Année politique Suisse 1982 : Chronique générale / Finances publiques
 
Ausgaben
Das Ergreifen von Sparmassnahmen erwies sich als schwieriges Unterfangen. Der Bundesrat musste dem Parlament beantragen, die bisherige lineare Kürzung der Bundessubventionen um 10% bis Ende 1985 zu verlängern. Ursprünglich war vorgesehen, die provisorischen Sparmassnahmen aus dem Jahre 1980 spätestens 1984 durch ein gezieltes und dauerhaftes Anschlussparprogramm abzulösen. Die Erarbeitung eines solchen Programms nahm jedoch mehr Zeit in Anspruch als erwartet; auch wollte man das Ergebnis der laufenden Verhandlungen zur Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen abwarten. In Presse und Parlament wurde die Vermutung geäussert, die Verzögerung sei vor allem auf die schwierige politische Durchsetzbarkeit eines gezielten Subventionsabbaus zurückzuführen. Offenbar ist es leichter, die sogenannte «Opfersymmetrie» beizubehalten, also die Sparmassnahmen auf alle gleichmässig zu verteilen, als Schwerpunkte zu setzen. Dies deshalb, weil die von den gezielten Kürzungen Betroffenen — auch wenn sie die Sparpolitik im allgemeinen befürworten — sich zu wehren pflegen [32]. Beide Räte stimmten der Weiterführung der linearen Beitragssenkung zu. Die Bundeskasse erfährt dadurch eine Entlastung von jährlich ungefähr 360 Millionen Franken [33].
Kurz vor dem Jahresende konnte die Landesregierung das vom Finanzdepartement ausgearbeitete Anschlussprogramm dann doch noch in seinen grossen Zügen genehmigen. Der Spareffekt des Programms käme ungefähr dem des Provisoriums gleich, nämlich rund 380 Millionen Franken. 150 Millionen sollen gezielt gekürzt werden, der Rest weiterhin linear [34].
Der bundesrätliche Entwurf eines Subventionsgesetzes hat 1982 die Vernehmlassung durchlaufen. Mit dem Gesetz, das die Gewährung von Bundesbeiträgen einheitlichen Grundsätzen unterstellen soll, will die Landesregierung ein Sparinstrument auf lange Sicht schaffen. Sie möchte die Übersicht über das Subventionswesen verbessern und den wirtschaftlichen Einsatz der Mittel sichern [35]. In Anbetracht der Tatsache, dass nahezu ein Drittel der Bundesausgaben auf Subventionen entfallen, drängt sich die Erarbeitung von Richtlinien gebieterisch auf [36]. Die Vorlage erntete in beinahe allen Pressekommentaren Beifall; man äusserte sich jedoch skeptisch darüber, ob sie die Vernehmlassung und die parlamentarische Behandlung heil überstehen werde [37]. Bei den Parteien fand sie jedoch mehrheitlich eine gute Aufnahme. Im Gegensatz dazu fielen die Stellungnahmen der Kantone teilweise scharf aus; sie erhoben den Vorwurf; der Bund wolle sich auf Kosten der Kantone finanziell sanieren. Der Bauernverband forderte ein präziseres Gesetz. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund betonte, viele Bundesbeiträge erfüllten eine wichtige Funktion des sozialen Ausgleichs ; das Gesetz dürfe nicht zu einer Minderung der Hilfe an die schwächeren Bevölkerungskreise führen. Der Zentralverband der Arbeitgeber hob zustimmend hervor, ohne ein Subventionsgesetz könne man das überbordende Beitragswesen nicht in den Griff bekommen. Es sei ein massiver Abbau einzelner Beiträge nötig, was eine neue Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen sowie zwischen Staat und Wirtschaft voraussetze. Trotz diesen kritischen Stellungnahmen beabsichtigt der Bundesrat, 1983 die Gesetzesbotschaft vorzulegen [38].
In erster Linie eine Sparmassnahme stellte das finanzpolitische Nein des Parlaments zur Arbeitszeitverkürzung des Bundespersonals dar. Die beiden Kammern blockierten einen entsprechenden, vom Bundesrat beantragten Kredit [39]. Auch die Stellenplafonierung beim Bund stellt einen Versuch dar, das Ausgabenwachstum unter Kontrolle zu halten [40]. 1975 als befristete Massnahme eingeführt, soll sie nun zur Daueraufgabe werden. Das ist der Sinn einer gesetzlichen Regelung, welche die Grosse Kammer im Dezember gegen die Opposition der politischen Linken beschlossen hat [41].
Für die Gestaltung der zukünftigen Sparpolitik von Bedeutung ist die revidierte Fassung des Finanzplanes für die Jahre 1984 bis 1986. Mit ihrer Ausarbeitung leistete der Bundesrat einer Motion der eidgenössischen Räte vom Dezember 1981 Folge [42]. Dieser Vorstoss hatte die Landesregierung beauftragt, Bericht darüber zu erstatten, wie bis 1987 der Ausgleich des Bundeshaushaltes zu erreichen sei. Der Bundesrat veröffentlichte den geforderten Finanzplan — die sogenannten «Haushaltperspektiven» — im Oktober. Bei den Einnahmen hielt er an den vorgeschlagenen Erhöhungen fest. Neue Sanierungsmassnahmen finden sich auf der Ausgabenseite der Rechnung: Vor allem bei den Aufwendungen für Entwicklungshilfe und den militärischen Investitionen sind Abstriche vorgesehen ; die Bundesbeiträge an die Krankenversicherung sollen zudem durch Lohnpromille abgelöst werden [43]. Letzteres stiess auf entschiedenen Widerstand bei Sozialdemokraten und Gewerkschaftern. Das Nein zu dieser Massnahme richtet sich nicht grundsätzlich gegen eine lohnprozentuale Finanzierung der Krankenversicherung; eine solche müsste jedoch die nach Ansicht dieser Kreise unsozialen Pro-Kopf-Prämien ersetzen und nicht die Bundesbeiträge. Der SGB bezeichnete die Haushaltperspektiven insgesamt als sozial unausgewogen. Er betonte, die Beschaffung höherer Einnahmen — etwa über den Weg von Massnahmen gegen die Steuerhinterziehung — sollte nicht vernachlässigt werden. Die POCH halten die Perspektiven gar für einen sozialpolitischen Raubzug. Sowohl die «Erklärung von Bern» als auch die SPS nahmen gegen die Einfrierung der öffentlichen Entwicklungshilfe Stellung. Für die Arbeitgeberverbände weisen die Finanzperspektiven insofern in die richtige Richtung, als sie bezüglich der Einsparungen Schwerpunkte setzen. Sie begrüssten es auch, dass sich Ansätze zur Abschaffung von Ausgabenautomatismen erkennen liessen [44]. Für einige Aufregung sorgte die öffentliche Kritik von Bundesrat Chevallaz und Generalstabschef Zumstein an den Sparmassnahmen im Militärbereich. Die nationalrätliche Finanzkommission beschloss, die Haushaltperspektiven nicht zusammen mit dem Budget für 1983 zu behandeln, sondern die Beratung hierüber zu verschieben [45].
 
[32] SGT, 78, 3.4.82; AT, 116, 21.5.82; Bund, 116, 21.5.82; 24 Heures, 146, 19.6.82. Vgl. SPJ, 1980, S. 75 ff.
[33] Ein Antrag von NR Eggli (sp, ZH), die Subventionen an die Krankenkassen von den Kürzungen auszunehmen, wurde mit 80 zu 51 Stimmen abgelehnt; vgl. SPJ, 1980, S. 76. Für die Kürzungen der Bundesleistungen an die Zuckerwirtschaft war aus rechtlichen Gründen ein eigener Bundesbeschluss nötig. Botschaft: BBl, 1982, II, S. 370 ff. Verhandlungen im NR: Amtl. Bull. NR, 1982, S. 1253 ff.; NZZ, 228, 1.10.82; vgl. VO, 40, 7.10.82. Verhandlungen im StR: Amtl. Bull. StR, 1982, S. 651 f. ; NZZ, 286, 8.12.82. Referendumsvorlage: BBl, 1982, III, S. 144 f.
[34] Bund, 298, 21.12.82; TA, 297, 21.12.82; SZ, 298, 21.12.82.
[35] Vgl. SPJ, 1981, S. 79.
[36] Zur Entwicklung des Anteils der Bundesbeiträge an den Gesamtausgaben des Bundes siehe Botschaft Staatsrechnung 1981, S. 27*. Zur Aufteilung der Bundessubventionen nach Verwendungszwecken siehe Die Volkswirtschaft, 55/1982, S. 594.
[37] Presse vom 22.1.82; Vat., 18, 23.1.82; Ww, 4, 27.1.82.
[38] Parteien und Kantone: BaZ, 181, 6.8.82; NZZ, 180, 6.8.82; 186, 13.8.82; Bund, 182, 7.8.82. Bauernverband: Vat., 178, 4.8.82. Gewerkschaftsbund: SGB-Pressedienst, 3, 28.1.82; Communiqué des SGB vom 11.5.82. Arbeitgeber: SAZ, 32, 12.8.82.
[39] Vgl. unten, Teil I, 7a (Durée du travail).
[40] Vgl. SPJ, 1981, S. 20 f. und oben, Teil I, 1c (Institutionen, Verwaltung).
[41] Amtl. Bull. NR, 1982, S. 1601 ff., 1687 ff. und 1709 ff.
[42] Vgl. SPJ, 1981, S. 80.
[43] 24 Heures, 156, 8.7.82; NZZ, 155, 8.7.82; Presse vom 22.10.82. Vgl. auch unten, Teil I, 7c (Assurance-maladie).
[44] BaZ, 249, 25.10.82; SP-Info, 126, 25.10.82; Ww, 43, 27.10.82; SGB-Pressedienst, 32, 28.10.82; SAZ, 43, 28.10.82; TW, 253, 29.10.82; NZZ, 262, 10.11.82.
[45] BaZ, 272, 20.11.82; NZZ, 271, 20.11.82; Vr, 227, 22.11.82; Presse vom 30.11.82. Vgl. oben, Teil I, 3 (Armeeleitbild).