Année politique Suisse 1981 : Economie / Politique économique générale
 
Wirtschaftsordnung
Das weitgehend erschütterungsfreie Geschehen brachte allerdings die prinzipiellen Kritiken am bestehenden Wirtschaftssystem nicht zum Verstummen. Der im Vorjahr präsentierte Entwurf für ein neues sozialdemokratisches Parteiprogramm, worin insbesondere die Errichtung einer auf selbstverwalteten Betrieben aufbauenden Ordnung postuliert wird, stiess im parteiinternen Vemehmlassungsverfahren sowohl bei der Führung als auch bei der Basis auf grosse Skepsis. Der Parteitag beauftragte eine Arbeitsgruppe mit der Überarbeitung des Entwurfs [2]. Die von den Vertretern des Umweltschutzes an der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung geübte Kritik bezieht sich weniger auf die Besitz- und Verfügungsrechte als vielmehr auf die wirtschaftlichen Ziele der Unternehmungen. Das quantitative Wachstum, welches seinen typischen Ausdruck in der Massgrösse des Sozialprodukts findet, muss nach Ansicht der Ökologen durch ein qualitatives Wachstum ersetzt werden. Bei dessen Berechnung soll die Rücksichtnahme auf Sozialindikatoren wie z.B. die natürliche Umwelt und die menschliche Gesundheit mindestens ebenso hoch bewertet werden wie die mengenmässige Produktion [3].
 
[2] F. Mattmüller, «Selbstverwirklichung durch Selbstverwaltung» und H. Schmid, «Selbstverwaltung als wirtschafts- und gesellschaftspolitische Strategie», in Rote Revue, 60/1981, Nr. 7, S. 16 ff., bzw. Nr. 9, S. 5 ff.; NZZ, 229, 3.10.81; Vr, 195, 8.10.81; Presse vom 19.10.81; vgl. ebenfalls unten, Teil III a (Sozialdemokratische Partei). Allgemein zur geltenden Wirtschaftsordnung siehe F. Gygi, Wirtschaftsverfassungsrecht, Bern 1981.
[3] H. Ch. Binswanger, Wirtschaft und Umwelt—Möglichkeiten einer ökologieverträglichen Wirtschaftspolitik, Stuttgart 1981, sowie vom selben Autor «Vom quantitativen zum qualitativen Wachstum — ein neues Szenario der Wirtschaftspolitik», in Wirtschaft und Recht, 33/1981, Nr. 3/4, S. 179 ff. Der NR überwies zwei Postulate zu diesem Themenkreis: mit dem einen wird der Ausbau der nationalen Buchhaltung zu einer Art gesamtwirtschaftlichen Sozialbilanz angeregt, mit dem andern die Ausarbeitung einer Strategie für den Übergang vom quantitativen zum qualitativen Wachstum vorgeschlagen (Amtl. Bull. NR, 1981, S. 426 und 895). Zu den Sozialindikatoren vgl. auch unten, Teil I, 7 b (Introduction).