, 20.12.75 ; ferner die Jahresberichte des Schweiz. Nationalfonds.
[60] Vgl. SPJ, 1974, S. 143 f. ; NZZ, 208, 9.9.75 ; 212, 13.9.75 ; TA, 216, 18.9.75.
[61] TA, 151, 3.7.75 ; 154, 7.7.75 ; NZZ, 167, 22.7.75 ; Bund, 176, 31.7.75.
[62] Wissenschaftspolitik, 4/1975, S. 387 ff. ; Bund, 300, 23.12.75. Vgl. ferner SPJ, 1972, S. 136, und Kleine Anfrage Richter (fdp, NE) in Amtl. Bull. NR, 1975, S. 1902.
[63] Amtl. Bull. NR, 1975, S. 588 u. 1199 ff. (Votum des Initianten M. Arnold) : Tw. 75, 2.4.75 ; 162, 15.7.75 ; 24 Heures, 159, 11.7.75. Vgl. auch SPJ, 1973, S. 136.
[64] Stiftung für eidg. Zusammenarbeit, Jahresbericht 1975, S. 5 f. ; BN, 134, 12.6.75 ; 136, 14.6.75.