Année politique Suisse 1976 : Infrastructure, aménagement, environnement / Protection de l'environnement
 
Natur- und Heimatschutz
Die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes erlitten im Berichtsjahr insofern einen Rückschlag, als das Raumplanungsgesetz, welches unter anderem verbesserte gesetzliche Grundlagen für die Ausscheidung von schützenswerten Gebieten gebracht hätte, in der Volksabstimmung abgelehnt wurde [21]. Allerdings stimmten die Räte unverzüglich einem bis Ende 1978 befristeten allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss zu, der eine Fortführung der seit 1972 bestehenden Schutzmassnahmen erlaubt [22]. Sowohl der Kanton Uri als auch die Kantone der Nordwestschweiz legten ein generelles Landschaftskonzept vor. Diese Konzepte beinhalten in erster Linie ein Inventar der als schützenswert erachteten Gebiete ; sie sind aber nur als Planungshilfen gedacht und verfügen über keinen verpflichtenden Charakter [23]. Nachdem das Parlament im Jahre 1975 seine Zustimmung gegeben hatte, konnte das internationale Übereinkommen zum Schutz der Feuchtgebiete ratifiziert werden [24]. In mehreren Kantonen sahen sich die Behörden veranlasst, mit drastischen Massnahmen gegen das allzu intensiv betriebene Sammeln von Pilzen einzuschreiten [25].
Verschiedene Erfolge konnten die Bemühungen um den Schutz einzelner Landschaften verzeichnen : So dürfte es dank einer neuen Bauordnung gelingen, das Ufergebiet der Oberengadiner Seen (Surlej) von zukünftigen Überbauungen freizuhalten. Im Kanton Waadt sprach sich die Bevölkerung deutlich gegen eine Seeuferaufschüttung bei Dorigny aus, welche eine der wenigen natürlichen Uferlandschaften des Genfersees zerstört hätte [26]. Gegen die schleppende Behandlung der 1973 eingereichten Initiative für den Schutz der Weinbaugebiete am Genfersee (« Sauver Lavaux ») deponierte Franz Weber beim Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde ; prompt unterbreitete nun die Waadtländer Regierung einen Gegenvorschlag, der vorsieht, nur einzelne besonders erhaltenswerte Gebiete unter Schutz zu stellen [27]. Für einen Kompromiss zwischen der Initiative « Aktion Rhy » und dem Gegenvorschlag der Regierung entschied sich das Parlament des Kantons Schaffhausen. Nach seinen Vorstellungen sollen nicht nur das Rheinufer, sondern auch weitere Naturschönheiten vor baulichen Eingriffen bewahrt werden ; daneben will der Grosse Rat dem Volk ein Mitbestimmungsrecht bei den kantonalen Stellungnahmen zur Linienführung der Nationalstrassen einräumen [28]. Widersprüche zwischen den Anliegen des Naturschutzes und dem Bau von touristischen Infrastrukturen ergaben sich in den Gebirgsregionen. Der Bundesrat versprach, gegen die autobahnmässigen Planierungsarbeiten für Skipisten, wie sie vor allem im Bündnerland betrieben wurden, in Zukunft rigoros einzuschreiten. Noch nicht erledigt ist der Streit um die Errichtung des ersten schweizerischen Hochgebirgsflugplatzes bei Verbier (VS) [29].
Um den Postulaten des Heimatschutzes für die Erhaltung von wertvollen Gebäuden und Ortsbildern konsequenter nachkommen zu können, erliessen die Kantone Basel-Stadt und Genf Heimatschutzgesetze [30]. Diese Gesetze scheinen allerdings F. Weber zuwenig weit zu gehen, hat er doch gerade diese beiden Grossstädte als erste Objekte seiner neu gegründeten Vereinigung « Helvetia nostra » ausgewählt : mittels Verfassungsinitiativen sollen in diesen Städten Abbruchverbote und Sanierungspläne durchgesetzt werden [31]. Nur durch ein Zufallsmehr erhielt die Regierung von Basel freie Hand für die mit Argumenten des Heimatschutzes begründete bauliche Sanierung von 40 Altstadthäusern ; die opponierende Linke rechtfertigte ihre Haltung mit Bedenken gegen die Entstehung teurer Luxuswohnungen [32]. Die Basler Stimmbürger sprachen sich im weiteren nach einer heftigen Kampagne deutlich gegen die Errichtung eines Grosskaufhauses aus, welche eine massive bauliche Umgestaltung des historischen Marktplatzes mit sich gebracht hätte [33]. Beim « Schweizer Heimatschutz » bemühte sich die teilweise erneuerte Verbandsleitung um eine Neudefinition der Zielvorstellungen. Frische Impulse erhofft man sich von der eingeleiteten Entwicklung in Richtung auf eine Politik, die sich vermehrt mit der Erhaltung einer lebensfreundlichen Umwelt befasst, wobei die bis anhin betriebenen Denkmalschutzaktivitäten nur noch ein Teilgebiet unter anderen wären [34].
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H.H.
 
[21] Vgl. oben, Teil I, 6c (Raumplanung). Allgemein zum Zusammenhang zwischen Raumplanungsgesetz und Landschaftsschutz vgl. M. Lendi, « Natur- und heimatschutzrechtliche Aspekte des Raumplanungsgesetzes », in DISP, 1976, Nr. 41, S. 41 ff.
[22] Vgl. oben, Teil I, 6c (Raumplanung), ferner auch R. Imholz, Die Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet des Natur- und Heimatschutzes, Zürich 1975.
[23] LNN (sda), 177, 2.8.76 (UR) ; Bund, 14, 19.1.76 (Nordwestschweiz).
[24] AS, 1976, S. 1139 ff. ; NZZ (sda), 15, 20.1.76.
[25] TLM, 59, 28.2.76 (BE) ; TG, 53, 4.3.76 (TI) ; Vat., 181, 6.8.76 (SZ).
[26] TA, 74, 29.3.76 ; 77, 1.4.76 ; vgl. auch SPJ, 1972, S. 111 (Surlej) ; VO, 3, 7.1.76 ; 222, 29.9.76 ; 24 heures, 83, 8.4.76 (Dorigny).
[27] Initiative : SPJ, 1973, S. 108. Beschwerde : 24 heures, 101, 1.5.76. Gegenvorschlag : 24 heures, 245, 20.10.76 ; vgl. unten, Teil II, 4 f. Zu den Aktivitäten des engagierten Landschaftsschützers Weber vgl. auch F. Weber, Des montagnes à soulever, (Paris) J.-J. Pauvert, 1976.
[28] Ldb (sda), 30, 6.2.76 ; 286, 8.12.76 ; NZZ, 234, 6.10.76 ; vgl. auch SPJ, 1975, S. 110 sowie unten, Teil H, 4f. Für weitere Auseinandersetzungen zwischen dem Umweltschutz und dem Strassenbau vgl. auch oben, Teil I 6b (Strassenbau).
[29] Skipisten : Amtl. Bull. NR, 1976, S. 876 f. ; Plan, 33/1976, Nr. 11, S. 6 ff. ; TA, 210, 9.9.76. Hochgebirgsflugplatz : JdG, 90, 17.4.76 ; 264, 11.11.76.
[30] TG, 105, 6.5.76 ; JdG, 131, 8.6.76 (GE) ; NZ, 16, 16.1.76 (BS) ; vgl. unten, Teil II, 4f.
[31] NZ, 386, 11.12.76 ; TA, 290, 11.12.76.
[32] NZ, 281, 9.9.76 ; 295, 22.9.76 ; 303, 29.9.76.
[33] NZ, 296, 23.9.76 ; 301, 27.9.76.
[34] TLM (ats), 138, 17.5.76 ; Vat. (ddp), 141, 21.6.76 ; Ww, 29, 21.7.76 ; NZZ, 233, 5.10.76.