Année politique Suisse 1976 : Economie / Crédit et monnaie / Geld- und Währungspolitik
Wie bereits erwähnt, versuchten die für die Währungspolitik verantwortlichen Behörden mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln einen weiteren Anstieg des Frankenkurses zu verhindern. Weil die Weltwährungskonferenz in Jamaica zu Jahresbeginn bestätigte, dass in absehbarer Zeit nicht an eine Rückkehr zu festen Wechselkursen zu denken ist, beschränkte sich die Nationalbank im grossen und ganzen auf die Glättung von extremen Kursschwankungen. Die Forderung, den Schweizer Franken mittels massiver Devisenkäufe auf einen für die Exportwirtschaft günstigeren Kurs zu bringen, wiesen die Behörden aus Gründen der Geldmengenpolitik zurück, genauso wie sie aus ordnungspolitischen Erwägungen eine Devisenbewirtschaftung ablehnten. Unter Berücksichtigung des Rekordüberschusses der Ertragsbilanz sei es ohnehin fraglich, ob eine derartige Kurspflege auf die Dauer haltbar wäre
[14].
Insgesamt kaufte die Nationalbank zwecks Kursstützung für 18,8 Mia Fr. Devisen, wobei sie sich zu Jahresanfang und im Juni zu besonderer Aktivität gezwungen sah. Weil die konversionspflichtigen Kapitalexporte für eine Neutralisierung der so geschaffenen Frankenbestände nicht ausreichten, ergriffen die Verantwortlichen weitere Massnahmen, um eine Gefährdung des Geldmengenziels zu vermeiden : Stillegung von vorsorglichen Bundesanleihen und Einforderung von zusätzlichen Mindestguthaben auf den ausländischen Bankverbindlichkeiten. Mit der liberal gehandhabten Kapitalausfuhrpolitik konnte zwar dem generellen Aufwertungsdruck entgegengesteuert werden ; Nationalbank-Generaldirektor Leutwiler gab aber zu bedenken, dass infolge der Erträge und allfälliger Repatriierungen dieser Auslandsguthaben die Stärkungstendenz unserer Währung keinesfalls abklingen werde
[15].
Um den Zustrom ausländischer Gelder zu bremsen, verschärften die Behörden das bereits bestehende Abwehrdispositiv. Von der Senkung des Diskont- und Lombardsatzes versprach man sich eine Attraktivitätsminderung für Festgeldanlagen in der Schweiz. Die Möglichkeit, das bestehende Verzinsungsverbot für ausländische Sichteinlagen in Franken über Terminkäufe zu umgehen, wurde durch die Reduktion des zulässigen Volumens dieser Geschäfte beeinträchtigt
[16]. Eine andere Praxis zur Umgehung des Verzinsungsverbotes stellen Transaktionen über die Auslandfilialen schweizerischer Banken dar. Mit dem Abschluss eines Gentlemen's Agreement versuchte die Nationalbank den Zustrom derartiger Gelder, welche offensichtlich spekulativen Zwecken dienten, abzuwehren. Der Erfolg dieses Abkommens war allerdings nach dem Eingeständnis des Bundesrates nicht überragend
[17]. Zur Begrenzung des stark angewachsenen Imports von Fluchtgeldern verordnete die Exekutive eine Limitierung der Einfuhr ausländischer Banknoten auf einen Gegenwert von 20 000 Fr. pro Person und Quartal. Die in der Praxis schwer vollziehbare Massnahme sollte vor allem eine psychologische Abschreckung des organisierten Geldimports aus Italien und Frankreich bewirken. Sie wurde zwar vom Ausland als ungenügend erachtet, aber immerhin als erster Schritt der Schweiz zu einer kooperationswilligeren Haltung in bezug auf die Probleme der unerwünschten Kapitalverschiebungen anerkannt
[18].
Zur Unterstützung ihrer Strategie des « schmutzigen » Floatens (gezielte Interventionen bei grundsätzlichem Festhalten an der Politik der flexiblen Wechselkurse) bemühte sich die Nationalbank um vermehrten Einblick in die internationalen Kapitalbewegungen. Zu diesem Zwecke verordnete sie eine Meldepflicht der Banken über ihre Devisengeschäfte. Mit den von ihr nicht direkt beeinflussbaren Gesellschaften (multinationale Konzerne usw.) wurde ein entsprechendes Gentlemen's Agreement aus dem Vorjahr verlängert
[19]. In Anbetracht der Faktoren, die eine weitere Wertsteigerung des Schweizer Frankens begünstigen (hochaktive Ertragsbilanz, niedrige Inflationsrate, zunehmende Bedeutung als Reservewährung), vermochten die Währungsbehörden die effektive Aufwertung in relativ engen Grenzen zu halten
[20]. Im Dezember lag der exportgewichtete Frankenkurs um 10,4 % über seinem Vorjahresstand. Unter Ausschluss der vom Zerfall besonders betroffenen Währungen Grossbritanniens und Italiens betrug der Aufwertungssatz lediglich 5,2%
[21].
[14] Weltwährungskonferenz : NZZ, 7, 10.1.76 ; K. O. Pöhl, « Zur zukünftigen Ordnung des internationalen Währungssystems », in Schweizer Monatshefte, 56/1976-77, S. 479 ff. Währungspolitische Ziele des BR und der SNB : Amtl. Bull. NR, 1976, S. 161 f. (BR Brugger) und 586 ff. (BR Chevallaz) ; Amtl. Bull. StR, 1976, S. 187 f. (BR Chevallaz) ; BBI, 1977, II, S. 336 ; SNB, Geschäftsbericht, 69/1976, S. 12 f. Für die währungsbedingten Probleme der Exportwirtschaft vgl. auch oben, Teil I, 2 (Internationale Verflechtung und Exportförderung).
[15] Vgl SNB, Geschäftsbericht, 69/1976, S. 10 ff. ; F. Leutwiler, « Das schweizerische Wechselkursproblem », in SKA, Bulletin, 82/1976, Nr. 5/6, S. 7 ff. ; NZZ, 153, 3.7.76. Zu den Bundesanleihen vgl. unten, Geld- und Kapitalmarkt.
[16] Vgl. SNB, Geschäftsbericht, 69/1976, S. 61 f. ; BBI, 1977, II, S. 332 f. Presse vom 9.6.76.
[17] Vgl. TG, 62, 15.3.76 (Umgehung des Verzinsungsverbotes) ; SNB, Geschäftsbericht, 69/1976, S. 67 ; Presse vom 9.6.76 (Massnahme). Amtl. Bull. NR, 1976, S. 1275 f. (Einfache Anfrage Meizoz, sp, VD).
[18] Vgl. AS, 1976, S. 883 f. ; Ww, 17, 28.4.76 ; SNB, Geschäftsbericht, 69/1976, S. 14. Reaktion des Auslandes : TG, 93, 22.4.76.
[19] Vgl. SNB, Geschäftsbericht, 69/1976, S. 14 und 64 ff.
[20] Aufwertungsdruck wegen Ertragsbilanz : L. Schürmann, « Der Finanzplatz Schweiz in der Sicht der Nationalbank », in Wirtschaft und Recht, 28/1976, Nr. 2, S. 121 ff., insbes. S. 126. Reservewährung : BN, 222, 23.9.76.
[21] Vgl. SNB, Geschäftsbericht, 69/1976, S. 57 ff.; BN, 297, 20.12.76 ; SKA, Bulletin, 83/1977, Nr. 3, S. 25.
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