Année politique Suisse 1979 : Chronique générale / Politique étrangère suisse / Bilaterale Beziehungen
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Iran
1979 waren die schweizerischen Beziehungen zum Iran nicht immer spannungsfrei. Abgesehen von der Unsicherheit hinsichtlich der Zukunft einiger von Schweizer Firmen in Angriff genommener Vorhaben zeitigte der Sturz des Schahs auch politische Konsequenzen. So verlangte die neue Regierung schon kurz nach dem Sturz des Schahs vom Bundesrat die Sperrung von dessen Vermögenswerten in der Schweiz [12]. Die Landesregierung lehnte dieses Gesuch mit dem Argument ab, man könne nicht jedesmal, wenn in einem anderen Land eine nicht durch Wahlen zustandegekommene Regierungsänderung erfolge, Sondernormen schaffen und auf diese Weise alle bisher geschlissenen Verträge ausser Kraft setzen, da man sonst zu Recht des Opportunismus bezichtigt würde [13]. Während die bürgerlichen Parteien den Entscheid des Bundesrates, die iranische Führung auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen, geschlossen unterstützten, stiess er bei der SPS, aber auch beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund, auf heftige Kritik. Beide hatten die Regierung vorgängig aufgefordert, den Forderungen des iranischen Revolutionsrates nachzugeben, wobei sie zur Begründung auf die Bedeutung des Iran als Absatzgebiet für schweizerische Produkte verwiesen und damit die Interessen der Industrie gegenüber denjenigen der Finanzwirtschaft hervorhoben. Sie untermauerten ihr Verlangen zudem mit dem Hinweis auf die als verbrecherisch bezeichnete Politik des früheren Schahs [14].
Um ihrer Forderung Gewicht zu verleihen, reichte die SPS-Parlamentsfraktion in der Märzsession eine dringliche Interpellation ein, und weil die Antwort des Bundesrates sie nur teilweise befriedigte, verlangte die Linke Diskussion. Die bürgerliche Ratsmehrheit lehnte eine solche jedoch ab und bezeichnete die Begründung des Vorstosses als oberflächlich. Auf SP-Seite löste dieses Verhalten der Bürgerlichen heftige Proteste aus [15].
Trotz der aufgeregten Debatten, die durch die Forderung der iranischen Regierung und die bundesrätliche Antwort auf dieses Begehren in der schweizerischen innenpolitischen Szene ausgelöst wurden, erwies sich die Lage schliesslich als keineswegs dramatisch. Zwar schienen sich die Beziehungen vorerst noch zu verschlechtern, als der Bundesrat aus Anlass der Hinrichtung des früheren iranischen Ministerpräsidenten Hoveida seiner Bestürzung über die summarischen Todesurteile Ausdruck verlieh [16]. Es zeigte sich aber in der Folge, dass dem Iran an guten Beziehungen zur Schweiz gelegen war. Entgegen früheren drohenden Worten aus Teheran akzeptierte denn auch der neu ernannte Botschafter, Farivar-Teherani, den bundesrätlichen Entscheid hinsichtlich der verlangten Sperrung der Guthaben des Schahs [17].
Wie auch die übrigen westeuropäischen Länder geriet die Schweiz durch die Besetzung der amerikanischen Botschaft in Teheran in eine nicht unproblematische Lage, als die Vereinigten Staaten von den Europäern eine Unterstützung ihrer Wirtschaftsmassnahmen gegen den Iran verlangten. Wenn in Bern eine Sperre der iranischen Guthaben auch nicht erwogen wurde und man über das Vorgehen der Amerikaner, besonders der amerikanischen Banken, nicht eben erbaut war, so kam man doch, wegen des beispiellosen Bruchs des Völkerrechts, nicht darum herum, eine gewisse Solidarität zu üben, indem die Schweiz darauf verzichtete, die Massnahmen der USA zu unterlaufen [18].
 
[12] TW, 48. 26.2.79; NZZ, 49. 28.2.79.
[13] Amtl. Bull. NR, 1979. S. 354 ff.
[14] B. Kappeler, Sekretär des SGB. in Tw, 52, 4.3.79; vgl. dazu auch P. Eberhard, «Finanzplatz—Werkplatz», in Schweizer Monatshefte, 59/1979, S. 95 ff.
[15] Amtl. Bull. NR,1979, S. 354 f.; NZZ, 69, 23.3.79; TW, 69, 23.3.79.
[16] Ldb, 85. 12.4.79; 24 Heures, 86. 13.4.79.
[17] NZZ, 158, 1 1.7.79 ; 24 Heures, 159, 11.7.79.
[18] Bund, 287, 7.12.79 ; NZZ, 286, 8.12.79.