Année politique Suisse 1980 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications
 
Agglomerationsverkehr
Ein grosser Teil des Agglomerationsverkehrs wird verursacht durch Automobilisten, welche täglich aus den Vororten zu ihren Arbeitsplätzen in die Stadtzentren fahren. Bei der Suche nach Parkplätzen erzeugen sie eine erhebliche Lärm- und Verkehrsbelastung in den städtischen Wohnquartieren. Einen in Bern gestarteten Versuch, das Dauerparkieren Ortsfremder in zentrumsnahen Wohngegenden zu verbieten, erklärte das Bundesgericht aber als rechtswidrig, da damit das Prinzip der Rechtsgleichheit aller Bürger missachtet werde. Der bernische Gemeinderat Bratschi (sp) reichte daraufhin im Nationalrat eine parlamentarische Initiative ein, welche verlangt, das Strassenverkehrsgesetz sei in dem Sinne zu ändern, dass Strassenanwohnern eine bevorzugte Stellung beim Parkieren eingeräumt werden kann [7].
Im Zeichen der Eindämmung des privaten Agglomerationsverkehrs stehen auch die diversen Bestrebungen zur Schaffung von verkehrsfreien oder wenigstens verkehrsarmen Stadtzentren. In Basel wurde die bestehende Fussgängerzone wesentlich erweitert. Nachdem in Bern ein erster Anlauf zur Erschwerung des Privatverkehrs in weiteren Teilen der Innenstadt an Einsprachen gescheitert war, unternahmen die Behörden nun einen zweiten modifizierten Versuch. In Winterthur verlangte die von Geschäftsleuten aus dem Zentrum unterstützte SVP die Lockerung der 1973 vom Volk beschlossenen Sperrung der Altstadt für den privaten Motorfahrzeugverkehr. Die Bürger hielten aber an ihrem Entscheid fest und lehnten die neue Initiative mit 11 087 zu 9946 Stimmen ab [8].
Angesichts der in den letzten Jahren entstandenen Einkaufszentren ausserhalb der Städte mit ihren autogerechten Zufahrten und Parkierungsmöglichkeiten rufen die städtischen Geschäftsinhaber nach der Schaffung von Parkraum in unmittelbarer Nähe der Stadtzentren. Diesen Forderungen stehen die Kritiken der Umweltschützer und der politischen Linken gegenüber, dass es nicht angehe, mit der Bereitstellung von Parkraum noch mehr motorisierten Privatverkehr in die Städte hereinzuholen, In Luzern, wie vorher bereits in einigen andern Städten, folgten die Stimmbürger den Argumenten des Umweltschutzes und lehnten eine Beteiligung der Stadt am Bau eines Parkhauses wuchtig ab. Im Kanton Zürich hatte die POCH eine Volksinitiative eingereicht, welche verlangt, dass die Errichtung von Grossparkhäusern vom Einverständnis der Legislative bzw. der Stimmbürger der Standortgemeinde abhängig gemacht werde. Dies soll dadurch geschehen, dass Grossparkhäuser, die nicht ausschliesslich den Anwohnern dienen, im kommunalen Verkehrsplan aufgeführt sein müssen. Der. Regierungsrat empfiehlt die Initiative zur Ablehnung, da es nicht statthaft sei, dass die Errichtung regional bedeutender Verkehrsanlagen durch den Entscheid einer Gemeinde (gedacht ist dabei vor allem an die Stadt Zürich) verhindert werde [9].
Die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel in der Agglomeration Basel hat durch das Zustandekommen einer einheitlichen Tarifstruktur auf einem Netz von insgesamt 250 km wesentlich an Attraktivität gewonnen. In Zürich sind dem Ausbau der Leistungsfähigkeit des Vorortverkehrs durch die Kapazitätsengpässe im Hauptbahnhof und auf den zu ihm führenden Linien enge Grenzen gesetzt Entlastung schaffen könnte der seit langem geplante Zürichbergtunnel mit dem unterirdischen Bahnhof Museumstrasse. Da sich der Bund aus finanz- und verkehrspolitischen Gründen nicht bereit erklären kann, dieses vorwiegend dem Agglomerationsverkehr dienende Vorhaben in naher Zukunft finanziell zu unterstützen, beschloss die Zürcher Kantonsregierung, das Projekt in Zusammenarbeit mit den SBB in eigener Regie zu verwirklichen. An die auf 653 Mio Fr. budgetierten Kosten wollen die Bundesbahnen einen Beitrag von 100 Mio Fr. leisten, der Restbetrag soll über den 1978 geschaffenen kantonalen Fonds für den öffentlichen Verkehr finanziert werden. Der zwei Jahre zuvor in der Stadt Zürich beschlossenen Erweiterung des Tramnetzes durch den Bau einer Linie nach Schwamendingen erwuchs Opposition. Geschäftsleute aus dem Quartier, welche von der neuen Verbindung eine Abwanderung ihrer Kundschaft ins Stadtzentrum befürchten, forderten mit einer Initiative eine Redimensionierung des Projekts, was die Stimmberechtigten aber deutlich ablehnten [10].
 
[7] TA, 36, 13.2.80; TW, 265. 11.11.80; Verhandl. B.vers., 1980, IV, S. 18.
[8] Basel : BaZ, 190. 15.8.80 ; 284, 3.12.80. Bern : Bund, 45, 23.2.80 ; 241, 14.10.80 ; 243, 16.10.80. Winterthur: Ldb, 76, 14.4.80; 123, 31.5.80.
[9] Luzern: Vat., 49. 28.2.80; LNN, 52, 3.3.80 (491 1 Ja: 16 385 Nein). Zürich: SPJ, 1978. S. 101 ; NZZ, 129, 6.6.80; 180, 6.8.80.
[10] Basel : BaZ, 187, 12.8.80. Das 50 Mio Fr.-Projekt für den Ausbau einer Tramlinie im Kanton Basel-Land wurde trotz Opposition gegen die geplante Linienführung vom Volk deutlich gutgeheissen (BaZ, 205, 2.9.80 ; 219, 18.9.80; 243, 16.10.80; 282, 1.12.80). Zürichberglinie: NZZ, 105, 5.7.80; 194, 22.8.80; 278, 28.11.80; TA, 254, 31.10.80; vgl. auch SPJ, 1978. S. 100 f. und 1979, S. 111. Tram Schwamendingen: NZZ, 12, 16.1.80; 50, 29.2.80; 55, 6.3.80; 121, 28.5.80; 131, 9.6.80; siehe auch SPJ, 1978, S. 100.