Année politique Suisse 1976 : Infrastructure, aménagement, environnement / Protection de l'environnement
 
Luft und Lärm
Von den verschiedenen Aspekten des Umweltschutzes fand die Reduzierung der Luftverunreinigung und die Bekämpfung des Lärms die grösste Beachtung. In einer Botschaft nahm der Bundesrat Stellung zu der 1974 eingereichten Initiative zur Verringerung der Motorfahrzeugabgase (« Albatros»-Initiative). Wohl konnte er sich mit den materiellen Zielen des Volksbegehrens weitgehend einverstanden erklären, keinesfalls aber mit dem vorgeschlagenen Zeitplan, der eine Inkraftsetzung der neuen Grenzwerte auf Anfang 1977 vorsah. Da der Bundesrat ähnliche Grenzwerte schrittweise bis 1982 einführen will, erachtete er auch einen Gegenvorschlag als überflüssig. Der Hauptgrund für das ablehnende Urteil besteht darin, dass zur Zeit nur wenige Automobile den verschärften Anforderungen genügen könnten. Damit würde einerseits diesen eine für die Preisentwicklung ungünstige marktbeherrschende Stellung eingeräumt, andererseits könnten die Herstellerländer der nicht zugelassenen Automobilmarken zu Massnahmen gegen schweizerische Produkte bewegt werden [15]. Diesen Bedenken hielt man aus Umweltschutzkreisen entgegen, dass in anderen Staaten strengere Vorschriften bestünden und dass die Schweiz, gerade weil sie zu keiner Rücksicht auf eine nationale Automobilproduktion gezwungen sei, auf diesem Gebiet Pionierdienste leisten könnte [16]. Um eine der grössten Quellen der Luftverunreinigung einzudämmen, verlangte Nationalrat F. Ganz (sp, ZH) gesetzliche Grundlagen für die obligatorische Kontrolle der Ölheizungen. Da gesamtschweizerisch rund ein Viertel dieser Anlagen falsch eingestellt sind, könnte es mit Kontrollmassnahmen gelingen, den Anteil der von den Ölheizungen verursachten Luftverschmutzung von 35 % auf ungefähr 17 % zu senken [17].
Das Fehlen von gesetzlichen Grundlagen zur Verhinderung der Abgabe von schädlichen Substanzen an die Atmosphäre machte sich im Wallis äusserst unangenehm bemerkbar. Sowohl der Bundesrat als auch die Kantonsregierung mussten feststellen, dass sie keine legalen Möglichkeiten besassen, um gegen die Gefährdung der Früchtekulturen durch die Fluorimmissionen aus den verschiedenen Aluminiumwerken einzuschreiten [18]. Grosse Bestürzung rief in der Schweiz die Giftgaskatastrophe im italienischen Seveso hervor. Nach Ansicht der Landesregierung könnten sich allerdings ähnliche Unglücksfälle in der Schweiz wegen der stengeren Sicherheitsvorschriften kaum ereignen ; immerhin soll die Frage, ob für Chemiewerke eine obligatorische Haftpflichtversicherung einzuführen sei, überprüft werden [19].
Über weitere Vorstösse zur Bekämpfung des Lärms und der Abgase haben wir bereits an anderer Stelle berichtet (Initiative für 12 autofreie Sonntage und Revision des Luftfahrtgesetzes) [20].
 
[15] BBI, 1976, III, S. 549 ff. ; vgl. auch SPJ, 1974, S. 99. Den Willen, die zulässigen Grenzwerte sukzessive herabzusetzen, dokumentierten die Behörden mit dem Erlass von verschärften Bestimmungen bezüglich der Ölbeimischung im Benzin für Zweitaktmotoren (TA, ddp, 253, 29.10.76).
[16] NZ, 394, 18.12.76.
[17] Motion Ganz : Verhandl. B.vers., 1976, IV, S. 29 ; NZZ, 206, 3.9.76. Als Nebeneffekt würde aus dieser Massnahme auch eine massive Energieeinsparung resultieren.
[18] Amtl. Bull. NR, 1976, S. 877 ; 24 heures, 34, 11.2.76 ; LNN, 46, 25.2.76 ; NZ, 207, 5.7.76.
[19] Amtl. Bull. NR, 1976, S. 1538 ff.; Amtl. Bull. StR, 1976, S. 658 ff.; vgl. auch oben, Teil I, 2 (Traités und Internationale Verflechtung).
[20] Vgl. oben, Teil I, 6b (Strassenverkehr und Luftverkehr).