Année politique Suisse 1977 : Infrastructure, aménagement, environnement / Protection de l'environnement
 
Natur- und Heimatschutz
Zwecks einer besseren Berücksichtigung der Anliegen des Natur- und Heimatschutzes veröffentlichte der Bundesrat den ersten Teil des «Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler». Der schützenswerte Charakter der 65 auf die Liste aufgenommenen Gebiete muss von den Bundesbehörden bei ihren eigenen Aktivitäten berücksichtigt werden; dasselbe gilt auch für Vorhaben Dritter, welche vom Bund subventioniert werden. Für nichtsubventionierte Projekte von Kantonen, Gemeinden und Privaten kommt dem Inventar eine empfehlende Bedeutung zu. Bei diesem Verzeichnis handelt es sich um die formelle Anerkennung eines ersten Teils des bereits bisher von den Bundes- und diversen Kantonsbehörden als Entscheidgrundlage anerkannten Inventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung, welches von den grossen Natur- und Heimatschutzverbänden ausgearbeitet wurde (sog. KLN-Inventar) [18]. Den uneingeschränkten Schutz vor baulichen Veränderungen verlangte ein von Franz Weber unterstütztes waadtländisches Volksbegehren («Sauver Lavaux») für die Rebberge östlich von Lausanne. Obwohl die Regierung — wohl vor allem aus taktischen Gründen — einen viel allgemeiner gehaltenen Gegenvorschlag präsentiert hatte, fand die von den Linksparteien und der SVP unterstützte Initiative eine deutliche Zustimmung [19]. Schwer zu lösende Konflikte entstehen oft zwischen den Belangen des Landschaftsschutzes und dem Bestreben der Randgebiete, ihre wirtschaftliche Lage durch den Bau von touristischen Infrastrukturen und Kraftwerken zu verbessern. Gegen die rücksichtslose Zerstörung des Landschaftsbildes und des Pflanzenwuchses durch das Planieren von Skipisten bereitet der Bundesrat geeignete Massnahmen vor. Weniger Verständnis für die Erhaltung einer intakten Landschaft zeigt die Walliser Regierung: sie erteilte die Baubewilligung für den Hochgebirgsflugplatz bei Verbier und äusserte sich sehr positiv zum ebenfalls umstrittenen Projekt für einen Stausee am Fusse des Rhonegletschers [20].
Die Vertreter der Idee des Heimatschutzes hatten sich im Berichtsjahr an verschiedenen Orten für die Erhaltung schätzenswerter Bauten aus dem vorigen Jahrhundert einzusetzen. Am stärksten gefährdet ist die historische Bausubstanz in den Städten Genf und Basel; allerdings gelang es den Genfer Stimmbürgern, den Abbruch des in städtischem Besitz befindlichen Hotels Métropole zu verhindern. Weniger erfolgreich verlief der Kampf gegen die Zerstörung des bauhistorisch bedeutenden Geschäftshauses der Helvetia-Versicherung in St. Gallen; nach langen Auseinandersetzungen erhielt die Kantonalbank die Abbruchbewilligung [21].
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H.H.
 
[18] AS 1977, S. 1962 ff.; 24 Heures, 275, 25.11.77. Zum Schutz des Landschaftsbildes vgl. auch oben, Teil I, 6b (Routes nationales) und 6c (Raumplanung). Vgl. auch SPJ, 1967, S. 102 und M. Keller, Aufgabenverteilung und Aufgabenkoordination im Landschaftsschutz, Diessenhofen 1977. .
[19] TLM, 156-158, 5.-7.6.77; 164, 13.6.77 (64 836 Ja: 42 222 Nein); vgl. auch SPJ, 1973, S. 108, sowie unten, Teil II, 4 f.
[20] Allgemein zu diesem Konflikt: Bund, 222, 22.9.77. Skipisten: Amtl. Bull. NR, 1977, S. 746; Bund, 74, 29.3.77; P. Schmid, «Die Konzession für Luftseilbahnen als Mittel zur Einschränkung grossflächiger Skipistenplanien», in SFV-Informationen, 1977, Nr. 12.
[21] Genf: JdG, 281, 1.12.77. Basel: BaZ. 327, 31.12.77. Métropole: NZZ, 17, 21.1.77; TG. 31, 7.2.77; 37, 14.2.77. St. Gallen: TA, 116, 20.5.77; 192, 19.8.77; TAM, 44, 5.11.77. Zu den Protesten gegen die Zerstörung historisch gewachsener Stadtteile vgl. auch oben, Teil I, 6c (Raumplanung).