Année politique Suisse 1979 : Eléments du système politique
Structures fédéralistes
Une commission d'étude de DFJP émet des suggestions pour une nouvelle répartition des tâches entre Confédération et cantons — Le Parti libéral propose la création d'une « Chambre des concordats» — Les essais en matière de réaménagement communal se heurtent, dans certains cantons, à des oppositions — Annulation de la fête prévue à l'occasion de la fondation du canton du Jura en raison des craintes suscitées par d'éventuelles représailles à l'encontre du conseiller fédéral Furgler — Irritations dans le canton de Berne à l'égard de la manifestation du groupe Bélier à Tramelan — Incidents à mettre en relation avec le congrès des minorités francophones organisé à Delémont — L'association de droit public des communes du Jura bernois se met au travail— Les citoyens de Bâle-Ville se prononcent de justesse en faveur du principe du rattachement du Laufonnais— Le Conseil fédéral indique que la réglementation des modifications territoriales n'a pas un caractère d'urgence — Réserves contre l'élévation des demi-cantons au statut de canton à part entière.
 
Erstmals in seiner Geschichte umfasste der schweizerische Bundesstaat 1979 einen erhöhten Bestand von Gliedstaaten. Mit der Aufnahme des Kantons Jura erweiterte sich der Kreis der Bundesglieder auf 26 und vergrösserte sich der Ständerat auf 46 Abgeordnete; bei Verfassungsänderungen zählte man nunmehr 23 Standesstimmen. Die Beziehungen des neuen Kantons zum Bund und insbesondere zu seinem bernischen Nachbarn waren freilich vorerst noch von erheblichen Spannungen belastet, doch blieben Bemühungen um eine Normalisierung nicht ohne Erfolg.
 
Beziehungen zwischen Bund und Kantonen sowie unter den Kantonen
Die Auseinandersetzung über eine Neugestaltung des Verhältnisses zwischen Bund und Kantonen stand, wie wir bereits festgestellt haben, im Zentrum der Diskussion über die Totalrevision der Bundesverfassung; der Vorstoss für eine grundlegende Reform auf weite Sicht, den die Expertenkommission unternommen hatte, begegnete jedoch verbreitetem Widerstand [1]. Mehr Erfolg als der Entwurf für eine Neuordnung auf Verfassungsstufe hatten die Bemühungen um eine mittelfristige Lösung, die vor allem auf der Gesetzgebungsebene getroffen werden sollte; diese wurden allerdings noch nicht dem Rampenlicht der Öffentlichkeit ausgesetzt. Eine Studienkommission des EJPD legte im Sommer erste Vorschläge vor, die aus einer Zusammenarbeit mit dem vom Bundesrat 1978 eingesetzten interkantonalen Kontaktgremium hervorgegangen waren [2]. Diese Vorschläge tendierten auf eine gewisse Entflechtung der Aufgaben beider Ebenen, und zwar sowohl in rechtlicher wie in finanzieller Hinsicht, Der Bund sollte sich namentlich im Schulwesen, im Gesundheitswesen, in der Sozialfürsorge, in der Wohnbauförderung und im öffentlichen Regionalverkehr ganz oder teilweise aus der Verantwortung zurückziehen. Bei der AHV würde der Bund die eigentliche Versicherung voll übernehmen, die Ergänzungsleistungen dagegen gänzlich den Kantonen überlassen. Weitgehend fiele dem Bund auch der Unterhalt der Nationalstrassen zu. Für die Kantone erwartet man von der Neuregelung eine Mehrbelastung von rund 2–300 Mio Fr. Um diese für die finanzschwachen Bundesglieder zu erleichtern, regte man eine Verstärkung des Finanzausgleichs (aus den Kantonsanteilen an der Wehrsteuer) an. Das Kontaktgremium stimmte im Herbst den meisten Vorschlägen zu; die Kantonsvertreter zeigten unter dem Eindruck des Volksverdikts gegen die zweite Mehrwertsteuervorlage eine gewisse Bereitschaft zur vermehrten Belastung der kantonalen Ebene. Einwände wurden vor allem gegen eine stärkere Beteiligung der Kantone an den Lasten des Regionalverkehrs erhoben. Der Bericht der Studienkommission gelangte aber 1979 noch nicht ins Vernehmlassungsverfahren. Die definitive Zustimmung der Kantonsregierungen zu seinen Vorschlägen wurde dadurch erschwert, dass der Bundesrat für 1981 ein neues Sparprogramm ankündigte, das seinerseits eine zusätzliche Belastung der kantonalen Finanzen vorsieht [3]. Anderseits meldete sich von sozialdemokratischer Seite Opposition gegen die Abtretung sozialer Aufgaben durch den Bund, da eine solche der Bevölkerung finanzschwacher Gliedstaaten eine Verschlechterung ihrer Lage bringen könnte [4].
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Interkantonale Zusammenarbeit
In der interkantonalen Zusammenarbeit ist als Erfolg zu verzeichnen, dass es gelang, eine Vereinbarung über Hochschulbeiträge abzuschliessen. Wenn diese in den einzelnen Kantonen noch die Hürden der parlamentarischen Genehmigung und erforderlicher Volksabstimmungen nimmt, so besteht Aussicht, dass der seit der Verwerfung des eidgenössischen Hochschulförderungsgesetzes im Jahre 1978 drohende Numerus clausus vermieden werden kann. Dornenvoller erscheint der Versuch, durch regionale Polizeikonkordate Ersatz für die vom Volk abgelehnte Busipo zu schaffen; in mehreren Kantonen wurden Referendumsaktionen gegen einen Beitritt eingeleitet [5]. Dass auch der kooperative Föderalismus als zentralistisch empfunden werden kann, zeigten die Reaktionen auf den Beschluss der Erziehungsdirektorenkonferenz, die in Genf eingerichtete Dokumentationsstelle für Schul- und Bildungsfragen und die Aarauer Koordinationsstelle für Bildungsforschung in die Bundeshauptstadt zu verlegen [6]. Eine neue — vierzehnte — Direktorenkonferenz gründeten die Vorsteher der für Energiefragen zuständigen Departemente [7]. Um den Föderalismus neu zu beleben, schlug die Liberale Partei der Schweiz die Bildung einer Konkordatskammer vor, die jeweils zuerst die Möglichkeit einer interkantonalen Vereinbarung zu prüfen hätte, bevor der Bund eine neue Aufgabe übernähme. Jeder Kanton wäre in ihr mit einem für die eidgenössische Zusammenarbeit zuständigen Regierungsmitglied vertreten [8].
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Gemeinden
Die in mehreren Kantonen zu verzeichnenden. Bestrebungen, von der Entwicklung überforderte Gemeinden durch verschiedene Formen des Zusammenschlusses zu entlasten, stiessen weiterhin auf Widerstände. Im Tessin hatten vier Gruppen von sich entvölkernden Kleingemeinden zur Frage einer vollen Verschmelzung Stellung zu nehmen, wie sie ein Programm der Regierung von 1976 vorschlug. In den meisten Kommunen lautete der Entscheid negativ, so dass man in Bellinzona von einer Fusion noch absah, ohne allerdings die Zielsetzung aufzugeben [9]. Im Thurgau lösten Empfehlungen einer Regierungskommission, die auf eine Vereinfachung des komplizierten Gemeindegefüges (Munizipal-, Orts-, Schulgemeinden usw.) abzielten, lebhafte Diskussionen aus. In Zürich liess nun auch das Parlament die Expertenvorschläge von 1977 für die Bildung von regionalen Gebietskörperschaften zwischen Kanton und Gemeinde fallen; dafür wurde eine Revision des Gemeindegesetzes in Aussicht genommen. Vor- und Nachteile einer Regionenbildung beschäftigten ausserdem den Schweizerischen Gemeindeverband [10].
 
Territoriale Fragen
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Jura
Die Jurafrage belastete den schweizerischen Bundesstaat auch nach der Gründung eines 23. Kantons. Wohl nahm dessen Aufbau ohne wesentliche innere Störungen seinen Fortgang. Da aber die separatistische Bewegung im Süd- wie im Nordjura an der «Wiedervereinigung» der beiden Gebiete festhielt, dauerte der Konflikt an und führte zu wiederholten Entladungen: nicht nur zwischen den beiden Lagern in den bei Bern verbliebenen Bezirken, sondern auch zwischen Bern und dem neuen Kanton; selbst das Verhältnis zwischen diesem und dem Bund wurde betroffen.
Der Aufbau einer eigenen Verwaltung im Kanton Jura vollzog sich in fortgesetzter Zusammenarbeit mit den bernischen Amtsstellen, kam jedoch 1979 noch nicht zum Abschluss. Er war zeitweise von den politischen Spannungen zwischen den beiden Partnern überschattet. Ungünstig für die Entwicklung des neuen Bundesglieds war ferner die Wirtschaftslage. Es fiel den jurassischen Behörden nicht leicht, auswärtige Unternehmungen zu Investitionen in einem Kanton zu veranlassen, dessen Zukunft und Stabilität noch ungewiss erschien [11]. In der ersten Jahreshälfte wies dieser von allen Kantonen am meisten Arbeitslose im Verhältnis zur erwerbstätigen Bevölkerung auf [12]. Bei der neuen Berechnung der kantonalen Finanzkraft am Ende des Jahres erschien er an letzter Stelle. Unter diesen Voraussetzungen bereitete die Entlöhnung der Beamten einige Schwierigkeiten [13].
Die treibende Kraft in der Bewegung für eine Erweiterung des neuen Kantons auf die südlichen Bezirke blieb das Rassemblement jurassien (RJ), in welchem die südjurassischen Mitglieder an Zahl und Gewicht zunahmen [14]. Seine Aktivität wurde von antiseparatistischer Seite immer wieder als Herausforderung empfunden und hielt in weiten Kreisen der südjurassischen Bevölkerung das Gefühl der Bedrohung aufrecht, das sich in Abwehrreaktionen und in Unduldsamkeit gegenüber der zum Kanton Jura strebenden Minderheit äusserte. Anderseits gab die Diskriminierung dieser Minderheit den separatistischen Wortführern stets neuen Anlass, nach Schutz und Befreiung der Bedrängten zu rufen.
Zu einer ersten Entladung im schwelenden Konflikt kam es im Frühjahr; diese behinderte vor allem die Entwicklung eines normalen Verhältnisses zwischen dem neuen Kanton und dem Bundesstaat. Bundesrat Furgler hatte im März zu parlamentarischen Vorstössen Stellung zu nehmen, die im vorausgegangenen Herbst durch Erklärungen der separatistischen Bewegung ausgelöst worden waren, insbesondere durch die Ankündigung einer zweiten Etappe im Kampf um den ganzen Jura. Von verschiedenen Votanten zu einem ernergischeren Schutz des Südjuras vor separatistischen Aktionen gedrängt, wandte sich der Chef des EJPD in ungewöhnlicher Heftigkeit gegen Ausführungen des eben in den Nationalrat nachgerückten südjurassischen Separatisten Crevoisier [15]. Die Führung des RJ versuchte nun, ein von der Regierung des neuen Kantons geplantes Gründungsfest als Druckmittel gegen den erzürnten Bundesrat einzusetzen. Während man im offiziellen Delsberg die eidgenössischen und alle kantonalen Behörden in corpore einzuladen gedachte, erklärte Roland Béguelin, Generalse£retär des RJ und zugleich jurassischer Parlamentspräsident, den Chef des EJPD im Jura als unerwünscht, wenn er seine Worte gegen Crevoisier nicht zurücknehme. Die Kantonsregierung liess sich jedoch dadurch nicht hindern, ihre Einladung an den Bundesrat abgehen zu lassen, und dieser nahm sie an. Allerdings bemühte sie sich auch, die Situation durch Vermittlung einer persönlichen Aussprache Furgler–Crevoisier zu entspannen. Eine solche fand zwar statt, doch keiner der beiden Partner lenkte dabei ein [16]. Da im Jura inzwischen eine vom RJ betriebene Anti-Furgler-Kampagne immer höhere Wellen warf, fürchtete die Regierung, das Fest werde ernsthaft gestört, und sagte es kurzfristig ab [17]. Damit hatte das RJ einerseits vereitelt, dass der angefochtene Bundesrat als Repräsentant der Eidgenossenschaft in Delsberg auftrat, anderseits aber auch die Absicht der eigenen Regierung durchkreuzt, die Aufnahme des neuen Kantons in den Bund zu bekräftigen. Dieser doppelte Schlag liess gewisse Spannungen in der jurassischen Führungsschicht deutlicher hervortreten, gab doch die Regierung bekannt, ihre Mitglieder würden sich aus den Organen des RJ zurückziehen; zugleich erregte er gewisse Zweifel an der Autorität der Behörden im jüngsten Bundesglied [18].
Einen zweiten Höhepunkt in den Auseinandersetzungen führte die separatistische Jugendorganisation Bélier herbei. Diese hatte sich zu Beginn des Jahres mit der gleichfalls separatistischen Jeunesse-Sud vereinigt und dabei ihren Sitz nach Tavannes im bernischen Teil des Juras verlegt, was hier einzelne Protestreaktionen auslöste [19]. Ende Juni unterstrichen nun die Béliers ihre gesamtjurassische Präsenz durch einen überraschenden Aufmarsch in der antiseparatistischen Hochburg Tramelan, wo sie am Denkmal Virgile Rossels zum Kampf für die Einheit des Juras aufriefen. Die Demonstration löste eine Schlägerei aus, in der auch der Gemeindepräsident verletzt wurde [20]. Von antiseparatistischer Seite verlangte man darauf die Erlaubnis zur Bildung von Bürgerwehren, eine Entschuldigung der jurassischen Regierung und notfalls die Einsetzung eines eidgenössischen Aufsichtsorgans im Kanton Jura [21]. Im Rahmen der periodischen Dreiergespräche zwischen den Regierungsvertretern des Bundes und der beiden Kantone Bern und Jura schien indessen eine Beilegung des Zwischenfalls zu gelingen. Zwar wurde die Ausarbeitung der endgültigen Verträge über die bemischjurassische Zusammenarbeit vertagt, doch teilte die Juradelegation des Bundesrates mit, die Vertreter beider Kantone hätten zugesagt, sie würden eine Wiederholung ähnlicher Vorfälle vermeiden helfen. Da aber das Communiqué die Béliers als Hauptverantwortliche des Zusammenstosses bezeichnete, distanzierte sich Delsberg sogleich von der Bekanntgabe einer Verständigung [22].
Eine dritte Zuspitzung erfuhr die Lage im Zusammenhang mit der Veranstaltung eines Kongresses französischsprachiger Minderheiten in Delsberg Ende August. Das Vorhaben des RJ, einen Teil der ausländischen Kongressbesucher bereits im südjurassischen Neuenstadt festlich zu empfangen, wurde von antiseparatistischer Seite als neuer Übergriff auf fremdes Kantonsgebiet empfunden, und der bernische Regierungsrat teilte in Delsberg mit, ein organisierter Besuch der Kongressteilnehmer im Berner Jura sei unerwünscht. Die jurassische Regierung erklärte darauf die Ausübung der Grundrechte im Südjura als bedroht und verlangte nun ihrefseits ein eidgenössisches Überwachungsorgan [23]. Die Kongressorganisatoren jedoch, die ihre Gäste ungeschoren nach Delsberg zu bringen trachteten, begnügten sich damit, ihnen Neuenstadt vom Schiff aus zu zeigen. Ein gewaltsamer Zusammenstoss zwischen Sangliers und Béliers ereignete sich dann im südjurassischen La Ferrière, das die Carkolonne der Kongressteilnehmer auf der Fahrt in den Kanton Jura passieren musste [24]. In die derart erhitzte Atmosphäre fiel schliesslich am Fest des jurassischen Volkes, dessen Anziehungskraft auf die Bevölkerung noch unvermindert erschien, als eine Art Donnerschlag die Forderung nach sofortiger Abtretung des Bezirkes Moutier und nach Verhandlungen über die spätere «Rückgabe» des restlichen Südjuras [25]. Die bernische Regierung rief nun, eine Motion des Grossen Rates aufnehmend, nach Strafbestimmungen des Bundes gegen Verletzungen der Integrität der Kantone [26].
Ein neues Dreiergespräch vermochte die Situation zu entspannen. Beide Kantone erklärten sich jetzt bereit, private Organisationen an der rechtswidrigen Anmassung polizeilicher Befugnisse zu hindern. Der Bundesrat nahm sowohl das Begehren nach einer Kontrollkommission wie dasjenige nach Strafbestimmungen gegen Gebietsverletzungen zur Prüfung entgegen. Die Entspannung beruhte offensichtlich darauf, dass jede der beiden Kantonsregierungen der anderen den Willen zur Wahrung der Rechtsordnung zubilligte und es ihr überliess, die ihr dazu geeignet scheinenden politischen Mittel zu wählen. So wurden die Verhandlungen über die bernischjurassische Zusammenarbeit weitergeführt, und Ende 1979 konnten neue Vereinbarungen abgeschlossen werden [27]. Die glänzende Wahl von vier Antiseparatisten in den Nationalrat, die dank breiter Unterstützung aus dem alten Kantonsteil zustande kam. stärkte das Selbstbewusstsein der südjurassischen Mehrheit. was es ihren Organisationen erleichterte, auf Bürgerwehrpläne zu verzichten [28]. Anderseits erschien der Drang des RJ nach der «Wiedervereinigung» kaum gebrochen. Noch vor Jahresende kündigte Generalsekretär Béguelin eine Verjüngung der Organisationsleitung und einen Konflikt um die Gemeinde Vellerat bei Moutier an. da diese trotz separatistischer Mehrheit aufgrund der Verfahrensregeln für die Plebiszite bei Bern hatte verbleiben müssen [29].
In den südlichen Bezirken konstituierte sich die privatrechtliche Fédération des communes du Jura bernois (FJB) im März als öffentlich-rechtlicher Gemeindeverband für die Wahrnehmung der gesetzlich gewährten Mitwirkungsrechte. In den Vorstand wurden nur Antiseparatisten gewählt; das Präsidium erhielt der Sekretär des bisherigen Verbandes, A. Ory [30]. Sowohl auf antiseparatistischer wie auf separatistischer Seite meldeten sich Stimmen, die eine Ausweitung der Autonomie der neuen Körperschaft forderten. Diese konzentrierte sich jedoch auf die Ausarbeitung von Anträgen.an die Kantonsbehörden sowie auf die Ausrichtung regionaler Subventionen an die Gemeinden [31]. Sie trat auch in eine Art Konkurrenzverhältnis zu den wirtschaftlichen und kulturellen Vereinigungen, die bisher auf dem Gebiet des ganzen ehemals bernischen Juras tätig gewesen waren. Während sich für den Fremdenverkehrsverband Pro Jura die Möglichkeit des Überlebens durch Aufgliederung in zwei Unterverbände abzeichnete, schritt die FJB zur Bildung einer eigenen Volkswirtschaftskammer für den Berner Jura, so dass sich die ADIJ (Association pour la défense des intérêts du Jura), die bisher eine entsprechende Funktion ausgeübt hatte, aus dem Süden verdrängt sah. Mit der Kulturorganisation, der Société jurassienne d'émulation, die nach wie vor auch für eine politische Einheit des Juras eintrat, lehnte die FJB vollends eine Zusammenarbeit ab [32].
Neben den erbitterten Auseinandersetzungen um den Südjura nahmen sich die Diskussionen über eine politische Neueingliederung des Laufentals recht harmlos aus. Das Jahr 1979 brachte noch keinen weiteren entscheidenden Schritt. In Baselstadt fand im Mai die Volksabstimmung über die Grundsatzfrage einer Verfassungsänderung zur Aufnahme Laufens statt. Nachdem der Grosse Rat diese Frage einhellig bejaht hatte, erfolgte die Zustimmung der Bürger mit bloss 57% eher knapp, so dass der Werbeeffekt nicht gross war [33]. In der Folge führten die drei interessierten Nachbarkantone ihre Informationskampagnen durch [34]. Aufdie erste Auswahlabstimmung hin, die aufJanuar 1980 angesetzt wurde, empfahl ein Komitee «Ja zur besten Lösung» vorsichtig, einem der beiden Basel den Vorzug zu geben. Dasselbe tat die CVP, während eine «Aktion bernisches Laufental» für den Verbleib im alten Kanton eintrat [35].
Die Gründung des Kantons Jura, das Problem der künftigen Zugehörigkeit des Laufentals und die Aufrechterhaltung von Ansprüchen auf eine Erweiterung des neuen Kantons haben ein Bedürfnis nach bundesrechtlicher Regelung des Verfahrens für innerschweizeriische Gebietsveränderungen entstehen lassen. 1977 hatten die Kantone Bern und Neuenburg entsprechende Standesinitiativen eingereicht [36]. Inzischen sind da und dort Forderungen nach weiteren Revisionen des überkommenen bundesstaatlichen Gefüges aufgetaucht [37]. Die Petitionskommission des Ständerates, welche die beiden Standesinitiativen zu behandeln hatte, ersuchte deshalb den Bundesrat um eine grundsätzliche Stellungnahme. Dieser erklärte eine Verfahrensregelung in der Bundesverfassung als wünschbar, jedoch nicht als dringlich und verwies darauf, dass das Fehlen einer solchen Regelung weder bei den Wiedervereinigungsbestrebungen der beiden Basel noch bei der Gründung des Kantons Jura einer rechtlichen und politischen Lösung im Wege gestanden habe. Er empfahl, die Frage einer Totalrevision der Verfassung vorzubehalten, und betonte, dass nach geltender Rechtsauffassung jeder Kantonswechsel von Gemeinden wegen der eidgenössischen Gebietsgarantie der Zustimmung von Volk und Ständen bedürfe [38].
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Halbkantone
Als weiteres Folgeproblem des Jurakonflikts beschäftigt die Frage der Erhebung der Halbkantone zu Vollkantonen die Bundesbehörden. Nach einer eingehenden Debatte ermächtigte der Nationalrat im Juni seine Kommission, die sich mit der Parlamentarischen Initiative Allgöwer (ldu, BS) zu befassen hat, nicht nur deren Begehren um Aufwertung der beiden Basel, sondern den ganzen Fragenkomplex zu behandeln. Die Kommission beauftragte darauf das EJPD, ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen. Sie selber veranstaltete im November Hearings mit wissenschaftlichen Experten; diese zeigten sich jedoch gegenüber jeder Lösungsvariante (Aufwertung aller oder bloss einzelner Halbkantone, Erweiterung der Ständeratsdelegationen grosser Kantone oder gar Einschränkung des Einflusses des Ständerates) skeptisch bis ablehnend [39]. Gegen eine Verschiebung der bisherigen Vertretungsverhältnisse wandte man sich nicht nur in der lateinischen Schweiz, sondern auch in der SP, die ein noch stärkeres Übergewicht der CVP in der kleinen Kammer zu vermeiden strebt [40].
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P.G.
 
[1] Vgl. oben. Teil I, 1a (Totalrevision der Bundesverfassung).
[2] Erste Vorschläge zur Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen, Bericht der Studienkommission für die Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen. (Bern) 1979. Zum Kontaktgremium vgl. SPJ, 1978. S. 25 (dort «groupe de travail»). Vgl. auch NZZ, 12, 16.1.79: 18, 23.1.79.
[3] NZZ (sda), 230. 4.10.79; 288, 11.12.79. Zum Sparprogramm vgl. unten. Teil I, 5 (Plan financier).
[4] TW, 230. 2.10.79; Vr, 229, 2.10.79.
[5] Hochschulbeiträge: vgl. unten, Teil I, 8a (Hautes écoles). Polizeikonkordate: vgl. oben. Teil I, 1b (öffentliche Ordnung). Vgl. auch SPJ, 1978, S. 26.
[6] Vgl. unten. Teil I, 8a (Ecoles primaires et secondaires).
[7] NZZ (ddp), 207. 7.9.79; (sda), 291, 14.12.79. Über eine engere Zusammenarbeit der Urkantone (UR. SZ, OW. NW) vgl. TA, 250, 27.10.79.
[8] BaZ, 236. 9.10.79; JdG, 235. 9.10.79; TA, 234. 9.10.79.
[9] CdT, 27, 2.2.79; 112-116. 16.-21.5.79; 147, 30.6.79; Bund, 163. 4.5.79. Vgl. SPJ, 1976. S. 25.
[10] Thurgau: NZZ, 46. 24.2.79; TA, 191. 20.8.79. Zürich: NZZ, 276. 27.11.79: vgl. SPJ, 1978. S. 26. Gemeindeverband: Bund, 209. 7.9.79; 24 Heures, 108. 7.9.79. Zur Problematik der Autonomie kleiner Gemeinden vgl. auch R. Albonico. Nebenamtlich–Nebenbei? Selbstvenraltung in kleinen Gemeinden. Eine Untersuchung über Möglichkeiten und Grenzen des Miliz-Systems auf Gemeinde-Ebene in Graubünden, Fanas 1979.
[11] Vat.. 107. 9.5.79: BaZ, 264, 10.1 1.79 ; LNN. 301. 31.12.79. Auf bernische Dienste angewiesen bleibt der neue Kanton z.B. im Steuerwesen, in der elektronischen Datenverarbeitung. im Gesundheitswesen. in der Berufsbildung und im Strafvollzug.
[12] Die durchschnittliche Arbeitslosenquote (Verhältnis zwischen Zahl der Arbeitslosen und Zahl der erwerbstätigen Bevölkerung von 1970) betrug im Jura im 1. Halbjahr 1979 1.3% (TI 1,2; VS 1.1; GE 1.0): im 2. Halbjahr dagegen nur noch 0.6 (TI, 1,0: GE 0.9; BS 0.6) (Information des BIGA).
[13] Die geringe Finanzkraft des Juras ergibt sich aus der Kombination einer relativ geringen Steuersubstanz und einer hohen kantonalen und kommunalen Steuerbelastung (AS. 1980. S. 67 ff. Beamte: JdG, 103. 4.5.79: 165. 18.7.79.
[14] Cf. TLM, 119. 29.4.79.
[15] Amtl. Bull. NR, 1979. S. 43 ff. (Diskussion über die Interpellationen Allgöwer, Idu, BS, und Akeret, svp, ZH ; vgl. SPJ, 1978. S. 29). BR Furgler bedachte NR Crevoisiers Interpretation des Kantonsgründungsverfahrens mit den Qualifikationen «Lügen» und «Dummheit ». Crevoisier war für den in den StR gewählten NR Gassmann (sp, bis 1978 BE) nachgerückt.
[16] Gründungsfest: NZZ (sda), 81. 6.4.79. Béguelin: TA, 78. 3.4.79; TLM, 95. 5.4.79; vgl. auch Jura libre, 1434, 12.4.79. Einladung: NZZ, 95. 25.4.79; 24 Heures. 95. 25.4.79. Annahme: Presse vom 27.4.79. Aussprache: JdG, 98. 28.4.79; 101. 3.5.79; TA, 99. 30.4.79; TLM, 123. 3.5.79; Lib., 181, 8.5.79.
[17] Anti-Furgler-Kampagne: TLM, 115. 25.4.79 : 24 Heures, 97.27.4.79 ; 103.4.5.79. Eine Petition des RJ an die Bundesversammlung, die BR Furgler zum Rückzug seiner Äusserungen aufforderte, erhielt über 14000 Unterschriften (Amtl. Bull. NR, 1979. S. 844; Amtl. Bull. StR, 1979. S. 312). Absage: Presse vom 9.5.79; eine abweichende Erklärung in NZZ, 277. 28.1 1.79.
[18] Vgl. Presse vom 10.5.79. Die jurassische Regierung machte den BR für die Absage des Festes mitverantwortlich (TLM, 132. 12.5.79). Regierungspräsident Lachat war freilich am Jahresende immer noch Vizepräsident des RJ (NZZ, ddp. 302, 29.12.79). Über Spannungen vgl. ferner Lib., 175. 1.5.79. Der Konfrontationskurs des RJ führte auch zu Differenzen mit StR R. Schaffter (cvp): 24 Heures. 205.4.9.79; Ww.41, 10.10.79 ; TLM, 303. 30.10.79.
[19] Vereinigung Bélier-Jeunesse-Sud (unter der Bezeichnung «Bélier»): TLM, 28. 28.1.79; TA, 26. 1.2.79. Sitz: 24 Heures. 41. 19.2.79; Jura libre, 1427. 22.2.79. Proteste: 24 Heures, 44.22.2.79 (Interpellation Noirjean, udc. im Grossen Rat von BE); TLM, 79, 11.3.79 (Demonstration der antiseparatistischen Jugendorganisation Sanglier in Tavannes).
[20] Bund, 151. 2.7.79: TLM, 183. 2.7.79; TA, 151, 3.7.79; Jura libre. 1445. 19.7.79. Der aus Tramelan stammende Jurist, Politiker, Historiker und Literat Rossel gilt beim RJ als Vertreter des Separatismus der 20er Jahre.
[21] NZZ (ddp) 151.3.7.79; 24 Heures (ats), 153.4.7.79 ; Bund, 154. 5.7.79 ; 155.6.7.79. Nach dem bernischen Ortspolizeidekret kann die Ortspolizei die Einwohner in Gefahrsituationen zu ihrer Unterstützung anhalten. (NZZ, 154. 6.7.79). Über frühere Bürgerwehransätze vgl. SPJ, 1967. S. 15.
[22] Bund, 156, 7.7.79; 24 Heures. 156, 7.7.79. Vgl. TLM, 189, 8.7.79; TA, 159, 12.7.79.
[23] Zum Kongress (5. Konferenz der französischsprachigen ethnischen Minderheiten) vgl. Lib.. 264. 17.8.79: NZZ, 194. 23.8.79. Jurassische Regierung: 24 Heures, 191. 18.8.79. Vgl. auch Bund, 193. 20.8.79: NZZ (ddp). 191. 20.8.79 ; TA, 193. 22.8.79.
[24] Neuenstadt: Presse vom 27.8.79; BaZ, 200. 28.8.79. La Ferrière: Presse vom 28.8.79; NZZ, 202. 1.9.79.
[25] Presse vom 3.9.79; Jura libre. 1452. 6.9.79.
[26] Bund, 206. 4.9.79: 207. 5.9.79. Motionär war A. Ory, Präsident der Fédération des communes du Jura Bernois.
[27] Dreiergespräch: Presse vom 8.9.79. Vereinbarungen: Bund, 297. 19.12.79; TLM, 353. 19.12.79. Zur Haltung der jurassischen Regierung vgl. NZZ (sda), 24.9.79 (Erklärung F. Lachats), zu derjenigen des BR Amtl. Bull. NR. 1979, S. 1286 ff. (Antwort BR Furglers auf die Interpellation Roth, svp. AG).
[28] Nationalratswahlen: vgl. unten, Teil I, 1e (Résultat des élections au Conseil national). Verzicht auf Bürgerwehren: Bund (ddp), 254, 30.10.79.
[29] NZZ (ddp), 302, 29.12.79. Über die Gewährung des Selbstbestimmungsrechts an Vellerat nahm die jurassische Regierung Verhandlungen mit Bern auf (TLM, 346, 12.12.79; vgl. auch Lib., 106, 7.2.79).
[30] Bund, 15.3.79. Vgl. dazu SPJ, 1978. S. 30 f.
[31] Ausweitung der Autonomie: 24 Heures, 282. 4.12.78; 48. 27.2.79; (ats), 49, 28.2.79; Le Jurassien, Nr.264, Dez. 1978; TLM, 65, 6.3.79; 79, 20.3.79. Anträge und Subventionen: BaZ, 65. 17.3.79; Bund, 251, 26.10.79.
[32] Lib., 10.10:79. Für Pro Jura vgl. ferner TLM, 175. 24.6.79; für ADIJ TLM, 348. 14.12.79; 354. 20.12.79 ; für Emulation TLM, 172, 21.6.79 ; Bund (sda), 149.29.6.79. ADIJ und Emulation erhielten 1979 keine bernischen Subventionen mehr. Für weitere Verbände vgl. TA, 25. 31.1.79; TLM, 318, 14.11.79.
[33] Grosser Rat: BaZ, 39, 15.2.79. Volksabstimmung: BaZ, 1 17. 21.5.79 ; vgl. dazu Bund, 112. 15.5.79; TA, 114. 18.5.79. Die Stimmbeteiligung betrug 36%. Vgl. auch SPJ, 1978, S. 31. ferner Bund, 117. 21.5.79 ; BaZ, 118. 22.5.79.
[34] Solothurn: BaZ, 199. 27.8.79. Baselstadt: BaZ, 243, 17.10.79. Baselland: BaZ, 251. 26.10.79.
[35] Bund, 289. 10.12.79. Vgl. auch BaZ, 288, 8.12.79; 291, 12.12.79; 51. 19.12.79.
[36] Vgl. SPJ, 1977, S. 24 u. 26.
[37] Vgl. die Ankündigung einer Initiative für einen Anschluss des basellandschaftlichen Agglomerationsbezirks Arlesheim an BS (TA, 26. 1.2.79; 35. 12.2.79; SZ. 28. 3.2.79) und einen Aufruf zur Trennung des italienischsprachigen Bezirks Moësa von GR (24 Heures, 115, 18.5.79; NZZ, ddp, 115, 19.5.79; CdT, 122. 29.5.79). Der Bezirk Arlesheim wies noch 1969 eine Mehrheit für die Wiedervereinigung mit BS auf (vgl. SPJ, 1969. S. 29).
[38] Amtl. Bull. StR. 1979. S. 314: BBI. 1979. III. S. 1132 ff. Vgl. auch F. Gygi. «Ein schweizerisches Bundesstaatsprinzip im Umbruch», in Menschenrechte, Föderalismus, Demokratie, Festschrift zum 70. Geburtstag von W. Kägi. Zürich 1979. S. 143 ff.
[39] Nationalrat: Amtl. Bull. NR, 1979. S. 568 ff.; vgl. SPJ, 1979. S. 32. Vernehmlassungsverfahren: BaZ, 251. 26.10.79. Hearings: BaZ, 263. 9.11.79: JdG, 202, 9.11.79: NZZ (sda). 261. 9.11.79.
[40] Lateinische Schweiz : JdG, 5. 8..1.79: Amtl. Bull. NR. 1979. S. 84 f. (NR Barchi, fdp. TI). Sozialdemokraten : SP-Information. 46. 18.1.79. S. 318 ff. (NR Muheim, LU): Amtl. Bull. NR. 1979. S. 572 ff. (Fraktionssprecher). Vgl. auch A. Fisch in Schweizer Monatshefte, 59/1979, S. 339 ff. und T. Jaag, «Die Halbkantone nach der Gründung des Kantons Jura», in Schweiz. Zentralblatt für Staats- und Gemeindeverwaltung. 80/1979. S. 145 ff
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