Année politique Suisse 1981 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
Freisinnig-demokratischen Partei
Mit ihrer Nein-Parole zum Konsumentenschutz-Artikel zogen die Delegierten der Freisinnig-demokratischen Partei (FDP) Konsequenzen aus ihrer Parole «Weniger Staat». Sie zeigten sich nicht bereit, der neuen Bundeskompetenz zuzustimmen, obwohl diese Ergebnis der Zusammenarbeit der vier Regierungspartner war
[15].
Dem Trend zu stärkerer politischer Profilierung und Abgrenzung sowie der Wiedererstarkung bürgerlicher Politik trug die FDP mit der Veröffentlichung der «Rigi-Thesen » Rechnung. Diese «Leitideen für eine liberale Zukunft» wurden als Versuch dargestellt, sich nicht nur an aktuellen und mittelfristigen Problemen zu orientieren, sondern eine grundsätzliche Politik zu formulieren. Mit den Rigi-Thesen wird eine Liberalismus-Offensive für die 80er- und 90er- Jahre angestrebt. Ihr Grundsatzteil, der einer parteiinternen Vernehmlassung zugeleitet wurde, soll die Programm-Thesen «Liberalismus heute» von 1973 ablösen.
Die Thesen fussen auf einem modernen Wirtschaftsliberalismus — von den Autoren als Neoliberalismus bezeichnet —, der definieren soll, welche staatlichen Interventionen mit einer freien Marktwirtschaft vereinbar sind. Aber während die FDP 1973 unter dem Eindruck der Gefahren eines ungehemmten Wachstums den Ton auf eine gewisse Beschränkung der Freiheit legte, zielt man jetzt wieder mehr auf eine Minimalisierung staatlicher Eingriffe. So wird in geradezu apodiktischer Grundsätzlichkeit festgestellt, dass Freiheit Eigentum voraussetze und dass im wirtschaftlichen Bereich die freie Konkurrenz für eine Aufteilung der Macht sorge. In der parteiinternen Vernehmlassung und in der Presse wurde denn auch einerseits das Primat des Eigentums kritisiert, anderseits stiessen sich gewisse Parteikreise an der gegenüber 1973 progressiver wirkenden These, dass Mitbestimmung auch die Unternehmensebene miteinschliessen könne
[16].
Die Jungliberale Bewegung der Schweiz (JBS) stellte im April an ihrem «Tag der Jugend» fest, dass die Jugendunruhen gegen einen Staat gewandt seien, der alles reglementiere. Insofern seien Parallelen zur freisinnigen Politik sichtbar. Zwischen dem Bestreben nach autonomen Jugendzentren und der demokratischen Tradition gibt es nach Ansicht der JBS keinen Widerspruch. An ihrem Herbstkongress beschlossen die Jungliberalen ferner, das Referendum gegen die von den eidgenössischen Räten beschlossene Revision des Strafgesetzbuches im Bereich der Gewaltverbrechen zu ergreifen. Insbesondere die Artikel über strafbare Vorbereitungshandlungen stellen für die JBS einen «unhaltbaren Einbruch in unsere liberale Rechtsordnung» dar. Da sich die Jungliberalen keinem der bereits bestehenden linken Referendumskomitees anschliessen wollten, gründeten sie ein eigenes
[17].
[15] TA, 100, 2.5.81; 101, 4.5.81; Freisinn, Nr. 5, Mai 1981. Vgl. oben, Teil I, 4a (Konsumentenschutz).
[16] Trend: NZZ, 1, 3.1.81; Rigi-Thesen: Politische Rundschau, 60%1981, S. 75 ff.; Presse vom 5.9.81; BaZ, 218, 18.9.81 (Interview mit dem Leiter der Arbeitsgruppe Programmrevision, dem Basler NR P. Wyss); Freisinn, Nr. 9, Sept. 1981; Nr. 11, Nov. 1981. Der Mitbestimmungsbegriff der Rigi-Thesen ist keineswegs identisch mit dem gewerkschaftlichen Postulat, heisst es doch in den Thesen auch : « Mitbestimmung will Selbstbestimmung der Arbeitnehmer und schliesst Fremdbestimmung, insbesondere durch Gewerkschaftsvertreter, aus». Zu den Thesen von 1973 vgl. SPJ, 1973, S. 161 f.
[17] NZZ, 86, 13.4.81; 254, 2.11.81; TA, 86, 13.4.81; Vgl. oben, Teil I, 1b (Strafrecht).
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