Année politique Suisse 1978 : Eléments du système politique / Institutions et droits populaires
 
Volksrechte
Wieweit sich die 1977 beschlossenen Einschränkungen auf den Gebrauch der Volksrechte auswirken werden, ist noch nicht abzusehen. Im Berichtsjahr wurde nur ein einziges neues Volksbegehren eingereicht, während gegen drei Gesetze das Referendum zustandekam. Für 1980 ist aber wieder mit einer Steigerung zu rechnen, wurde doch im zweiten Halbjahr 1978 gleich für fünf Begehren die Unterschriftensammlung eingeleitet. Die den Stimmbürgern vorgelegten Gegenstände erreichten ein zweites Mal die Rekordzahl 14 (9 fakultative und 2 obligatorische Referenden, 3 Initiativen). Elf Volksbegehren waren zu Anfang des Jahres hängig gewesen; an seinem Ende warteten noch acht auf ihren Entscheid, dazu der Gegenvorschlag zu einem zurückgezogenen Begehren [20].
Von verschiedener Seite wurde versucht, das quantitativ eingeschränkte Initiativrecht durch Verfahrensänderungen aufzuwerten. Der Sozialdemokrat Muheim (LU) griff den Abstimmungsmodus bei Konkurrenz zwischen Initiative und Gegenentwurf wieder auf und beantragte, dass Befürworter eines Volksbegehrens sich für den Fall, dass dieses keine Mehrheit erlange, zugleich für den Gegenvorschlag äussern dürften, um einem doppelten Nein vorzubeugen [21]. Ein freisinniger Motionär wollte vermieden wissen, dass eine als allgemeine Anregung eingereichte Initiative bei unüberbrückbaren Differenzen der beiden Räte aus Abschied und Traktanden falle, wie es dem Münchensteiner Begehren für einen Zivildienst beinahe widerfahren wäre [22]. Auch für das fakultative Referendum wurde eine Erleichterung verlangt, jedoch erfolglos: mit knappem Mehr verwarf der Nationalrat einen Vorschlag, der die Sorge úm die Beglaubigung der Unterschriften der Bundeskanzlei überlassen wollte, um Zeit für die Sammelaktion zu gewinnen [23].
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P.G.
 
[20] Vgl. SPJ, 1977, S. 21 f.; Gesch. ber., 1978, S. 6 f. Neues Volksbegehren: vgl. unten, Teil I, 4c (Übrige tierische Produktion); Referenden: vgl. oben, Öffentliche Ordnung sowie unten, Teil I, 4c (Übrige tierische Produktion) und 8a (Formation professionnelle). Seit dem 1.7.1978 gilt die Befristung der Unterschriftensammlung für Initiativen auf 18 Monate. Zur Bedeutung der Volksinitiative vgl. H. Werder, Die Bedeutung der Volksinitiative in der Nachkriegszeit, Bern 1978 und J.-D. Delley, L'initiative populaire en Suisse, Lausanne 1978.
[21] Parlamentarische Initiative Muheim: Verhandl. B. vers., 1978, VII, S. 15 sowie Information des Sekretariats der Bundesversammlung; ferner SPJ, 1976, S. 23.
[22] Motion Friedrich (fdp, ZH), vom NR als Postulat überwiesen : Amtl. Bull. NR, 1978, S. 68 f. Vgl. SPJ, 1977, S. 53.
[23] Parlamentarische Initiative Soldini (rep., GE): Amtl. Bull. NR; 1978, S. 1039 ff. (63:52 Stimmen).