Année politique Suisse 1979 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications
 
Eisenbahn
Die Eisenbahnen befinden sich in einer unverändert schlechten finanziellen Lage. Bundesrat Ritschard wies darauf hin, dass die Fehlbeträge nicht einfach als Verluste anzusehen seien, sondern als Kosten, welche die Allgemeinheit für die Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen öffentlichen Verkehrsnetzes auf sich nehmen müsse. Dabei sei es allerdings erforderlich, sich über die Strukturen der Defizite Klarheit zu verschaffen, um beurteilen zu können, welche Leistungen weiterhin durch die Bahnen erbracht werden sollen [13].
Die Rechnung der SBB für das Jahr 1978 wies ein Manko von 622,6 Mio Fr. aus. Der provisorische Abschluss für 1979 lässt ein Defizit von rund 640 Mio Fr. erwarten. Wohl nicht zuletzt wegen der Steigerung der Benzin- und Dieselölpreise konnte der Schienengüterverkehr einen mengenmässigen Zuwachs von 10,2% erzielen, woraus Mehreinnahmen von 6,6% resultierten. Der Personenverkehr entwickelte sich ebenfalls leicht positiv. Für das Jahr 1980 budgetierte die SBB ein Anwachsen des Fehlbetrags auf rund 750 Mio Fr.. da sie wegen der zu erwartenden Teuerung mit erhöhten Personalauslagen rechnen muss. Der Bundesrat war allerdings der Meinung. dass der Voranschlag von zu pessimistischen Voraussetzungen ausgehe und die Erträge um 40 Mio Fr. besser als budgetiert ausfallen werden. Das von den Räten verabschiedete Budgetdefizit beträgt demnach 709,9 Mio Fr. Überdies erteilte das Parlament auf Anraten der Exekutive der SBB-Direktion die Weisung, mit Rationalisierungsmassnahmen 25 Mio Fr. einzusparen [14].
Rationalisierungsvorhaben, welche die Angebotsstruktur nicht antasten, sind nur noch in sehr geringem Mass möglich, weshalb sich zur Sanierung der Finanzen der SBB grundlegende Massnahmen aufdrängen. Da die GVK, die eine derartige Umstrukturierung bringen soll, nicht vor der zweiten Hälfte der achtziger Jahre wirksam sein wird, arbeitete der Bundesrat als Übergangsmassnahme den «Leistungsauftrag» aus. Darin ist vorgesehen, die Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen der SBB im regionalen Personenverkehr zu erhöhen und entsprechend dem Hierarchiegedanken der GVK die Kantone daran zu beteiligen. Bis zum Zeitpunkt, wo eine differenzierte Aufteilung der Kosten für jede einzelne Region möglich ist, sollen Bund und Kantone je die Hälfte davon übernehmen. Beim Stückgutverkehr. der nach der GVK selbsttragend werden soll, beabsichtigt der Bund die Abgeltung für gemeinwirtschaftliche Leistungen schrittweise abzubauen. Eine Leistungsreduktion sieht der Bundesrat — und auch die SBB-Direktion — nicht vor. Im Gegenteil, ab 1982 soll auf dem ganzen Netz der Taktfahrplan eingeführt werden. Auf die früher in Erwägung gezogene Stillegung von Nebenlinien will man weitgehend verzichten; vorgesehen ist indessen die Fortsetzung der Bestrebungen, wenig frequentierte Bahnhöfe in unbesetzte Stationen umzuwandeln.
Neben den am Betrieb orientierten Massnahmen, deren wichtigste wir oben erwähnt haben, plant die Landesregierung mit der Umwandlung von Bundesdarlehen in der Höhe von 2,2 Mia Fr. in Dotationskapital die Kapitalstruktur der SBB zu verbessern und die Bahnrechnung dadurch von einer jährlichen Zinslast von rund 140 Mio Fr. zu befreien. Insgesamt betrachtet kann zwar die Eigenwirtschaftlichkeit der Bundesbahnen auch mit den im Leistungsauftrag vorgeschlagenen Massnahmen nicht erzielt werden. Diese bringen aber— falls ihnen das Parlament zustimmen wird — den Abbau des Defizits der SBB um 4–500 Mio Fr. [15].
Trotz aller widrigen Umstände, welche den Bau des Furkatunnels bisher begleitet haben, sprachen sich National- und Ständerat in einem Grundsatzentscheid für dessen Vollendung aus. Der Bundesrat stellte in der Folge ein neues Kreditgesuch, welches in Preisen von 1972 ungefähr 100 Mio Fr. beträgt und das für die Fertigstellung des am Jahresende zu rund neun Zehnteln ausgebrochenen Tunnels voraussichtlich genügen sollte. Die Gesamtkosten für das mit 72 Mio Fr. budgetierte Projekt werden sich demnach auf etwa 300 Mio — unter Ausschluss der Teuerung auf 225 Mio Fr. — belaufen. Die Volkskammer stimmte dem Nachkredit zu. In der Beratung wurde darauf hingewiesen, dass bei diesem Alpentunnel weniger die Höhe der Baukosten an sich störend sei, als vielmehr die überoptimistische und unsorgfältige Planung und Budgetierung [16]. Der Ständerat — er hat das Kreditgesuch noch nicht behandelt — nahm vom Bericht der nationalrätlichen Kommission zur Untersuchung der Kostenüberschreitungen beim Furkatunnel Kenntnis, ohne sich dazu zu äussern. Er hielt dabei an seiner Überzeugung fest, dass die Suche nach Unstimmigkeiten und nach Verantwortlichen Aufgabe der Regierung und des von ihr eingesetzten juristischen Ausschusses sei [17].
Nicht allein emotionale Motive, sondern auch energie- und regionalpolitische Überlegungen hatten in den letzten Jahren zu Protesten gegen geplante Ersetzungen von Bahnlinien durch Autobustransporte geführt. Der Aargauer Grosse Rat votierte im Berichtsjahr deutlich gegen die von der Regierung vorgeschlagene Aufhebung der Privatbahn Wohlen-Meisterschwanden. In der Waadt sprach sich die Exekutive für die Beibehaltung dreier ebenfalls von Einstellung bedrohter Linien aus [18]. Auch die wegen ihrer vielen Niveauübergänge unfallträchtige Seetalbahn (LU, AG) soll beibehalten und ihr Trassee etappenweise saniert werden [19].
 
[13] Amtl. Bull. StR, 1979. S. 304; Amtl.. Bull. NR, 1979, S. 1472.
[14] Rechnung 1978: BBl, 1979, II, S. 131 ff.;Amtl Bull. NR, 1979.S. 535 ff.; Amtl. Bull. StR, 1979, S. 302 ff. Provisorische Rechnung 1979; Vr, 25. 6.2.80. Budget 1980: BBl, 1979, III, S. 720 ff.; Amtl. Bull. NR, 1979,. S. 1464 ff. ; Amtl. Bull. StR, 1979. S. 539 ff.; BBl, 1979, III, S. 1 164 f.
[15] BBl, 1980, I, S. 306 ff. Vgl. auch NZZ, 270, 20.11.79; TA, 92, 21.4.79; TLM, 56. 25.2.79; Bund, 104, 5.5.79; 153, 4.7.79. Zu den geplanten Massnahmen zählt auch die finanzielle Starthilfe für den Huckepackverkehr, mit dem ein Teil des Lastwagentransites von der Benützung des Gotthardstrassentunnels abgehalten werden soll (vgl. dazu auch SPJ, 1978, S. 100). Vgl. ebenfalls R. Stumm, Ökonomische Betrachtungen zu den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der Schweizerischen Bundesbahnen, Bern 1979. sowie R. Haudenschild, «Wieviel Bahn und welche Bahn braucht die schweizerische Volkswirtschaft» und H. Stricker, «Die SBB — eine Unternehmung mit Chancen», beide in Schweiz. Zeitschrift für Verkehrswirtschaft. 34/1979. Nr. 4, S. 16 ff., resp. S. 29 ff.
[16] BBl, 1979, I, S. 303 ff.; Amtl. Bull. NR, 1979. S. 63 ff.; Amtl. Bull. StR, 1979. S. 155 ff. Die Standesvertreter waren einstimmig, die Nationalräte mit 102:9 Stimmen für die Fertigstellung. Nachkredit: BBl, 1979, II, S. 972 ff.; Amtl. Bull. NR, 1979, S. 1612 ff. Vgl. auch U. Obrecht, Das Furka-Loch, Bern 1979 und SPJ, 1978. S. 102 f.
[17] Amtl. Bull StR, 1979. S. 162 ff. Vgl. auch SPJ, 1978. S. 102 f.
[18] Aargau: LNN, 91. 20.4.79; 119. 23.5.79; Vr. 179. 3.8.79; 196. 23.8.79. Waadt: TLM, 353. 19.12.79 und SPJ, 1977. S. 104 (es handelt sich um die Privatbahnen Nyon–Saint-Cergue, Aigle–Champéry und Aigle–Les Diablerets).
[19] Amtl. Bull. NR, 1979. S. 551 ff.; Vat., 264, 14.11.79; 270, 21.11.79; LNN, 299, 28.12.79.