Année politique Suisse 1978 : Chronique générale / Politique étrangère suisse / Europa
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Beteiligung an internationalen Konferenzen
Waren es somit vorab bürgerliche Kreise, die der schweizerischen Beteiligung an internationalen Konferenzen mit gewissen Vorbehalten gegenüberstand, so kam die schweizerische Vertretung in der UNO-Kommission, die 1977 mit der Untersuchung der Tätigkeit der multinationalen Gesellschaften in der Dritten Welt betraut werden war, von links her unter Beschuss. Neben alt-Bundesrat Schaffner war Botschafter Jolles Zielscheibe der Vorwürfe, die von einem Versuch der schweizerischen Multis sprachen, die. UNO zu unterwandern, womit diese nicht nur ihren eigenen, sondern auch den Ruf der Schweiz ruinierten [20].
In seiner Antwort auf zwei diesbezügliche parlamentarische Vorstösse wies der Bundesrat die Anschuldigungen zurück. Schaffner sei nicht offizieller Vertreter der Schweiz gewesen, sondern von UNO-Generalsekretär Waldheim in das Gremium, das sich mit der Tätigkeit der Multis befasst, berufen worden. Da Waldheim Schaffners Status gekannt habe, sei der Vorwurf der Infiltration kategorisch abzulehnen. Der erwähnte Ausschuss habe zur Aufgabe gehabt, sich ein ausgewogenes Urteil über die Rolle und die Auswirkungen der Multis zu bilden, wozu es alle Meinungen brauche. Auch die Vorwürfe gegen Jolles wies der Bundesrat zurück. Die Beamten der Handelsabteilung hätten an den Beratungen der schweizerischen multinationalen Gesellschaften teilgenommen, um die Aktivitäten von internationalen Organisationen wie der OECD zu erläutern [21].
Nicht bloss auf Weltebene, sondern auch im engeren Bereich des westlichen und neutralen Europas mass der Bundesrat der Intensivierung der Beziehungen grosse Bedeutung zu. Der Chef des EPD besuchte nicht nur Wien und Rom und empfing den französischen wie auch den jugoslawischen Aussenminister, sondern er vereinbarte mit Österreich, es sollten in Zukunft allmonatlich gemeinsame Treffen der höchsten Beamten :stattfinden [22]. Auch mit Italien, zu dem das Verhältnis nicht mehr getrübt ist, wurden verstärkte Kontakte verabredet, während man mit Frankreich übereinkam, Mitte September ein Expertentreffen zur Vorberatung der Konferenz von Montreux durchzuführen und Abrüstungsfragen gemeinsam zu diskutieren [23]. Die Koordination stand ferner bei den verschiedenen Treffen Bundesrat Furglers mit den Innenministern Osterreichs, Italiens, der Bundesrepublik und später auch Frankreichs zur Besprechung der Terrorismusbekämpfung im Vordergrund [24].
Die schweizerische Beteiligung an den Europaratskonventionen wurde im Nationalrat einer kritischen Würdigung unterzogen. Während die meisten Redner für zustimmende Kenntnisnahme des Berichts des Bundesrates zur Motion Reiniger (sp, SH) plädierten und zusammen mit Bundesrat Aubert, dem Vorsteher des EPD, der Meinung waren, entscheidend sei nicht die Zahl der unterzeichneten Konventionen, sondern deren Bedeutung, wurde von verschiedener Seite doch die Frage aufgeworfen, ob die Schweiz mit der Unterzeichnung nicht manchmal allzu lange zuwarte [25]. Obwohl Bundesrat Aubert vor dem Parlament betonte, die Schweiz könne wegen ihrer föderativen und direkten Demokratie nicht alles übernehmen, was in Strassburg vorgeschlagen werde, zeigte sich auch hier, dass die schweizerische Regierung entschlossen war, eine raschere Gangart einzuschlagen. So unterzeichnete die Schweiz als erstes Land die 100. Europaratskonvention, in der es um Verwaltungsangelegenheiten geht. Dieses Novum wurde in der Presse auch gebührend beachtet [26].
 
[20] Vgl. Tat, 125, 2.6.78 ; TW, 126, 2.6.78 ; Vr, 126, 2.6.78 ; sowie W. Däpp in BaZ, 146, 2.6.78 und LNN, 125, 2.6.78. Ferner Einfache Anfrage Ziegler (sp, GE) in Amtl. Bull. NR, 1978, S. 1469 ff. wie auch Interpellation Jaeger (Idu, SG) in Verhandl. B.vers., 1978, III/IV, S. 37. Für die Antworten der Angeschuldigten vgl. LNN, 126, 3.6.78.
[21] Antwort des BR in Amtl. Bull. NR, 1978, S. 1469 ff. Vgl. auch SPJ, 1974, S. 70 f.
[22] NZZ, 122, 30.5.78; TA, 123, 31.5.78; 125, 2.6.78. Presse vom 12.7.78; vgl. auch NZZ, 207, 7.9.78.
[23] JdG, 193, 19.8.78. Es waren insbesondere der Abschluss des Doppelbesteuerungsabkommens sowie die Regelung der Grenzgängerbesteuerung, die zur Verbesserung des Verhältnisses zu Italien beitrugen. Vgl. Botschaft in BBI, 1978, I, S. 1454 ff.; Amtl. Bull. StR, 1978, S. 568 ff.; Amtl. Bull. NR, 1978, S. 1910 ff. sowie SPJ, 1976, S. 40.
[24] TA, 82, 10.4.78; NZZ, 112, 18.5.78.
[25] Amtl. Bull. NR, 1978, S. 356 ff.; Amtl. Bull. StR, 1978, S. 413 ff.
[26] Presse vom 29.3.78.