Année politique Suisse 1979 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
 
Äussere Linke
Auf der äussersten Linken machten die Bestrebungen für ein engeres Zusammengehen Fortschritte. Nach dem Fehlstart mit einer Ferieninitiative im Vorjahr gelang nun im Februar die gemeinsame Lancierung eines Volksbegehrens für die Sicherung der Arbeitsplätze durch die Partei der Arbeit (PdA), die Progressiven Organisationen (POCH) und die Autonomen Sozialisten des Tessins (PSA). In der Folge vereinbarten die beteiligten Parteien fast in allen Kantonen, wo sich mehr als eine von ihnen um Nationalratssitze bewarb, Listenverbindungen. Anfang Oktober veröffentlichten sie zusammen eine Wahlerklärung, in der neben der Vollbeschäftigung sozialere Steuern, Lebensqualität und Umweltschutz sowie Volksentscheide über Atomkraftwerke im Vordergrund standen [39]. Nach dem erfolgreichen Wahlausgang und der Vereinigung ihrer sieben Vertreter in ein und derselben Nationalratsfraktion sahen sie monatliche Besprechungen über eine gemeinsame Politik vor [40].
Die Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Gruppen gingen freilich weiter. Der Hauptstreitpunkt war das Verhältnis zur SP und zum Schweizerischen Gewerkschaftsbund. Während die PdA für eine Zusammenarbeit plädierte, um die verbreitete politische Resignation in der Arbeiterschaft zu überwinden und die klassenkämpferischen Kräfte in den traditionellen Arbeiterorganisationen zu stärken, entgegnete man auf seiten der POCH, die kommunistische Linke werde für die SP erst dann ein ernst zu nehmender Partner, wenn sie eine breitere Basis besitze; als Frucht der 68er Bewegung glaubte sie in verschiedenen neuen Strömungen (Atomkraftwerkgegner, Feministinnen, Oppositionsgruppen der Gebirgskantone) das erforderliche Potential finden zu können. Zugleich wollte man in der POCH den innerkommunistischen Pluralismus nicht allzu rasch preisgeben. Allein in Basel vereinbarten die beiden Kantonalparteien, bereits innert vier Jahren eine Fusion organisatorisch vorzubereiten [41].
Die PdA zeigte sich bestrebt, die von behördlicher Seite an ihrer Legalität geäusserten Zweifel zu zerstreuen. An der nationalen Parteikonferenz im zürcherischen Regensdorf, die im Mai das Wahlprogramm diskutierte, verurteilte Generalsekretär Magnin die Gewalt als Mittel der Politik, und ein Antrag, sich für den Fall bürgerlicher Gewaltanwendung entsprechende Methoden vorzubehalten, drang nicht durch. Ausserdem wurde — gegen deutschschweizerische und tessinische Opposition — für die Umwandlung des Eigentums an den Produktionsmitteln der Grundsatz der Selbstverwaltung aufgenommen [42].
Ausserhalb der Vereinbarungen über eine Zusammenarbeit der kommunistischen Parteien blieb die Revolutionäre marxistische Liga (RML); ihre ideologische Position wurde als zu abweichend gewertet. Gewerkschaftliche Aktivitäten ihrer Mitglieder, vor allem in der welschen Schweiz, führten überdies zu Spannungen mit der Leitung des VPOD [43].
 
[39] Initiative: Presse vom 10.2.79; vgl. oben, Teil I, 7a (Marché du travail). Listenverbindungen: NZZ (ddp), 158. 11.7.79; Bundesamt für Statistik, Nationalratswahlen 1979, Wahlvorschläge. Bem 1979, S. 32 ff. Wahlerklärung: VO, 189, 3.10.79. Diese Erklärung wurde auch von der Partei der autonomen Sozialisten des Südjuras (PSASJ) unterzeichnet, die sich nach der Kantonstrennung aus separatistischen Sozialdemokraten gebildet hatte (VO, 37, 23.2.79 ; vgl. auch TLM, 147. 27.5.79). Zur Ferieninitiative von 1978 vgl. SPJ, 1978, S. 175.
[40] VO, 231. 30.11.79. Vgl. oben Teil I, 1e (Résultat des élections au Conseil national).
[41] PdA: Vorwärts, 8, 22.2.79; VO, 442, 2.3.79. POCH: N. Scherr in Positionen, Nr. 21/22, April/Mai 1979, S. 33 ff.; LNN, 145. 26.6.79. Basel: Vorwärts, 8, 22.2.79.
[42] PdA, Politisches Aktionsprogramm der Partei der Arbeit der Schweiz, 1979 ; vgl. dazu LNN. 122, 28.5.79 ; TA, 121, 28.5.79 ; 24 Heures, 122, 28.5.79 ; Vorwärts, 22, 31.5.79. Vgl. ferner oben, Teil I, 1b (Menschenrechte). Der Vorbehalt für den Fall bürgerlicher Gewaltanwendung steht noch in den Programmthesen Was will die Partei der Arbeit der Schweiz? Zürich 1971, S. 34.
[43] Position: VO, 28, 12.2.79; vgl. dazu RML, Was will die RML? Zürich 1979; F. Osterwalder in U. Haldimann (Hrsg.), Sozialismus in der Schweiz? S. 159 ff. Nur in BS und SH erhielt die RML Gelegenheit zur Listenverbindung (Bundesamt für Statistik, Nationalratswahlen 1979, Wahlvorschläge, S. 34; Bresche, 142, 10.9.79). VPOD: vgl. unten, Teil III b (Arbeitnehmer).