Année politique Suisse 1977 : Infrastructure, aménagement, environnement / Protection de l'environnement
Luftreinhaltung
Die wichtigsten Probleme des Umweltschutzes bilden weiterhin die Luftverunreinigung und der Lärm. Untersuchungen in Zürich ergaben geradezu alarmierende Resultate, lagen doch an verkehrsreichen Stellen die Schadstoffkonzentrationen beträchtlich über den in den USA zugelassenen Höchstwerten
[9]. Drastische und vor allem sofort wirksame Vorkehrungen gegen eine der Hauptquellen der Luftverschmutzung forderte die 1974 eingereichte Volksinitiative für die Verringerung der Motorfahrzeugabgase (sogenannte «
Albatros»-Initiative). Die Diskussion in den Räten zeigte, dass die materiellen Ziele des Begehrens zwar grösstenteils gutgeheissen werden, nicht aber der von den Initianten beantragte zeitliche Rahmen, welcher die sofortige Einführung der Massnahmen verlangte. Dies umsomehr, als der Bundesrat versprach, an seinem eigenen Zeitplan festzuhalten und ähnliche Grenzwerte bis 1982 einzuführen. Mit diesem Programm der Regierung sei auch gewährleistet, dass die Entwicklung der Schweiz im Gleichschritt mit derjenigen der Mehrheit der europäischen Länder verlaufe. Dem wurde von den Befürwortern entgegengehalten, dass es unserem Land besser anstehen würde, sich auf die Seite der Nationen zu stellen, welche bei der Bekämpfung der Motorfahrzeugabgase ein bedeutend schnelleres Tempo angeschlagen haben (Schweden, Japan und die USA)
[10]. Beim Souverän vermochten sich die Argumente der Initianten (sie wurden u.a. unterstützt von den Umweltschutzorganisationen, den Sozialdemokraten und dem Landesring) nicht durchzusetzen. Er lehnte das Begehren mit 1 157 368 Nein gegen 740 842 Ja ab; zustimmende Mehrheiten ergaben sich einzig in den beiden Stadtkantonen Genf und Basel-Stadt. Dass die Agglomerationsbewohner eine rasche Verminderung der Schadstoffemissionen für dringlicher halten als die weniger betroffene Landbevölkerung, zeigte auch die Annahme der Initiative in der Stadt Zürich, sowie eine nach der Abstimmung vorgenommene Meinungsumfrage
[11].
Mit der Reduktion des erlaubten Bleigehalts im Normalbenzin von 0,4 auf 0,15 g/1 auf Beginn des Jahres 1978 entsprach die Landesregierung einer vom Nationalrat verabschiedeten Motion. Dass sie allerdings den Bleigehalt des Superbenzins (welches einen Marktanteil von über 80% aufweist) aus produktions- und versorgungstechnischen Gründen nicht antastete, wurde nicht überall verstanden, hatte doch die Bundesrepublik Deutschland derartige Vorschriften ohne grössere Schwierigkeiten bereits 1976 eingeführt
[12].
Eine sinnvolle und einfache Massnahme zur Bekämpfung der Luftverunreinigung an der Quelle stellt das Obligatorium für die Ölfeuerungskontrolle dar. Der Nationalrat überwies eine entsprechende Motion Ganz (sp, ZH) jedoch nur als Postulat, weil Bundesrat Hürlimann versprach, diese Frage im Rahmen des neuen Umweltschutzgesetzes zu regeln. Nötig scheint eine bundesrechtliche Vorschrift auf jeden Fall zu sein; einer vor Jahren erlassenen Empfehlung des Amtes für Umweltschutz haben bisher nur acht Kantone Folge geleistet
[13].
Beängstigende Dimensionen nehmen die Auswirkungen der
Fluorausscheidungen der drei Aluminiumwerke im Wallis an. Neben den Schäden an den Früchtekulturen mussten nun auch Anzeichen für das Absterben von Wäldern (darunter auch der Pfynwald) konstatiert werden. Ein vielbeachteter Untersuchungsbericht von Naturschützern deckte nicht nur die Auswirkungen der Fluoremissionen auf, sondern wies auch darauf hin, dass in Ländern mit strengeren Umweltschutzgesetzen selbst die Werke der Alusuisse mit wirksameren Reinigungsanlagen ausgerüstet sind als im Wallis. Der Konzern (ihm gehören die Werke in Steg und Chippis) kündigte daraufhin an, dass er bis 1982 das modernere Werk Steg mit. der geforderten Trockenreinigungsanlage ausrüsten werde. In seiner Antwort auf eine Interpellation von Gabrielle Nanchen (sp, VS) bestätigte der Bundesrat die Verursachung gravierender Waldschäden durch die Fluorausscheidungen; um die Möglichkeiten der Verhinderung dieser Schäden genauer abzuklären, begnügte er sich einstweilen mit der Bildung einer Untersuchungskommission. Da für die Abgabe von Fluor an die Atmosphäre vorläufig noch keine gesetzlichen Vorschriften bestehen und die Grenzwerte für die Abgabe ins Wasser erst ab 1. Juli 1982 eingehalten werden müssen, gibt es nach Ansicht des Bundesrates keine rechtlichen Grundlagen, um gegen die Aluminiumfabriken vorzugehen
[14]. Unter dem Eindruck der Giftgaskatastrophe, welche sich im Vorjahr im italienischen Seveso ereignet hatte, wurde die Frage gestellt, ob eine wirksame Kontrolle über gefährliche Produktionsprozesse bei uns gewährleistet sei. Der Grosse Rat des Kantons Genf scheint davon nicht vollständig überzeugt zu sein, fordert er doch mit einer Standesinitiative eine Verschärfung der bestehenden Vorschriften
[15].
[9] H. U. Wanner, «Luftverunreinigung durch Motorfahrzeuge», in Plan, 34/1977, Nr. 6, S. 8 ff.
[10] Amtl. Bull. NR, 1977, S. 22 ff. und 936; Amtl. Bull. StR, 1977, S. 84 ff.; SPJ, 1976, S. 115. Befürworter: SGU, Bulletin, 1977, Nr. 2; BaZ, 195, 18.8.77.
[11] Presse vom 25.9.77; BBl, 1977, III, S. 924; Vox, Analyse eidgenössischer Abstimmungen, 25.9.77.
[12] Verordnung: AS, 1977, S. 2364 f. Motion der Nationalratskommission: Amtl. Bull NR, 1977, S. 33 f. Kritik: TA, 185, 11.8.77; BaZ, 313, 15.12.77; 327, 31.12.77.
[13] Amtl. Bull. NR, 1977, S. 984 f.; SPJ, 1976, S. 115 f. Bei den acht Kantonen handelt es sich um AG, AR, BL, BS, NE, SO, VD und ZH (NZZ, 247, 21.10.77).
[14] Schäden: NZZ, 48, 26.2.77; TA, 121, 26.5.77; 24 Heures, 199, 27.8.77; Amtl. Bull. NR, 1977, S. 1287 ff. Alusuisse: TLM, 252, 9.9.77; 265, 22.9.77. Bundesrat: Amtl. Bull. NR, 1977, S. 1289 ff.
[15] Verhandl. B. vers., 1977, V, S. 8; VO, 71, 29.3.77; NZZ, 106, 7.5.77. Vgl. auch SPJ, 1976, S. 39 und 116.
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