Année politique Suisse 1977 : Economie / Crédit et monnaie / Geld- und Währungspolitik
print
Währung
Als weniger erfolgreich erwies sich indes die Währungspolitik, erhöhte sich doch der exportgewogene Frankenkurs innert Jahresfrist nominell um mehr als 17%. Das erste Semester war zwar noch durch eine ruhige Entwicklung am Devisenmarkt gekennzeichnet, so dass auf Anfang Mai das Banknoteneinfuhrverbot aufgehoben werden konnte, nachdem auch die Kapitalflucht insbesondere aus Italien abgenommen hatte. Doch Ende Juni setzte dann ein scharfer Kursrückgang der amerikanischen Währung ein, der sich gegen das Jahresende hin zusehends verstärkte und den Dollar von 2.44 auf 2.00 Franken zwang. Die besondere Attraktivität des Schweizerfrankens hatte zur Folge, dass sich dessen Kurs gegenüber fast allen anderen Währungen verfestigte. Die Nationalbank sah sich deshalb veranlasst, die Massnahmen gegen den Zufluss von Geldern aus dem Ausland wieder zu verschärfen [9].
Die Devisenmarktinterventionen des Noteninstituts erreichten einen Umfang von 15,3 Mia Fr. ; da der bewilligungspflichtige Kapitalexport gegenüber dem Vorjahr leicht zurückging — wohl nicht zuletzt deshalb, weil sich die Ausländer in immer teurer werdenden Schweizerfranken nicht mehr so stark verschulden wollten —, blieb die Nationalbank per saldo auf neuen Währungsreserven im Gegenwert von 4 Mia Fr. sitzen. Insgesamt resultierte aus Abschreibungen auf dem Devisenbestand ein namhafter Verlust von 1,4 Mia Fr., der die Ertragsrechnung massiv belastete und das Noteninstitut zur Auflösung offener und stiller Reserven zwang [10].
Angesichts solcher Verluste und im Hinblick auf den währungspolitischen Misserfolg stellte sich erneut die Frage nach dem volkswirtschaftlichen Nutzen von Devisenmarktinterventionen im Zeichen des «gesteuerten Floating ». Monetaristische Kritiker bezweifelten grundsätzlich, dass sich ein Abrücken vom reinen Floating lohne, denn auf die Dauer setzten sich die Marktkräfte ohnehin durch und erzwängen Wechselkursrelationen, die im entsprechenden Verhältnis zu den unterschiedlichen Inflationsraten der betreffenden Volkswirtschaften stünden. Ohne diese Tendenz eines langfristigen Ausgleichs in Abrede zu stellen, betonten die Behörden, auf kurze Sicht könnten sich die Wechselkurse ganz anders verhalten, was das Eingreifen der Notenbank notwendig mache. Der Schweizerfranken sei mit erstaunlicher Regelmässigkeit in Stufen angestiegen; auf eine Phase stabiler Kursentwicklung während ungefähr eines Jahres sei jeweils ein starker Anstieg von kürzerer Dauer gefolgt, dem die Tendenz des «Überschiessens» geeignet habe. Solch rapide Ausschläge bärgen die Gefahr einer eindeutigen Überbewertung des Schweizerfrankens, welche die Exportwirtschaft trotz niedriger Inflationskosten nicht mehr wettmachen könne. Um geordnete Marktbedingungen herzustellen, müsse die Nationalbank zusätzlich auch kleinere, meist zinsbedingte Kursfluktuationen zu glätten suchen [11].
Solange die grossen Volkswirtschaften wie die USA nicht darauf bedacht sind, ihre Ertragsbilanz auszugleichen und die Inflation zu bekämpfen, sind indessen die Möglichkeiten einer kleinen Volkswirtschaft wie der Schweiz gering, auf die Entwicklung der Wechselkurse erfolgreich einzuwirken, ohne die eigene Stabilitätspolitik preiszugeben. Der hohe Grad der finanziellen Verflechtung und der Auslandabhängigkeit unserer Wirtschaft legt es aber immerhin nahe, bei der Finanzierung der internationalen Zahlungsbilanzungleichgewichte tatkräftig mitzuwirken. Im Rahmen des Internationalen Währungsfonds leistete die Nationalbank einen Beitrag von 850 Mio Fr. an Grossbritannien und beteiligte sich an einem Stützungskredit für Italien ; sie erklärte sich zudem bereit, mit 1,8 Mia Fr. an zusätzlichen Finanzierungshilfen des Internationalen Währungsfonds (sog. «Witteveen-Fazilitäten») mitzuwirken. Der Bund sprach einen Kredit von 71 Mio Fr. zugunsten einer internationalen Beistandsaktion für Portugal. Die Aktivitäten im Rahmen multinationaler Finanzhilfeoperationen trugen dazu bei, dass der Schweiz im Rat der Gouverneure des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank der Status eines Beobachters eingeräumt wurde [12].
 
[9] Vgl. SNB, Geschäftsbericht, 70/1977, S. 49 ff.; Gesch.ber.. 1977, S. 178; Mitteilung/Konjunkturfragen, Nr. 250, S. 13. Vgl. auch wf, Dok., 27/28, 4.7.77; 35, 29.8.77; Ww, 31, 3.8.77; 11, 15.3.78; Presse vom 28.9.77; TA, 228, 30.9.77; 3, 5.1.78; JdG, 238, 12.10.77; NZZ, 241, 14.10.77; Presse vom 21. und 22.12.77; gk 6, 2.2.78.
[10] Vgl. SNB, Geschäftsbericht, 70/1977, S. 45 und 80; NZZ, 170, 22.7.77; 98, 28.4.77; wf, Artikeldienst, 17, 24.4.78.
[11] Vgl. Mitteilungsblatt des Delegierten für Konjunkturfragen, 33/1977, S. 53 ff; SBG, Wirtschafts-Notizen, März 1977, S. 3 ff.; Februar 1978, S. 3 ff.; BaZ, 147, 2.7.77 ; 6, 7.1.78 ; 22, 23.1.78 ; TA. 227, 29.9.77 ; Bund, 248, 22.10.77; 5, 7.1.78; NZZ, 271, 18.11.77; 7, 10.1.78.
[12] Vgl. SNB, Geschäftsbericht, 70/1977, S. 13 und 20 ; Gesch.ber.,1977, S. 178 ; BBl, 1977,11, S. 1315 f.; 1978, I, S. 414 f. Vgl. auch R. Larre, «La situation monétaire internationale et la Suisse», in Revue économique et sociale, 35/1977, S. 169 ff.; H. Bachmann in Aussenwirtschaft, 32/1977, S. 6 ff. und 297 ff.; TA. 190, 17.8.77; 197, 25.8.77.