Année politique Suisse 1978 : Chronique générale / Défense nationale / Landesverteidigung und Gesellschaft
print
Armeeleitbild 80
Da sich die erste Halbzeit für die Verwirklichung des Armeeleitbildes 80 dem Ende zuneigt, beginnt man sich in der Verteidigungspolitik bereits mit der Planung über 1985 hinaus zu beschäftigen. An einem Informationstag der Militär- und Sicherheitsausschüsse der Bundesratsparteien kündigte Generalstabschef H. Senn einen neuen Leitbild-Bericht auf 1983 an. Als Schwerpunkte des weiteren Ausbaus der Armee nannte er vor allem die Ausrüstung der Kampfregimenter mit gefechtsfeldbeweglichen (gepanzerten) Panzerabwehrwaffen, die Bildung einer luftmobilen und einer mechanisierten Armeereserve sowie die Erhöhung der Gegenschlagkapazität in den Feldarmeekorps. Damit bekundete er das Bestreben, in der militärischeh Verteidigungskonzeption die Komponente der Beweglichkeit stärker zu betonen. Er äusserte sich aber weit zurückhaltender als der Publizist G. Däniker, der die erhöhte Beweglichkeit durch Aufstellung einer ständigen Bereitschaftstruppe aus mechanisierten oder luftmobilen Verbänden erreichen will und dabei die Voraussetzungen der Konzeption 66 in Frage stellt [12]. Eher in die Richtung einer Raumverteidigung zielte der Kommandant des Gebirgsarmeekorps, G. Reichlin, indem er sich gegen die vom Armeeleitbild 80 vorgesehene Gewichtsverlagerung auf die Feldarmeekorps wandte, weil ein langdauernder Widerstand nur im Alpenraum denkbar sei. Dass Korpskommandant Reichlin in der Landesverteidigungskommission nicht gegen das Armeeleitbild Stellung genommen hatte, sondern seine Kritik am geplanten Abzug von Truppenkörpern aus der Gebirgsarmee erst hinterher und öffentlich, akzentuiert durch einen vorzeitigen Rücktritt, äusserte, wirkte schockierend. Der Fall ist damit im Zusammenhang zusehen, dass die Knappheit an Finanzen und Mannschaft zur Setzung von Prioritäten zwingt und dadurch Konzepte, die auf die Verbindung verschiedenartiger Grundhaltungen angelegt sind, auf eine Belastungsprobe stellt [13].
 
[12] H. Senn : NZZ (sda), 271, 21.11.78; NZZ, 11, 15.1.78. Vgl. dazu G. Däniker, «Die Schweizer Armee der 90er Jahre», Beilage zu ASMZ, 144/1978, Nr. 11. Vgl. SPJ, 1978, S. 47.
[13] Kritik : Vat., 262, 11.11.78. Rücktritt: LNN. 254, 2.11.78; TA, 256, 3.11.78. Vgl. dazu TA. 257, 4.11.78 (H. Senn) ; Vat., 274, 25.11.78.Nachfolger als Chef des Gebirgsarmeekorps wurde E. Franchini, womit erstmals ein Tessiner das Kommando eines Armeekorps erhielt und zugleich die romanische Schweiz wieder einen zweiten Vertreter in der neunköpfigen Landesverteidigungskommission (BaZ, 293, 16.11.78 ; CdT, 264. 16.1 1.78 ; NZZ. 267, 16.11.78 sowie SPJ, 1977, S. 51 f.).