Année politique Suisse 1978 : Economie / Crédit et monnaie
Banken
Die
Banken vermochten im Berichtsjahr zwar ihre Umsätze zu steigern, verzeichneten aber — u.a. aufgrund einer härter werdenden Konkurrenz im Kreditgeschäft — einen Rückgang ihrer ausgewiesenen Gewinne
[18]. Dass die drei Grossbanken alle einen gegenüber dem Vorjahr um 6% verminderten Reingewinn deklarierten, rief der Vermutung, sie hätten ihre Bilanzgestaltung aus politischen Gründen gegenseitig abgesprochen
[19]. Infolge der sehr hohen Gewinne trotz der Rezession der letzten Jahre und infolge der publik gewordenen Skandale hat sich das politische Klima für die Banken in der Tat verschlechtert
[20].
Von sozialdemokratischer Seite sahen sie sich in zweierlei Hinsicht unter Druck gesetzt: Einerseits verlangte die
SPS, dass bei der Bundesfinanzreform, über die wir in anderem Zusammenhang informieren, auch der Bank- und Finanzbereich stärker zur Kasse gebeten werde
[21]. Sie präsentierte verschiedene Vorschläge (Erhöhung der Verrechnungssteuer und Einbezug ihr bisher nicht unterstellter Anlageformen wie ausländischer Obligationen, Notes, Eurobonds und Treuhandgelder, Erhebung einer Devisenumsatzsteuer und Wiedereinführung der Couponsteuer), denen die Nationalbank noch weitere hinzufügte (u.a. die Besteuerung der in den Bankdepots liegenden Wertschriften); der Bundesrat wurde mit einer Motion verpflichtet, diese Vorschläge zu überprüfen und dem Parlament bis Ende 1979 eine allfällige Vorlage zu unterbreiten. Andererseits lancierten die Sozialdemokraten im Herbst eine am Basler Parteitag beschlossene
Banken-Initiative, die das Bankgeheimnis überall dort zu lockern verlangt, wo es zur Prellung des Staates (Steuerhinterziehung) oder zur Verweigerung der Rechtshilfe (Flucht- und sogenannte Schmutzgelder aus dem Ausland) missbraucht wird. Zudem sieht diese Initiative eine Publizitätspflicht der Banken und eine Versicherungspflicht für Spareinlagen sowie die Möglichkeit vor, die Machtstellung der Geldinstitute auf dem Wege der Gesetzgebung zu begrenzen
[22]. Obwohl von linker Seite am systemverändernden oder gar systemüberwindenden Charakter dieser Initiative gezweifelt wurde
[23], bekundeten die Banken etwelche Nervosität in der Bekämpfung dieses Vorstosses und schickten sich an, ihr in weiten Kreisen angeschlagenes Image publizistisch aufzubessern
[24].
Das zentrale Angriffsziel der sozialdemokratischen Vorstösse bildeten aber nicht eigentlich die Banken selbst und schon gar nicht deren privatwirtschaftliche Organisation; vielmehr stand der überdimensionierte
Finanzplatz Schweiz mit seiner grossen Attraktivität für ausländische Gelder und mit seinen Auswirkungen auf Wechselkurs und Arbeitsplätze im Schussfeld der Kritik. Während die Banken, unterstützt von den Interessenverbänden der Wirtschaft, die volkswirtschaftlich nützliche Funktion des effizienten Finaniplatzes und der in der Welt einzigartigen Ausgestaltung des Bankgeheimnisses betonten
[25], gab die Linke zu bedenken, dass die Anziehungskraft unserer streng gehüteten Tresore für Spekulationsgeschäfte und für Fluchtgelder, die nicht zuletzt auch im Entwicklungsprozess der Dritten Welt dringend benötigt würden, das Ansehen unseres Landes schädige und über die Aufwertung des Frankens den Werkplatz Schweiz gefährde
[26].
[18] Vgl. SKA, Bulletin, 84/1978, Nr. 12, S. 35 ff. ; TA, 53, 5.3.79 ; NZZ, 54, 6.3.79. Vgl. ferner Wirtschaft und Recht, 30/1978, Heft 2 (Sonderheft «Schweizer Banken im Spiegel von Wirtschaft und Politik»); B. Müller, «Où va la banque suisse?», in Revue économique et sociale, 36/1978, S. 141 ff.; TAM, 8, 25.2.78; Ww, 10, 7.3.79.
[19] Vgl. Bilanz, 1979, Nr.4, S.9; Vr, 81, 5.4.79.
[20] Zu den Nachwirkungen des Chiasso-Skandals der SKA vgl. Amtl. Bull. NR, 1978, S. 591 ff. (Interpellation Hubacher, sp, BS) und 606 f. (Einfache Anfragen Biel, ldu, ZH, Gerwig, sp, BS und Grobet, sp, GE). Vgl. auch SPJ. 1977, S. 68 f. und SKA, Bulletin, 85/1979, Nr. 3, S. 20 ff.
[21] Vgl. R. H. Strahm / J.-N. Rey, Dossier SPS: Bundesfinanzen, Bern 1979 und NR Schmid, sp, SG in SP-Information, 36, 26.7.78. Vgl. auch unten, Teil I, 5 (Weitere steuerliche Massnahmen).
[22] Banken-Initiative: vgl. R. H. Strahm, Bildungsdossier Banken, Bem 1978 (SPS); ders., «Banken-Missstände drängen zur Tat» und A. Gross, «Bankeninitiative — Anstoss zur Überwindung eines wirtschaftspolitischen Notstandes», in Profil, 57/1978, S. 135 ff bzw. 140 ff. Bankgeheimnis: vgl. Reformatio, 27/1978, Heft 3. Steuerhinterziehung: vgl. Verhandl. B.vers., 1978, III/IV, S. 41f. (Interpellation Müller, sp, BE) sowie unten, Teil I, 5 (Weitere steuerliche Massnahmen). Sparerschutz: vgl. Amtl. Bull. NR, 1978, S. 1379 ff. (Motion Schatz, fdp, SG) und M. Lusser, «Versicherung der Bankeinlagen», in Schweiz. Bankverein, Der Monat, 1978, Nr. 5, S. 19 ff.
[23] Vgl. W. Kriescher, «Zittern die Gnomen?», in Profil, 57/1978, S. 145 ff. Vgl. auch unten, Teil III a (Sozialdemokratische Partei).
[24] Vgl. Schweiz. Bankiervereinigung, Starke oder schwache Banken Z Basel 1979; SKA, Bulletin, 84/1978, Nr. 5-6, S. 3; J. Boller in Schweiz. Bankverein, Der Monat. 1978, Nr. 10, S.19 ft. Vgl. ferner SBG teilt mit. Informationen und Meinungen, Nr. 1-17 (auch als Inserate in vielen Tageszeitungen).
[25] Vgl. Schweiz. Bankverein, Der Finanzplatz Schweiz, Basel 1978 ; O. Aeppli, Frankenkurs und Kapitalverkehr, Zürich 1979 (SKA); P. Eberhard, «Die Scheinalternative. Zur Diskussion Finanzplatz/Werkplatz», in Schweizer Monatshefte, 59/1979, S. 95 ff.; NZZ, 214, 15.9.78; 247, 24.10.78 (Sonderbeilage «Finanzplatz Schweiz») ; wf, Dok., 46, 13.11.78. Vgl. auch BR Honegger, « Leistung und Verantwortung in der Wirtschaft», in Documenta, 1978, Nr. 5, S. 32 ff.
[26] Vgl. SPS, Finanzplatz gegen Werkplatz, Bern 1978; SP-Information, 39-40, 13.9.-5.10.78; Verhandl. B. vers., 1978, VII, S. 48 f. (Interpellation Schmid, sp, SG) ; Vr, 279, 28.11.78 ; 283, 2.12.78 ; Focus, 102, Dezember 1978, S. 10 f. Verschuldung der Entwicklungsländer: vgl. U. Haymoz, Finanzplatz Schweiz und Dritte Welt, Basel 1978; R. Duttweiler, Internationale Investitionsfinanzierung und Zahlungsbilanz, Diessenhofen 1978; Aussenwirtschaft, 33/1978, Heft I/II («Internationale Verschuldung»).
Copyright 2014 by Année politique suisse
Ce texte a été scanné à partir de la version papier et peut par conséquent contenir des erreurs.