Année politique Suisse 1980 : Economie / Crédit et monnaie / Geld und Währung
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Geldpolitik
Die Geldpolitik des Jahres 1980 war durch die Rückkehr zu einer in erster Linie auf Preisstabilität bedachten Geldmengensteuerung gekennzeichnet. Der Zielkonflikt zwischen Inflationsbekämpfung und Wechselkursbeeinflussung, der in den beiden Vorjahren die Führung der Nationalbankpolitik erschwert hatte, wurde durch das Sinken des Frankenkurses an den Devisenmärkten aus dem Weg geräumt [1]. Um die Schwächetendenz der schweizerischen Währung, die zum grossen Teil von den hohen ausländischen Zinssätzen herrührte, nicht noch zu verstärken, unterschritt die Nationalbank ihr Geldmengenziel. Das Ansteigen des Zinsniveaus in den wichtigsten Industriestaaten, erhöhte Inflationserwartungen und eine rege Kreditnachfrage führten auch in der Schweiz, allerdings in geringerem Ausmass als in den meisten übrigen Staaten, zu einem Anziehen der Zinssätze.
Das geldpolitische Konzept der Nationalbank erfuhr 1980 eine Modifikation. Anders als in den Jahren 1975 bis 1978 wurde als monetäre Zielgrösse nicht die Geldmenge M1 (Bargeldumlauf plus Sichtguthaben der Nichtbanken) gewählt, sondern nur der von der Nationalbank geschaffene Teil davon, also die Notenbankgeldmenge (Notenumlauf plus Giroguthaben der Wirtschaft bei der Nationalbank). Die Nationalbank betont, dass dies keine grundlegende Änderung ihrer Politik bedeute. Sie nimmt an, mittelfristig wachse M1 ungefähr im Ausmass des Anstiegs der Notenbankgeldmenge. Kurzfristig jedoch können veränderte Erwartungen über den Verlauf des Wechselkurses zu nicht voraussehbaren Schwankungen von M1 führen. Der Vorteil des Übergangs zur Steuerung der Notenbankgeldmenge besteht darin, dass sich dadurch die Gefahr einer stabilitätspolitisch falschen Reaktion auf solche Bewegungen von M1 verringert. Nach Ansicht der Nationalbank hat sich die Modifikation des geldpolitischen Konzeptes 1980 als richtig erwiesen. M1 verminderte sich nämlich weit stärker als Ende 1979 angenommen worden war; hätte die Nationalbank eine Vorgabe für M1 erreichen wollen, so wäre sie demnach zu einer expansiven Geldpolitik gezwungen gewesen; dies hätte die Inflation begünstigt und den Frankenkurs noch mehr geschwächt [2].
Für 1980 hatte sich die Nationalbank — im Einverständnis mit dem Bundesrat — vorgenommen, die Notenbankgeldmenge um 4% auszudehnen. Diese Zielvorgabe war jedoch nicht als starre Regel zu betrachten, sondern als Richtgrösse, die es unter normalen Umständen zu erreichen galt. Als sich der Kurs des Frankens zu Beginn des Jahres abschwächte, wurde die Notenbankgeldmenge weniger als vorgesehen vergrössert, um den Druck auf die Schweizer Währung nicht noch zu verstärken. Obwohl sich der Franken in der zweiten Jahreshälfte etwas erholte, unterschritt die Nationalbank weiterhin ihr Geldmengenziel. Zu dieser etwas restriktiveren Geldpolitik sah sie sich im Hinblick aufdie Inflationsbekämpfung veranlasst. Die Teuerung war in der Schweiz zwar niedriger als im Ausland, erreichte aber dennoch eine stabilitätspolitisch unerwünschte Höhe. (Der Anstieg der Konsumentenpreise von Dezember 1979 bis Dezember 1980 betrug 4,4%.) Anstatt wie geplant auf 4% belief sich der durchschnittliche Zuwachs der Notenbankgeldmenge im Jahre 1980 nur auf 2%. Beim Banknotenumlauf ist die bloss geringe Zunahme teilweise darauf zurückzuführen, dass das Anziehen der kurzfristigen Zinssätze und die Aufhebung des Verzinsungsverbots für ausländische Gelder einen Rückfluss bisher gehorteter Noten ins Bankensystem bewirkten und somit die Nachfrage nach neuen Noten dämpften. Zudem mag die intensive Werbung der Banken für den bargeldlosen Zahlungsverkehr die Verwendung von Banknoten eingeschränkt haben.
Die Geldmenge M, ging um 9,2% zurück, während die Geldmenge M2 (M1 plus Termineinlagen) um rund 20% anstieg. Diese unterschiedliche Entwicklung der Geldmengenaggregate ist auf das anziehende Zinsniveau zurückzuführen, das eine Umschichtung von Sicht- auf Termineinlagen mit sich brachte. Zusätzlich erhöhten sich die Termineinlagen aufgrund der Zinsdifferenz zwischen Kassenobligationen und Spargeldern einerseits und Termineinlagen andererseits.
Für 1981 wird wiederum ein Wachstum der Notenbankgeldmenge von 4% geplant. Dieser Prozentsatz liegt leicht über der Geldmengenentwicklung, welche die Nationalbank auf mittlere Sicht anstrebt. Die Schwierigkeit, die internationale Konjunkturlage vorauszusagen, rechtfertigt ihrer Ansicht nach jedoch die beabsichtigte Wachstumsrate [3].
Obwohl den Entscheiden über die angestrebte Geldmengenentwicklung überragende Bedeutung für Beschäftigung und Geldwertstabilität zukommt, werden diese in der breiten Öffentlichkeit wenig diskutiert. Eine Kontroverse über die Art und Weise, wie die Nationalbank ihre Stabilitätspolitik zu führen habe, ergab sich, als Nationalbank-Direktor Leutwiler erklärte, im Interesse der Inflationsbekämpfung sollten die Lohnsteigerungen 1980 hinter denjenigen des Vorjahres zurückbleiben. Von gewerkschaftlicher Seite wurde dies als Einmischung in die Beziehung zwischen den Sozialpartnern gewertet. Es sei der Nationalbank unbenommen, auf Inflationsgefahren hinzuweisen und eine vorab auf Geldwertstabilität ausgerichtete Politik zu betreiben. Die Empfehlung Leutwilers laufe aber auf eine Schützenhilfe zugunsten der Arbeitgeber hinaus [4].
 
[1] Vgl. SPJ, 1978, S. 60 f. und SPJ, 1979, S. 71.
[2] Zur Kritik der neuen monetären Zielgrösse vgl. NZZ, 27, 2.2.80.
[3] SNB, Geschäftsbericht. 73/1980. S. 7 ff. und 23 f.; Presse vom 20.12.80; vgl. Bund, 105, 6.5.80. Zur Steuerbarkeit der Geldmenge vgl. auch B. Gehrig, Geldpolitik unter alternativen institutionellen Voraussetzungen, Bern 1980. Zum Notenbankinstrumentarium vgl. ebenfalls L. Schürmann, Nationalbankgesetz und Ausführungserlasse, Bern 1980. Zum Preisindex vgl. oben, Teil I, 4a (Konjunkturlage).
[4] SGB, 4, 31.1.80; NZZ, 27, 2.2.80. Zur Wirkung der Lohnentwicklung auf die Teuerung vgl. U. Fiechter, Teuerungsklauseln in Lohnvereinbarungen und ihre Wirkungen, Bern 1981.