Année politique Suisse 1982 : Chronique générale / Défense nationale
Organisation
Im personellen Bereich war die wichtigste Änderung der Amtsantritt von Roger Mabillard als Ausbildungschef der Armee. Ein erstes sichtbares Zeichen seines Wirkens war es, dass er die Vorschrift strikt anwandte, wonach Instruktionsobersten mit 58 Jahren pensioniert würden, weil sonst ein Übergang an hohen Offizieren im Instruktionskorps entstehe. Auf Ende 1982 trat der Kommandant des Feldarmeekorps 4, Rudolf Blocher, altershalber zurück, nachdem er im November noch die grossen Manöver «Panzerjagd» seines Verbandes in der Ostschweiz geleitet hatte. Sein Nachfolger wird der bisherige Divisionär Josef Feldmann
[16].
Grosse Publizität erlangte schliesslich die Frage eines
Einbezuges der Frau in die Gesamtverteidigung. Das EMD hatte seinerzeit die ehemalige Leiterin des FHD, Andrée Weitzel, mit einer Studie über den Problemkreis betraut, doch befriedigte das Ergebnis den Auftraggeber nicht voll, so dass eine elfköpfige Studiengruppe das Thema weiterbearbeitete und schliesslich einen Text mit acht Varianten vorlegte, von denen vier in irgendeiner Form ein Obligatorium des Fraueneinsatzes vorsahen, allerdings keine davon ein Obligatorium für eigentlichen Militärdienst. Obwohl dieser Bericht 1982 erst in die Venehmlassung ging, benützten feministische Organisationen die Gelegenheit, um schon vorher öffentlich gegen Tendenzen zur Militarisierung der Frau zu protestieren, die sie in den Vorschlägen zu finden glaubten
[17].
Ähnliche Kreise stiessen sich ebenfalls an Nachspielen zweier Affären aus dem Vorjahr: die Rekursinstanzen sprachen den Kommandanten jener Einheit frei, für deren Soldaten ein Striptease-Abend veranstaltet worden war und rüffelten den Chef EMD wegen seines vorschnellen Eingreifens in dieser Angelegenheit. Ebenso wies das bernische Obergericht eine Klage ab wegen des Offiziersschiessens auf Bilder nackter Frauen
[18].
Wie schon im Vorjahr beklagte die Luftwaffe 1982 wieder überdurchschnittlich hohe Verluste an Menschenleben und an Material. Bei den Abstürzen kamen auch Zivilpersonen um, und als ein Hunter bei einer Übung im Gebiet des Neuenburgersees zerschellte, stellte es sich nachträglich heraus, dass die Maschine irrtümlich von einem anderen Piloten des Verbandes abgeschossen worden war. Weitere Waffengattungen erlitten ebenfalls Unfälle mit tödlichem Ausgang. Einige davon fielen besonders auf, weil sie sich in Rekrutenschulen ausgerechnet an Besuchstagen für Angehörige und für ein weiteres Publikum zutrugen. Schliesslich trat auch ein, was Gegner des neuen Dienstreglements vorausgesagt hatten: beim Wachtdienst mit scharfer Munition traf ein Geschoss einen Soldaten tödlich, weil Vorschriften nicht genau befolgt worden waren
[19].
Das
Image der Armee in der Öffentlichkeit war 1982 im allgemeinen gut. Meinungsumfragen ergaben, dass die Bevölkerung zwar eine weltweite Abrüstung begrüssen würde, im eigenen Lande dagegen den Verteidigungswillen hochhalten möchte. Mehr als solche Sondierungen besagte allerdings vielleicht die Tatsache, dass die nötigen Unterschriften für ein Referendum gegen die Anderung des Militärstrafrechtes im Bereich von Gewaltverbrechen nicht vereinigt werden konnten, und dass Jungsozialisten und andere Gruppen zwar über eine Volksinitiative zur Abschaffung der Armee diskutierten, ein solches Begehren indessen für verfrüht hielten, da.es jetzt beim Bürger keine Chancen besässe. in seiner Anwort auf eine Einfache Anfrage betonte der Bundesrat, seiner Auffassung nach sei gewaltloser Widerstand keine echte Alternative zur bewaffneten Abwehr, doch nahmen Behörden und Armeeleitung die Friedensbewegung ernst und setzten sich mehrmals in Reden mit ihren Anliegen auseinander. Die schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) publizierte sogar eigene Thesen zur Friedensfrage
[20].
Zielscheibe heftiger Angriffe von Seiten der politischen Linken sowie pazifistischer und zum Teil auch kirchlicher Gruppen wurde die SOG, als sie im August in Frauenfeld mit der Unterstützung des EMD eine Wehrschau durchführte, an der sich viele Rüstungsfirmen aus dem In- und Ausland beteiligten. Der Widerstand regte sich vor allem im Vorfeld der Veranstaltung, die dann aber einen enormen Zustrom Schaulustiger erlebte, während Gegendemonstrationen nur kleine Kreise erfassten und den Ablauf des Anlasses nicht wesentlich zu stören vermochten
[21].
An dieser alles in allem eher armeefreundlichen Haltung des Publikums änderte sich kaum etwas, als der Amateur-Spion Schilling sich nun auch vor einem Schweizer Militärgericht verantworten musste, nachdem er schon 1979 in Österreich verurteilt worden war. Gegen Schillings ehemaligen Chef, den Nachrichtendienst-Obersten Bachmann erhob sich auf Grund von Informationen in einer Wiener Zeitung der Verdacht, er habe seinerzeit ebenfalls für den amerikanischen CIA gearbeitet, doch sah der Bundesrat :in seiner Antwort auf eine Interpellation Carobbio (psa, TI) keinen Grund zur Annahme, Bachmann sei ein Doppelagent gewesen
[22].
Kleinere Meldungen erregten den Schweizer Soldaten wenig, obwohl sie unter Umständen die Randbedingungen militärischer Dienstleistungen spürbar beeinflussen könnten. So war die Rede von Plänen, Truppen auch über die Festtage zum Wiederholungskurs aufzubieten, damit jederzeit genügend Wehrmänner zur Verfügung ständen, wenn ein überraschender Einsatz nötig würde. Eine Anpassung des Soldes an die Teuerung betrachtet die Landesregierung der Bundesfinanzen wegen als unmöglich. Dafür profitieren Rekruten ab 1983 von einem Entgegenkommen : sie dürfen im Sonntagsurlaub mit der Eisenbahn zum Einheitstarif von fünf Franken nach Hause fahren, gleichgültig wie lang die Strecke ist. Man hofft, sie so wieder stärker vom Privatauto weg und zurück zu den öffentlichen Verkehrsmitteln zu führen
[23].
[16] Ww, 1, 6.1.82; BaZ, 40, 17.2.82; TA, 129, 8.6.82 und Presse November 82.
[17] Presse vom 29.3.82; Lib., 167, 21.4.82; BaZ, 185, 11.8.82; Presse vom 1.11.82 und vom 15./16.12.82. Vgl. SPJ, 1981, S. 52.
[18] Presse vom 9.6.82 und Bund, 11, 15.1.82. Vgl. SPJ, 1980, S. 52.
[19] Flugunfälle: Presse vom 28.8.82; 21.-24.10.82; 10. und 11.11.82; Statistik militärischer Flugunfälle von 1947 bis Mitte November 1982: NZZ, 284, 6.12.82. Besuchstage: Presse vom 22.3.-5.4.82. Untersuchungsbericht zu einem Unfall in Stans: NZZ, 160, 14.7.82. Wachtdienst mit scharfer Munition : Presse vom 21.5.82 und 25.5.82 ; BaZ, 117, 22.5.82. Vgl. SPJ, 1981, S. 52.
[20] Umfragen: Bund, 56, 9.3.82; 24 Heures, 124, 1.6.82. Referendum Militärstrafrecht: NZZ, 85, 14.4.12. Initiative zur Abschaffung der Armee: BaZ, 140, 19.6.82; 141, 21.6.82; 258, 4.11.82; NZZ, 140, 21.6.82; 212, 13.9.82; TW, 214, 14.9.82. Gewaltloser Widerstand: Amtl. Bull. NR, 1982, S. 583 f. Friedensbewegung: SGT, 114, 18.5.82 und 126, 3.6.82; TA, 140, 21.6.82; Lib., 225, 1.7.82. SOG: NZZ, 4, 7.1.82.
[21] BaZ, 181, 6.8.82 ; NZZ, 180, 6.8.82 ; Presse vom 23.8.82.
[22] Schilling: Presse vom 16./17.6.82. Zu Bachmann: BaZ, 145, 25.6.82 und 146, 26.6.82; Amtl. Bull. NR, 1982, S. 1454 f. Vgl. SPJ, 1980, S. 52 f.; 1981, S. 54.
[23] Dienst über Festtage: TLM, 356, 22.12.82; NZZ, 300, 24.12.82. Solderhöhung: Suisse, 258, 15.9.82 ; Amtl. Bull. NR, 1982, 5.1422 f. Sonntagsurlaub: NZZ, 257, 4.11.82. Vgl. SPJ, 1981, S. 48.
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