Année politique Suisse 1982 : Economie / Agriculture
 
Pflanzliche Produktion
Bei der pflanzlichen Produktion drehte sich die Diskussion ebenfalls vorwiegend um den Schutz einheimischer Erzeugnisse vor der preisgünstigeren Konkurrenz des Auslandes. Angesichts der Überschusstendenzen bei der Milch und beim Fleisch [36] erachten zwar auch der Bundesrat ein vermehrtes Ausweichen der Bauern auf den Zuckerrübenanbau als sinnvoll. Einer Motion des Präsidenten des SBV, Ständerat P. Gerber, zur schrittweisen Ausweitung der Anbaufläche ab 1984 von 17 000 auf 20 000 Hektaren wollte die Landesregierung aufgrund der ungewissen finanziellen Auswirkungen freilich nicht vorbehaltlos zustimmen. Trotz einiger Opposition auch von sozialdemokratischer Seite überwies die Mehrheit des Ständerates den Vorstoss jedoch in verbindlicher Form [37].
Bloss als Postulat akzeptierte dagegen die Kleine Kammer eine nationalrätliche Motion zur Aufhebung der Bundesbeiträge an den schweizerischen Tabakanbau. Dieser Wirtschaftszweig deckt den Bedarf der einheimischen Tabakindustrie nur zu rund 5%, belastet aber den eidgenössischen Finanzhaushalt aufgrund acht Mal höherer Gestehungskosten als im Ausland jährlich mit 20 Mio Fr. Es soll nun noch abgeklärt werden, ob der nationalrätliche Entscheid vom Vorjahr zweckmässig ist, wonach der einheimische Tabakanbau trotz der hohen Belastung weiter aufrecht erhalten würde, aber die Konsumenten (und nicht mehr der Bundeshaushalt) die Kosten zu tragen hätten [38].
Handelt es sich beim Tabak um den verhältnismässig weitaus kostspieligsten Zweig der schweizerischen Landwirtschaftspolitik, so gilt der Weinbau als die durch Zölle, Importbeschränkungen und sonstige Regelungen wohl bestgeschützte Sparte unseres Agrarsektors. Versuche, die Einfuhr von Rotwein von der mengenmässigen Beschränkung (Kontingentierung) zu befreien und insbesondere die neuerliche Verlängerung der Zollzuschläge auf Rotweinimporten in Flaschen zu blockieren, blieben erfolglos. Dies trotz einer entsprechenden Motion in der Kleinen Kammer sowie scharfer Attacken der Firma Denner, die der Grossverteiler bis vor das Bundesgericht zog. Die Befürworter einer Liberalisierung dieses Marktsegmentes machten namentlich geltend, dass die Weinwirtschaft die Nachfrage nach inländischem Rotwein je länger je weniger zu decken vermag, weshalb sich besondere Schutzmassnahmen an der Grenze nicht mehr rechtfertigen liessen. Sowohl der Bundesrat als auch die Mehrheit der Ständeräte hielten es aber mit denen, die eine Benachteiligung der einheimischen Rebbauern befürchteten. Während die Kleine Kammer das Begehren zur Lockerung der Schutzmassnahmen mit 21 zu 10 Stimmen ablehnte, verankerte der Bundesrat die selbst verwaltungsintern nicht ganz unumstrittenen Zollzuschläge für weitere zwei Jahre. Die auch von der Regierung zugegebenen Probleme und Missbräuche im Zusammenhang mit der vielerorts angefochtenen Importkontingentierung (z. B. unerlaubter, da preistreibender Weiterverkauf von Kontingenten durch die sogenannten Sofa-Importeure) sollen im Rahmen der in Gang befindlichen Revision des Weinstatuts durch eine ausserparlamentarische Expertenkommission überprüft werden [39]. Dass sich der Bundesrat nicht nur mit Importbeschränkungen, sondern darüber hinaus auch mit der Exportförderung für den einheimischen Wein zu beschäftigen hatte, ging hauptsächlich auf eine Rekordernte des Jahrgangs 1982 zurück [40].
Der teilweise heftige «Glaubenskrieg» um den biologischen Anbau wurde durch eine umstrittene Studie aus Kreisen der konventionellen Landwirtschaft neu angeheizt. Deren Autoren kamen zum Schluss, dass zwischen Produkten aus biologischem und konventionellem Landbau nur im Hinblick auf die höheren Verkaufspreise für die Bioerzeugnisse Unterschiede festzustellen sind. Erwartungsgemäss am schärfsten reagierten die Anhänger alternativer Methoden auf den Bericht. Dabei beriefen sie sich auf die ihrer Ansicht nach weit vertrauenswürdigeren, aber tendenziell gegenteiligen Befunde kantonaler Laboratorien und eidgenössischer Forschungsinstitutionen [41].
 
[36] Zu Überproduktionstendenzen auch in der Obstwirtschaft vgl. NZZ, 256, 3.11.82 ; Vat., 296, 22.12.82 ; vgl. ferner Die Volkswirtschaft, 55/1982, S. 271 ff.
[37] Amtl. Bull. StR, 1982, S. 306 ff.; vgl. auch TLM, 41, 10.2.82. Zur Ablehnung der Begehren für den Bau einer dritten, in der Westschweiz gelegenen Zuckerfabrik durch den Bundesrat und den Freiburger Staatsrat vgl. Amtl. Bull. NR, 1982, S. 962 ff. (als Postulat überwiesene Motion Teuscher, svp, VD) und TW, 105, 7.5.82; vgl. SPJ, 1981, S. 91.
[38] Amtl. Bull. StR, 1982, S. 406 f. ; vgl. SPJ, 1981, S. 91 sowie BaZ, 221, 22.9.82. Vgl. ferner CdT, 36, 15.2.82; Vat., 289, 14.12.82.
[39] StR: Amtl. Bull. StR, 1982, S. 487 ff. (Motion Dobler, cvp, SZ). Denner: NZZ, 60, 13.3.82; Presse vom 16.10., 18.10., 20. 10 und 4.12.82; vgl. auch SFJ, 1981, S. 92. Zollzuschläge: AS, 1982, S. 1882 f. (vgl. auch Presse vom 21.10.82); zur Verlängerung der Importbeschränkung von Weisswein um zwei Jahre vgl. AS, 1982, S. 2290. Revisionsarbeiten: Presse vom 21.10.82; vgl. auch eine Motion Hubacher (sp, BS) in Verhandl. B. vers., 1982, III, S. 54 sowie Woche, 16, 23.4.82; Sonntags-Blick, 43, 24.10.82.
[40] Exportförderung: 24 Heures, 225, 28.9.82; NZZ, 297, 21.12.82 (Bundesratsbeschluss zu Subvention für Weinexport). Rekordernte: NZZ, 240, 15.10.82: IBZ, 47, 26.11.82. Während die Rekordernte die massiv gestiegenen Weinpreise ins Wanken brachte, ersparte umgekehrt eine schlechte Getreideernte den Konsumenten eine in Aussicht gestellte Brotpreiserhöhung. Dies dank zusätzlicher Verwendung von billigerem Auslandgetreide, aber unter gleichzeitigen Verlusten vorab für die Bundeskasse sowie für die Getreidebauem (Weinpreise: Presse vom 21.12.82; TA, 304, 30.12.82. Brotpreiserhöhung: BaZ, 183, 9.8.82; NZZ, 186, 13.8.82; 219, 21.9.82).
[41] LNN, 91, 21.4.82 ; NZZ, 97, 28.4.82 ; TA, 109, 13.5.82 ; Bund, 165, 19.7.82 ; vgl. auch R. Fischer, Der andere Landbau, Zürich 1982. Zu einer Aktion des World Wildlife Fund für eine im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft ebenbürtige Förderung des Bio-Anbaus durch Bund und Kantone vgl. TA, 139, 19.6.82.