Année politique Suisse 1980 : Enseignement, culture et médias / Médias / Medienpolitik
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Informationspolitik
Die Kommission Kopp befasste sich auch mit Problemen der Information und schlug zuhanden des Bundesrats ein Gesetz vor, das jedermann zum Einholen von Auskünften über die Tätigkeit der Bundesverwaltung berechtigt. Dieses Recht auf Information soll nur bei wirklich geheimem Charakter der Akten eingeschränkt werden [6]. Die Kommission traf sich dabei mit andern Stimmen, die eine umfassende Informationspflicht für Regierung, Parlament und Verwaltung forderten und die weitverbreitete Geheimhaltung, insbesondere von parlamentarischen Kommissionssitzungen, kritisierten. Das Büro des Nationalrates hatte zu Jahresbeginn festgestellt, das Wächteramt der Presse dürfe erst wirksam werden, wenn nach Abschluss einer Kommissionstätigkeit Anhaltspunkte für eine Vertuschung vorliegen würden [7]. Diese Situation provozierte verschiedentlich Indiskretionen, wobei vor allem die vorzeitige Veröffentlichung eines noch als vertraulich bezeichneten Kommissionsberichts zur Spionageaffäre Bachmann/Schilling einen eigentlichen Eklat auslöste. Die parlamentarische Immunität des freisinnigen Nationalrats Georg Nef, der den Bericht dem Journalisten einer Boulevard-Zeitung ausgehändigt hatte, wurde jedoch nicht aufgehoben [8]. In einem Indiskretionsfall aus dem Vorjahr (SRG-Papier der Geschäftsprüfungskommission) wurde der verantwortliche Journalist, der seine Bezugsquelle nicht angeben wollte, zu einer Busse und zur Zahlung der Gerichtskosten verurteilt [9]. Die Praxis, bei Indiskretionen mit Mitteln des Strafrechts gegen Journalisten zu fahnden und die Suche nach ihren Urhebern in Verwaltung und Kommissionen weniger nachhaltig zu führen oder gar zu unterlassen, bewog unter anderem Ständerat Binder (cvp, AG) zur Einreichung einer Motion, in der eine Überprüfung der Geheimhaltungsvorschriften, ein Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten und ein Gegendarstellungsrecht zur Sicherung des Persönlichkeitsschutzes gefordert werden. Ein Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten in Presse, Radio und Fernsehen verlangt ausserdem eine parlamentarische Initiative von Nationalrat Bäumlin (sp, BE) [10].
 
[6] Presse vom 18.10.80; TW, 265, 11.11.80. Information allgemein: B. Lempen, Information et pouvoir. Essai sur le sens de l'information et son enjeu politique. Lausanne 1980. Vgl. auch Postulat Crevoisier (psa. BE) betreffend Information der Kantone und Gemeinden über UNESCO und Europarat (überwiesen): Amtl. Bull. NR, 1980, S. 1687.
[7] Vat. (ddp), 129. 6.6.80; Bund, 134, 11.6.80; Ww, 39, 24.9.80; BaZ, 259, 4.11.80 (als Beispiel: Nach zweitägigen Kommissionsberatungen zur revidierten Arbeitslosenversicherung wird nur das nächste Sitzungsdatum und nichts zur Sache bekannt gegeben).
[8] BaZ, 130, 6.6.80; 226, 26.9.80; Vat. (sda), 129, 6.6.80; NZZ (sda). 132, 10.6.80; vgl. auch oben. Teil I, 1c (Parlament) und 3 (Organisationsfragen).
[9] Vr, 22, 1.2.80 ; NZZ (sda), 187, 14.8.80 ; (sda), 195, 23.8.80 ; (sda), 248, 24.10.80 ; Vat. (sda), 297. 23.12.80 ; vgl. SPJ, 1979, S. 164.
[10] Strafpraxis: NZZ, 223, 25.9.80; (sda), 302, 29.12.80. Motion Binder (cvp, AG): Verhandl. B.vers., 1980, IV, S. 77 f.; NZZ, 235, 9.10.80; TLM, 283, 9.10.80; BaZ, 238, 10.10.80; LNN, 243, 18.10.80. Parlamentarische Initiative Bäumlin (sp, BE): Verhandl. B.vers.. 1980, IV, S. 18; LNN, 55, 6.3.80; TW, 73, 27.3.80.