Année politique Suisse 1978 : Infrastructure, aménagement, environnement / Sol et logement
 
Mietwesen
Auf dem Gebiet des Mietwesens wurden die Hypothekarzinssenkungen zum Politikum. In einer Einfachen Anfrage stellte Nationalrat Hubacher (sp, BS) die Behauptung auf, die Mieter zahlten eine Milliarde zuviel, da die Mieten trotz sinkenden Hypothekarzinsen und 50 000 leeren Wohnungen nicht niedriger würden [37]. In seiner Antwort bestätigte der Bundesrat, die Mietzinse folgten den Zinssenkungen nur zögernd. Immerhin sei festzuhalten, dass der Mietindex zum erstenmal seit 35 Jahren eine erfreuliche Beruhigung zeige [38]. Die verschiedenen Hypothekarzinssenkungen führten dazu, dass der Mietindex im November 1978 im Verhältnis zum Mai einen Rückgang von 0,5% aufwies, bei den neuen Wohnungen sogar einen solchen von 1,1%, nachdem vom Mai 1977 bis Mai 1978 noch eine Steigerung von 0,4% zu verzeichnen gewesen war [39].
In der Hypothekarzinsdiskussion beriefen sich die Hauseigentümer darauf, Hypothekarsatz und Wohnungsmieten seien keine siamesischen Zwillinge. Während sich der Hypothekarzins auf dem Kapitalmarkt bilde, spiegle der Wohnungspreis die Situation auf dem Wohnungsmarkt. Ohne die Übernachfrage nach Wohnungen hätten die Vermieter die steigenden Hypothekarzinsen nicht überwälzen können [40]. Nationalrat Müller (sp, BE) wies diese Argumentation zurück, da sie den Mieter beide Male benachteilige, indem sich die Vermieter einmal auf die Kosten, danach auf den Wohnungsmarkt beriefen [41]
Da der Preisüberwachungsbeschluss, auf Grund dessen die ganze Schweiz dem Mieterschutz unterstellt war, Ende 1978 auslief, musste der Bundesrat die Gemeinden, für welche die Schutzbestimmungen weiterhin gelten sollten, neu bezeichnen. Er tat dies in einer Verordnung, die sich auf den Bundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen von 1972 stützt. Diesem Beschluss zufolge ist die Wohnungsnot Entscheidungskriterium für die weitere Unterstellung einer Gemeinde. Der Bundesrat traf die Auswahl durchwegs gemäss den Anträgen der Kantone. Während das Gebiet der Kantone Genf, Neuenburg, Tessin, Appenzell Ausserrhoden, Basel-Stadt, Zug, Freiburg, Glarus, Obwalden, Schwyz und Uri weiterhin vollständig unter Missbrauchsgesetzgebung steht und der Kanton Appenzell Innerhoden davon ganz ausgenommen ist, sind in den andern Kantonen nur noch einzelne Gemeinden davon betroffen. Von Mietern und Vermietern wurde bemängelt, es sei kein einheitliches Kriterium angewandt worden [42].
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J.K.
 
[37] Amtl. Bull. NR, 1978, S. 413; vgl. auch Einfache Anfrage Grobet (sp, GE): Amtl. Bull. NR, 1978, S. 1474 f.
[38] NZZ, 25, 31.1.78.
[39] Die Volkswirtschaft, 51/1978, 5.673 ff.
[40] wf, Dok.. 27, 3.7.78.
[41] TW, 154, 5.7.78.
[42] AS, 1978, S. 1960 ff. Eine Motion Muheim (sp, LU) verlangte Unterstellung aller Gemeinden der Schweiz mittels eines Dringlichen Bundesbeschlusses. Der BR obsiegte mit 80 zu 37 Stimmen mit seinem Antrag auf Ablehnung der Motion. Vgl. AmtL Bull. NR, 1978, S. 1308 ff.