Année politique Suisse 1979 : Chronique générale / Défense nationale / Rüstung
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Panzer 68
Wurde mit der Bewilligung des Rüstungsprogramms 1979 nach Ansicht der Armeespitze ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Realisierung des Armeeleitbildes 80 zurückgelegt, so gaben anderseits im Laufe des Jahres bekanntgewordene Mängel beim Panzer 68 erneut Anlass zur Frage, ob die Verteidigungskonzeption von 1966 noch weiterhin Gültigkeit beanspruchen könne [21]. Auf schwere Unzulänglichkeiten des in der Schweiz hergestellten Panzers, dessen vierte Serie 1978 vom Parlament bewilligt worden war, wurde die Öffentlichkeit aufmerksam, als die «Weltwoche» einen Brief Divisionär Haeners, des Waffenchefs der mechanisierten und leichten Truppen, an Generalstabschef Senn publik machte. Haener ersuchte Senn darin um Entbindung von der Verantwortung für die Kriegsbereitschaft der Panzertruppe, da die gravierenden Probleme mit dem Panzer 68 trotz Beanstandungen nicht behoben seien. Gleichzeitig verlangte er, dass die Produktion der vierten Serie bis zur näheren Abklärung des Falles eingestellt werde [22]. Nachdem eine gemeinsame Sitzung der Militärkommissionen der beiden Kammern mit den Spitzen des EMD die zumindest teilweise Berechtigung der Kritik Haeners ergeben hatte, beschloss die Kommission des Nationalrats, zur näheren Abklärung der Angelegenheit einen Ausschuss einzusetzen. Bundesrat Gnägi seinerseits entsprach dem Verlangen der Parlamentarier und stoppte vorläufig den Bau des Panzers [23].
Die durch die gründliche Untersuchung zu Tage geförderten Mängel stellten die Kriegstauglichkeit des Panzers 68 weitgehend in Frage und liessen es ratsam erscheinen, den Bau der vierten Serie so lange aufzuschieben, bis an der Möglichkeit ihrer Behebung keine Zweifel mehr bestünden. Sie gaben aber auch erneut zur Forderung Anlass, die heutige Regelung der Rüstungsbeschaffung sei zu überprüfen [24]. Im Zentrum der Kritik stand die Gruppe für Rüstungsdienste (GRD), der unumwunden Unfähigkeit vorgeworfen wurde, vor allem aber deren Chef, dessen Rücktritt einige Parlamentarier unmissverständlich verlangten. Umstritten war jedoch vor allem die Doppelstellung des Rüstungschefs: einerseits hat er als Verantwortlicher für die Beschaffung neuer Waffen das bestmögliche Material zu suchen, anderseits obliegt ihm als oberstem Vorsteher der staatlichen Rüstungsbetriebe die Aufgabe, den ihm unterstellten Werken Arbeit zu verschaffen [25]. Angesichts der Forderungen, die nicht nur der Ausschuss der Militärkommission des Nationalrats, sondern auch die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) erhob, entschloss sich das EMD dazu, eine neutrale Instanz mit der Untersuchung des Beschaffungsablaufs zu beauftragen. Es betraute Prof. E. Rühli mit dieser Aufgabe [26], eine Wahl, die nicht ohne Kritik blieb, weil der ernannte Experte zugleich Verwaltungsratsmitglied der Contraves AG, einer Tochtergesellschaft des Bührle-Konzerns, ist [27].
Da die Militärkommission des Nationalrates Zweifel äusserte, ob angesichts der Mängel des Panzers 68 und der schlechten Finanzlage eine fristgerechte Realisierung des Armeeleitbildes 80 überhaupt noch zu erwarten sei, forderte sie den Bundesrat mit einem Postulat auf, dem Parlament einen diesbezüglichen Bericht vorzulegen. In ihrer Antwort erklärte die Landesregierung, sie sehe keinen Grund, wegen der beim Panzer 68 aufgetretenen Unzulänglichkeiten die geltende Verteidigungskonzeption abzuändern. Sie folgte damit denjenigen Stimmen, die eindringlich davor gewarnt hatten, nunmehr einen unfruchtbaren Konzeptionsstreit vom Zaun zu reissen, einerseits, weil eine Milizarmee ein derartiges Hin und Her gar nicht vertrage, anderseits aber, weil es zum Armeeleitbild 80 keine realistische Alternative gebe, denn eine wirksame Dissuasion könne nur erreicht werden, wenn ein Angriff bereits an der Grenze auf Widerstand stosse [28].
Da der Panzer 68 seine gegenwärtige Hauptfunktion, den Gegenschlag, ab spätestens Mitte der achtziger Jahre nicht mehr zu erfüllen vermag, legte der Bundesrat besonderes Gewicht auf die zeitgerechte Beschaffung neuer Gegenschlagpanzer [29]. Diese Prioritätensetzung blieb nicht ohne Konsequenzen für die Modellwahl. Nachdem die Regierung 1978 der Zürcher Firma Contraves den Auftrag erteilt hatte, ein Modell für einen neuen Kampfpanzer zu entwickeln, war unter den Militärexperten in der Frage nach der besseren Variante, des Eigenbaus oder der Lizenzproduktion, eine lebhafte Diskussion in Gang gekommen, in die sich auch weitere interessierte Kreise einschalteten. Während die Befürworter des Mitte 1979 von der Contraves vorgelegten schweizerischen Modells vor allem die beschäftigungspolitischen Aspekte und die davon ausgehenden technologischen Impulse geltend machten, verwiesen die Gegner auf die entstehenden zusätzlichen Kosten, speziell aber auf den gegenüber der Lizenzproduktion späteren Ablieferungszeitpunkt eines einheimischen Fahrzeugs [30]. Diesen Argumenten schloss sich der Bundesrat an, als er sich im Dezember, nach der Verlängerung der ursprünglich gesetzten Frist, gegen das schweizerische Konzept aussprach, ein Entscheid, der im grossen ganzen nicht schlecht aufgenommen wurde, auch wenn er bei den interessierten Betrieben und bei deren Arbeitnehmern auf Kritik stiess [31].
 
[21] Vgl. Bericht der Militärkommission des Nationalrates über Mängel am Panzer 68. S. 98 ff.; sowie deren Postulat in Amtl. Bull. NR, 1979, S. 1253; Divisionär Lüthy in TA, 230. 4.10.79.
[22] Ww, 24, 13.6.79.
[23] Presse vom 21.6.79.
[24] Bericht der Militärkommission des Nationalrates über Mängel am Panzer 68. S. 103 ff. ; Resolution SOG in NZZ, 144. 25.6.79; Ww, 25, 20.6.79; vgl. auch SPJ, 1978, S. 47.
[25] Vgl. TA, 214. 115.9.79; BaZ, 222. 22.9.79; vgl. auch Postulat von NR H. Rüegg (fdp, ZH) in Verhandl. B. vers.. 1979, IV, S. 56; den Rücktritt des Rüstungschefs verlangte NR E. Oehler in Interview in Sonntagsblick, 38, 23.9.79; vgl. auch BaZ, 222, 22.9.79.
[26] BaZ, 166. 19.7.79; TA, 165. 19.7.79; NZZ, 167. 21.7.79; 170. 25.7.79.
[27] Ruedi Tobler, Sekretär des Schweiz. Friedensrates. in Vr, 167. 20.7.79.
[28] BBl, 1980. I, S. 426 f.; NR P. Wyss (fdp. BS) in SGT 234, 6.10.79; G. Däniker in NZZ, 278, 29.11.79.
[29] BBl, 1980, I, S. 426 ff.
[30] W. Bischofberger in NZZ, 123. 30.5.79; Brigadier Wanner (Antwort auf Bischofberger) in NZZ, 135. 14.6.79 ebenso in 27.4.7.79; Brigadier König in NZZ, 186, 14.8.79;NR Allgöwer in BaZ, 189. 15.8.79; vgl. auch NZZ, 172. 27.7.79; sowie Vat., 173. 28.7.79.
[31] BR-Entscheid vgl. Presse vom 4.12.79; positive Reaktionen vgl. Bund, 284.4.12.79; NZZ, 283. 5.12.79: 286. 8.12.79; Kritik der Industrie (Georg Fischer sowie Saurer) und der Arbeitnehmer vgl. Ldb, 285. 8.12.79: Bund, 300. 22.12.79.