Année politique Suisse 1978 : Chronique générale / Défense nationale
Rüstung
Auf dem Gebiet der Rüstung stand die
Panzerabwehr weiterhin im Vordergrund. Im Rüstungsprogramm 1978 überwiegen deshalb die Aufwendungen für Panzer und Abwehrlenkwaffen. Die Übernahme einer vierten Serie des Schweizer Panzers 68 soll es erlauben, die noch mit dem Typ Centurion ausgerüsteten Gegenschlagsbataillone mit einem moderneren Modell zu versehen und ein Absinken des gesamten Panzerbestandes nach dem Ausscheiden der Leichtpanzer 51 zu vermeiden. Einer weiteren Verstärkung der Panzerabwehr auf Bataillonsstufe dient die Erwerbung einer zweiten Serie der amerikanischen Drahtlenkwaffe Dragon; sie wird es ermöglichen, einheitlich ausgestattete Lenkwaffenkompanien zu bilden. Damit ist freilich für das auf Kompaniestufe verwendete Raketenrohr 58 noch kein Ersatz geschaffen. Versuche mit ausländischen Produkten, die nach Preisgabe des Projekts «Nora» durchgeführt wurden, haben ergeben, dass diese die ab 1985 auf dem Kampffeld zu erwartende Schicht- oder Schottpanzerung nicht zu durchschlagen vermögen. Ein dritter Hauptposten des Rüstungsprogramms soll die schwindenden Reserven des Sturmgewehrs 57 auffüllen, um sie noch über die Mitte der 80er Jahre hinaus zu erstrecken
[14]. Der Gesamtkredit von 723 Mio Fr. wurde von beiden Räten genehmigt; im Unterschied zum Vorjahr opponierte nur die äusserste Linke
[15].
Wird auch der
Kampfpanzer der 90er Jahre ein schweizerisches Erzeugnis sein? Die einheimische Rüstungsindustrie, die private wie die staatliche, die schon die Panzer 61 und 68 entwickelt hat, wünscht es, wobei sie von ihren Arbeitnehmern unterstützt wird. Skeptisch äussert sich weiterhin die Spitze der Armee. Generalstabschef H. Senn wandte sich dagegen, dass die knappen Rüstungskredite zur Erhaltung schweizerischer Produktionsbetriebe eingesetzt würden, wenn aus dem Ausland wesentlich billigere Offerten vorlägen. Das EMD hatte Ende 1977 dem Bundesrat beantragt, für die Fortsetzung der 1975 begonnenen Studien für eine Eigenentwicklung höhere Kredite zu gewähren
[16]. Nachdem die bisherigen Arbeiten von den Eidg. Konstruktionswerkstätten in Thun geleitet worden waren, bewarb sich im Juni eine Gruppe der schweizerischen Maschinenindustrie um die Übernahme der Regie, wobei sich die Firma Contraves (Bührle) als Generalunternehmerin anbot. Der Bundesrat schaltete Anfang Juli eine einjährige Konkurrenzphase ein: einerseits sollte Contraves Entscheidgrundlagen für eine Eigenentwicklung bereitstellen, anderseits das EMD die Beschaffungsmöglichkeiten im Ausland abklären, wobei auf eine Mitwirkung schweizerischer Firmen Wert gelegt wurde. Von einer gemeinsamen Produktion mit sterreich war nur sehr unbestimmt die Rede, da Wien sich vor dem Entscheid des Bundesrates über den einzuschlagenden Weg nicht binden will
[17]. Die Firma Contraves erhielt auch den Auftrag, einen Fliegerabwehrpanzer für den Schutz der mechanisierten Verbände zu entwickeln
[18]. Ein weiterer Entwicklungsauftrag an einheimische Produktionsstätten betrifft ein leichteres Sturmgewehr mit kleinerem Kaliber. Bedenken, die neuen Geschosse könnten schwerere Verletzungen bewirken, erklärte der Bundesrat für unbegründet
[19].
[14] Rüstungsprogramm: BBI,1978, 1, S. 557 ff.; vgl. Presse vom 14.3.78. Raketenrohr: NZZ (sda), 156. 8.7.78; vgl. SPJ. 1976, S. 50; 1977. S. 30 sowie NZZ, 269, 18.11.78; 290, 13.12.78.
[15] Amtl. Bull. StR, 1978, S. 328 ff.; Amtl. Bull. NR. 1978, S. 1043 ff. Vgl. SPJ, 1977, S. 50.
[16] Ww, 6, 8.2.78 ; 28, 12.7.78 ; NZZ. 118, 25.3.78 ; 135, 14.6.78 ; 155, 7.7.78. Arbeitnehmer: gk. 21, 1.6.78 (Eingabe des Schweiz. Metall- und Uhrenarbeitnehmerverbandes an den BR). Vgl. dazu H. Senn, «Rüstungsbeschattung aus militärischer Sicht», in SAMS-Informationen, 2/1978. Nr. 2, S. 77 ff. Der BR entschloss sich im Frühjahr zur Beschaffung der 1977 zurückgestellten österreichischen Geländelastwagen, nachdem man eine Endmontage in der Schweiz hatte vereinbaren können, obwohl sich das Produkt dadurch verteuerte (Presse vom 23.3.78 ; vgl. SPJ, 1977, S. 30). Ober eine konjunkturpolitisch motivierte Beschaffung von Militärtrikots vgl. BBl, 1978, 11, S. 1387 u. 1432; Amtl. Bull NR 1978, S. 1689 ff.
[17] Maschinenindustrie: TA. 138, 17.6.78. Bundesrat: Presse vom 6.7.78. Österreich: NZZ. 215, 16,9.78: Bund. 221, 21.9.78.Oberdies bestätigte Wien offiziell seinen Verzicht auf die Anschaffung von Panzern 68 (Presse vom 16.3.78; vgl. SPJ, 1977, S.30). Auch mit Schweden konnte keine engere Rüstungszusammenarbeit vereinbart werden (Presse vom 15.4.78; NZZ. 253, 31.10.78).
[18] TA, 124, 1.6.78; NZZ (sda), 190, 18.8.78.
[19] Vgl. NZZ, 61,14.3.78 ; B. Dönni in ASMZ, 144/ 1978, S. 233. Bedenken : Interpellation Jaeger (ldu, SG) im NR (Amtl. Bull. NR, 1978, S. 1081 f.); vgl. BaZ, 123, 9.5.78.
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