Année politique Suisse 1978 : Chronique générale / Politique étrangère suisse / Aussenwirtschaftspolitik
Auf geteilte Aufnahme stiess ein exportwirtschaftliches Begehren, dessen offene Lancierung und dessen breite Unterstützung die politische Klimaveränderung seit den frühen siebziger Jahren deutlich zum Ausdruck bringen: Im Einverständnis mit der absoluten Mehrheit aller Bundesparlamentarier reichten Nationalrat Friedrich (fdp, ZH) und Ständerat Herzog (svp, TG) zwei gleichlautende Motionen ein, die — nicht zuletzt mit dem Argument der Arbeitsplatzsicherung — eine Lockerung der Vorschriften für die schweizerische Waffenausfuhr verlangen
[65]. Danach wären z.B. gepanzerte Transportfahrzeuge von der Unterstellung unter das Kriegsmaterialgesetz auszunehmen, und der Begriff der Spannungsgebiete, nach denen Waffenexporte verboten sind, müsste auf dem Verordnungswege neu und enger umschrieben werden. Die Linke protestierte gegen eine solche Forderung und geisselte eine vordergründige Verwendung des Arbeitsplatzargumentes als zynische Entgleisung bürgerlicher Doppelmoral. Im Vorfeld der Abstimmung über die Waffenausfuhrverbotsinitiative vom Herbst 1972 sei eine restriktive Auslegung des Kriegsmaterialgesetzes versprochen worden, und der Bundesrat habe sich zunächst auch einer zurückhaltenden Bewilligunspraxis befleissigt; inzwischen sei aber der Waffenexport auf mehr als den doppelten Umfang angestiegen (1977: 513 Mio Fr. oder 1,3 % der Gesamtausfuhr), weshalb eine weitere Liberalisierung auf diesem Gebiet nicht hingenommen werden könne. Vielmehr müsse man die Waffenverkäufe ins Ausland einschränken, nötigenfalls mit Hilfe einer neuen Volksinitiative
[66].
Angesichts der turbulenten Entwicklung im Iran erntete der Bundesrat verschiedentlich den Vorwurf, er habe während Jahren die politische Lage in diesem Land falsch eingeschätzt und es trotz deutlicher Warnungen unterlassen, gegen schweizerische Waffenlieferungen vom Werte einer halben Mia Fr. in ein brisantes Krisengebiet rechtzeitig einzuschreiten
[67]. Er zog auch vehemente Proteste auf sich, weil er gegen den Verkauf von Pilatus-Portern an Diktaturregimes nichts einzuwenden fand, obwohl diese zwar unbewaffneten Maschinen von der Herstellerfirma, den zum Bührle-Konzern gehörenden Flugzeugwerken in Stans, selbst immer wieder als Kriegsflugzeuge angepriesen worden waren; dem Kriegsminister Argentiniens unterstellte Polizeipiloten durften sogar in einem Trainingslager im Wallis auf diese Flugzeuge eingeschult werden, sie mussten allerdings für den zweiten Teil ihres Aufenthaltes in der Schweiz auf das Tragen argentinischer Uniformen verzichten
[68].
Eine Motion Ziegler (sp, GE), die schweizerischen Waffenschmieden und Waffenhändlern die Umgehung des Kriegsmaterialgesetzes über Lizenzvergabe oder Tochterfirmen im Ausland sowie über andere bisher legale Praktiken des Dreiecksgeschäfts verunmöglichen oder wenigstens erschweren wollte, wurde im Nationalrat mit grossem Mehr abgelehnt. Der Bundesrat hatte seine negative Haltung gegenüber diesem Vorstoss mit juristischen Bedenken begründet, obwohl entsprechende Vorbehalte ein halbes Jahr zuvor bei einer ähnlich gelagerten Verordnung bezüglich des Dreieckshandels mit Südrhodesien nicht ins Gewicht gefallen waren
[69].
[65] Verhandl. B.vers., 1978, V/VI, S. 38 und 63. Vgl. auch NR Friedrich in Ldb, 241, 18.10.78 und in NZZ, 244, 20.10.78 sowie NR Matossi (svp, TG) in Ldb, 253, 1.11.78 und StR Jauslin (fdp, BL) in BaZ, 297, 21.11.78.
[66] Vgl. NR Euler (sp, BS) in BaZ, 68,21.3.78 und NR Gerwig (sp, BS) in BaZ, 273, 24.10.78. Vgl. ferner Presse vom 20.1.78; BaZ, 22, 23.1.78; TLM, 302, 29.10.78; Vr, 260-261, 6.-7.11.78; TA, 49, 28.2.79.
[67] Verhandl. B.vers., 1978, V/VI, S. 32 (Interpellation Braunschweig, sp, ZH); BaZ, 218, 21.8.78; 241, 16.9.78 ; 256, 4.10.78 ; LNN, 233, 7.10.78. Vgl. auch Amtl. Bull. NR, 1978, S. 1482 f. (Einfache Anfragen Ziegler, sp, GE, und Carobbio, psa, TI).
[68] Vgl. 24 Heures, 17, 22.1.78; TW, 19, 24.1.78; BaZ, 25, 26.1.78. Vgl. auch Amtl. Bull. NR. 1978, S. 1014 (Einfache Anfrage Ziegler, sp, GE).
[69] Vgl. Amtl. Bull. NR. 1978, S. 968 ff.; vgl. auch Presse vom 3.5.78, 24.6.78 und 20.7.78; BaZ, 145, 1.6.78 Vgl. ferner Verhandl. B. vers., 1978, III/IV, S. 30 f. (Motion Carrobio, psa, TI) und SPJ, 1977, S. 38 ff.
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