Année politique Suisse 1981 : Economie / Crédit et monnaie / Geld- und Währungspolitik
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Geld- und Kapitalmarkt
Die von der Nationalbank betriebene Politik des knappen Geldes, die konjunkturbedingte Expansion der Kreditnachfrage und das hohe Zinsniveau im Ausland bewirkten — wenigstens in den ersten drei Quartalen — eine ausgesprochene Zinshausse auf dem schweizerischen Geld- und Kapitalmarkt. Die Festgeldsätze der Banken und parallel dazu die Euromarktzinsen verdoppelten sich beinahe und erreichten anfangs Oktober mit 10,25%, resp. 11,25% (für Dreimonatsdepots) ihren Höhepunkt. Gegen Jahresende ermässigten sie sich wieder auf rund 9%. Die Nationalbank zog bei dieser Entwicklung mit und erhöhte in vier Schritten den Diskontsatz von 3 auf 6% und den Lombardsatz von 4 auf 71/2%. Damit erreichten die offiziellen Leitzinsen den höchsten Stand in der 74-jährigen Geschichte der Nationalbank.
Die Kapitalmarktzinsen verblieben während des ganzen Jahres unter denjenigen für kurzfristige Anlagen; ihre Entwicklung nahm aber einen ähnlichen Verlauf. Die Durchschnittsrendite für Bundesanleihen stieg von rund 4,5% zu Jahresbeginn auf knapp 6,2% im September an und ermässigte sich bis Ende Dezember wieder auf 5,5%. Obwohl die Zinsen beinahe den Rekordstand von 1973/74 erreichten, blieben sie im internationalen Vergleich relativ niedrig, was zur Folge hatte, dass die Beanspruchung des Kapitalmarkts durch Ausländer stark anstieg. Die bewilligungspflichtigen Kapitalexporte übertrafen mit 32,4 Mia Fr. das bisherige Rekordergebnis aus dem Jahr 1979 um 14,6%. Davon entfielen 7,58 Mia (1980: 5,49 Mia) auf öffentliche Anleihen, 11,86 Mia (8,4) auf die Plazierung mittelfristiger Schuldverschreibungen und 12,96 Mia (9,44) auf Export- und Finanzkredite. Da die internationalen Kapitalströme weltweit in noch stärkerem Mass expandierten, vermochte die Schweiz ihren Anteil nicht ganz zu halten ; sie bestätigte aber doch ihre Rolle als wichtige Drehscheibe und Finanzplatz [5].
Der bereits im Vorjahr konstatierte Abfluss von Sparheftgeldern in ertragsreichere Anlageformen hielt auch im Berichtsjahr an, so dass sich der Bestand an Spareinlagen um 5,7% zurückbildete. Die Banken reagierten auf dieses im Vergleich zu früheren Zeiten flexiblere Verhalten der Sparer mit einer Erhöhung der Sparheft- und Kassenobligationszinsen von 3%, resp. 4,75% auf 3,5%, resp. 6,5%. Die Nationalbank verzichtete dabei auf ihr Recht, verbindliche Höchstsätze für Kassenobligationen festzulegen. Dank der Zinsanpassung bei den Kassenscheinen gelang es den Banken, den Mittelabfluss bei den Sparheften zu kompensieren. Durch die Verschiebung zu höher verzinslichen Anlagen wurde aber die Finanzierung der gegenüber dem Vorjahr um weitere 10% angestiegenen Hypothekardarlehen zu den bisherigen Konditionen erschwert. Die gemessen an den übrigen Aktivzinssätzen billigen Hypothekarzinsen wurden im Jahresmittel von 4,73% auf 6,45 %(neue 1: Hypotheken) angehoben; 1. Althypotheken erhöhten sich von 4,49 auf 5,56%. Da beim bestehenden ausgetrockneten Wohnungsmarkt Kostensteigerungen in der Regel ohne Abstriche auf die Mieter überwälzt werden, stiess die Zinsanpassungspolitik der Banken auf heftige Kritik der politischen Linken und der Gewerkschaften. Nationalbank und Bundesrat liessen hingegen die noch ein Jahr zuvor gemachten Einwände fallen und betonten, dass zum Zweck der dauerhaften Inflationsbekämpfung einige kurzfristige zinskostenbedingte Preissteigerungen, die von der Politik des knappen Geldes verursacht waren, in Kauf genommen werden müssten. Zudem sei die Verteuerung der Neuhypotheken auch zur Bremsung der Hochkonjunktur im Baugewerbe nicht unerwünscht. Wegen der spürbaren Auswirkungen der Hypothekarzinssätze auf die gesamte Wirtschaft kam es zu diversen Vorschlägen für die Neugestaltung dieser Kreditsparte. Am meisten genannt wurden dabei die Amortisationspflicht zur Reduktion der in der Schweiz relativ hohen Hypothekarverschuldung und die Einführung von Festzinsen [6]. Ausbaufähig dürfte im weitern das Instrument des Pfandbriefes sein, mit welchem die Banken zu günstigen Bedingungen Kapital zur Hypothekengewährung aufnehmen können. Einen ersten Schritt in diese Richtung hat der Bundesrat mit dem Entwurf zu einer Revision des Pfandbriefgesetzes bereits unternommen. Er postuliert darin die Abschaffung der auf dem Kapitalmarkt nicht mehr üblichen und unattraktiven Minimallaufzeit von 15 Jahren. Der Ständerat stimmte dieser Gesetzesänderung, welche eine Reduktion der Pfandbriefrendite zur Folge haben sollte, oppositionslos zu [7]. Andere Vorschläge, wie etwa die von den Banken ins Gespräch gebrachte Bindung der Hypothekarzinssätze an die Kapitalmarktsätze oder die von der SP und den Gewerkschaften geforderte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs zur Stabilisierung der im Inland geltenden Zinssätze dürften hingegen wenig Verwirklichungschancen haben [8].
 
[5] SNB, Geschäjtsbericht, 74/1981, S. 25 f. und 27 ff.; Monatsbericht der Schweizerischen Nationalbank, Nr. 12, Dezember 1981, S. 37 und Nr. 2, Februar 1982, S. 4. Vgl. ebenfalls BaZ, 300, 23.12.81 und oben, Teil I, 2 (Balance des revenus).
[6] SNB, Geschäftsbericht, 74/1981, S. 32 ff.; Monatsbericht der Schweizerischen Nationalbank, Nr. 2, Februar 1982, S. 40 und 54 ff ; Ww, 11, 11.3.81 Vat., 63, 17.3.81; BaZ, 122, 27.5.81; Amtl. Bull. NR, 1981, S. 1751 f. Vgl. auch F. Leutwiler in op. cit., S. 5 und A. E. Sarasins Präsidialansprache in Schweiz. Bankiervereinigung, Bankiertag 1981, S. 21 ff. Kassenobligationssätze : NZZ, 167, 22.7.81. Siehe auch SPJ, 1980, S. 64 f. sowie unten, Teil I, 6c (Protection des locataires).
[7] Ww, 32, 5.8.81; TA, 270, 20.11.81; BaZ, 282, 9.12.81. Pfandbriefgesetz: BBl, 1981, III, S. 197 ff. ; Amtl. Bull. StR, 1981, S. 443.
[8] Banken : TA, 208, 9.9.81. Linke : SP-Info, 106, 5.11.81; TA, 288, 11.12.81.