Année politique Suisse 1978 : Eléments du système politique / Droits, ordre public et juridique
 
Strafrecht
Im Rahmen seiner Massnahmen gegen den Terrorismus hatte der Bundesrat im Vorjahr auch eine Verschärfung des Strafrechts angekündigt. Bereits im Sommer lag ein Expertenentwurf vor, der für Freiheitsberaubung und Entführung eine strengere Ahndung androhte und Geiselnahme, Beteiligung an einer «kriminellen Gruppe», planmässige Vorbereitung schwerer Verbrechen sowie Aufforderung zur Gewalttätigkeit als neue Straftatbestände anführte. Insbesondere gegen einzelne dieser Erweiterungen des strafbaren Bereichs wurde da und dort Kritik geäussert [46]. Nach einer neuen Meinungsumfrage nehmen die Anhänger der Todesstrafe für Terroristen sichtlich überhand [47]. Trotzdem lehnte die vorberatende Nationalratskommission eine entsprechende Verfassungsänderung, wie sie V. Oehen (na, BE) vorgeschlagen hat, deutlich ab [48].
Eine Vermenschlichung des Strafvollzugs wird namentlich von zwei Berichten angestrebt, die sich auf Erhebungen in den Anstalten stützen. So untersuchte die Eidg. Justizabteilung, durch eine parlamentarische Anfrage veranlasst, die Zahl der Selbstmorde und den Gebrauch von Psychopharmaka. Es ergab sich eine weit grössere Suizidhäufigkeit als in der übrigen Bevölkerung und auch eine grössere als in den Anstalten der Nachbarländer; besonders gefährdet sind Insassen in Einzelhaft. Konsequenzen aus diesen Ergebnissen zu ziehen, blieb freilich den Kantonen überlassen. Mit dem Strafvollzug an Frauen befasste sich die Eidg. Kommission für Frauenfragen, wobei sie eine Petition weiblicher Häftlinge von 1977 zum Ausgangspunkt nahm. Sie verband ihre Bestandesaufnahme mit Verbesserungsvorschlägen, die hauptsächlich auf vermehrte Kontakt- und Ausbildungsmöglichkeiten hinzielen. Das von Bund und Kantonen im Vorjahr gestiftete Ausbildungszentrum für das Strafvollzugspersonal konnte nun den Betrieb aufnehmen [49].
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P.G.
 
[46] Entwurf: Presse vom 5.9.78; SPJ, 1977, S. 17. Kritik: BaZ, 231, 5.9.78; TA, 205, 5.9.78; TW, 231, 3.10.78; CdT 290, 18.12.78. Vgl. ferner TA, 209, 9.9.78; Tat, 209, 9.9.78.
[47] Im Juni sprachen sich 66% der Befragten für Todesstrafe bei Terroranschlag mit Mord aus (Pro, Nr. 8/9, Sept. 1978, S. 8 ff.). Im Oktober 1977 — unmittelbar nach der Ermordung des deutschen Wirtschaftsführers H.-M. Schleyer — hatten 62% eine entsprechende Frage zustimmend beantwortet (LNN, 281, 1.12.77); eine frühere Umfrage hatte noch eine negative Mehrheit ergeben (TG, ats, 235, 12.10.77).
[48] NZZ (sda), 197, 26.8.78. Vgl. SPJ, 1977, S. 17.
[49] Selbstmorde: BaZ (sda), 240, 15.9.78 ; TA, 237, 12.10.78 ; vgl. Einfache Anfrage Carobbio (pss, TI) (Amtl. Bull NR, 1978, S. 1472 f.). Frauen: Presse vom 22.11.78. Ausbildungszentrum: NZZ (sda), 35, 11.2.78; LNN, 161, 14.7.78; vgl. SPJ, 1977, S. 18.