Année politique Suisse 1982 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications
 
Strassenbau
Das Netz der Nationalstrassen wuchs 1982 um 29,5 km, wobei sich die neueröffneten Teilstücke grösstenteils in der französischsprachigen Schweiz befinden. Zu Jahresende waren damit 70,3% des geplanten Netzes in Betrieb, während an weiteren 10,1% gebaut wurde [29].
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass dieses Netz durch die Bundesversammlung abgeändert werden kann. Mit grosser Spannung war deshalb der Schlussbericht der unter der Leitung von Nationalrat Biel (ldu, ZH) stehenden Kommission zur «Überprüfung von Nationalstrassenstrecken» (NUP) erwartet worden. Auf Begehren des Parlaments hatte das EDI dieses Gremium mit der Examinierung der Notwendigkeit oder der Klassierung von sechs besonders umstrittenen Teilstücken beauftragt [30]. Als hauptsächliches Analyseinstrument gelangte eine «Nutzwertanalyse» zur Anwendung. Damit werden Vor- und Nachteile, welche aus dem Bau einer bestimmten Strasse resultieren, gegeneinander aufgerechnet und sodann mit der Bilanz des sich bei einem Bauverzicht ergebenden Zustands verglichen. Daneben fanden aber auch eine Kosten-Nutzen-Analyse und zusätzliche Tests Eingang in die Untersuchung. Bei den abschliessenden Empfehlungen zu den einzelnen Teilstücken wurden dann eingestanderermassen auch «allgemeine staatspolitische Überlegungen einbezogen» [31]. Besonders deutlich traten letztere Gesichtspunkte in den Vordergrund beim Antrag über die N 6 (Rawiltunnel). Obwohl in den fachtechnischen Examen die Nullösung, d.h. die Beibehaltung des bestehenden Zustands eindeutig besser abschneidet, empfiehlt die Kommission den Bau mit der Begründung, dass im Wallis der Wunsch nach einer direkten Strassenverbindung nach Norden sehr gross sei [32]. Auch bei der als Verbindungsstrasse zwischen der Deutsch- und der Welschschweiz konzipierten N1 sprach sich die Kommissionsmehrheit trotz negativen Ergebnissen der Nutzenanalyse für die Fertigstellung aus. Sie postuliert allerdings eine neue Linienführung und will den Ausbaustandard der am gegenüberliegenden Ufer des Neuenburgersees verlaufenden N5 reduzieren. Die Bauempfehlungen für die N4 (Kanton Zürich) und die N7 (Thurgau) stehen hingegen in Übereinstimmung mit den Resultat= der fachtechnischen Untersuchungen. Bezüglich der beiden städtischen Zubringer in Lausanne (N9) und Zürich (SN1-SN3) fiel die Nutzenabwägung nicht eindeutig aus. Während in Lausanne eine reduzierte Variante verwirklicht werden soll, ist nach Ansicht einer knappen Kommissionsmehrheit der West- und Südast des sogenannten Y in Zürich zu streichen. Infolge der nachträglichen Aufnahme der Umfahrungsautobahn N20 ins Nationalstrassennetz komme diesen enorm teuren Teilstücken nur noch regionale Bedeutung zu [33].
Der Bericht löste bei den Umweltschutzorganisationen, welche auf die Streichung von mehr als nur einem einzigen Teilstück gehofft hatten, wenig Freude aus. Empört äusserten sich andererseits ebenfalls die Exekutiven von Stadt und Kanton Zürich über den beantragten Verzicht auf das Y. Wenn die vom Bundesrat in die Vernehmlassung gegebene Studie auch noch keine konkreten Beschlüsse zur Folge hatte, so löste sie doch eine ganze Serie von Volksinitiativen aus [34]. Auf eidgenössischer Ebene reichte Franz Weber ein Begehren für ein verfassungsmässig verankertes Verbot einer Nationalstrasse durch das Simmental ins Wallis (geplante N6) ein. Dieses wurde auch von rund 5000 Wallisern unterzeichnet. Dass der Bundesrat die definitive Einstellung der Sondierbohrungen verfügt hat, und die Beibehaltung des vorgesehenen Trasses aus geologischen Gründen wenig wahrscheinlich ist, hat die Realisierungschancen des Rawiltunnels zusätzlich verringert [35].
In den Kantonen Thurgau, Zürich und Waadt reichten Autobahngegner Initiativen ein, mit denen sie Standesinitiativen zugunsten der Streichung der vier übrigen zum Bau empfohlenen Teilstücke fordern. In der Waadt konnte sich das Volk nach einer sehr engagiert geführten Kampagne bereits dazu aussprechen: es stimmte der Einreichung einer Standesinitiative gegen den Zubringer Lausanne-Ost zu, lehnte dieses Vorgehen im Fall der N1 hingegen ab [36].
Begehren für die Einreichung von Standesinitiativen gegen Nationalstrassenprojekte waren auch in andern Kantonen aktuell. In Solothurn wurde die Unterschriftensammlung gegen die N5 gestartet und in Schaffhausen lehnte der Souverän die Initiative gegen die Untertunnelung der Hauptstadt durch die N4 ab [37]. Im Kanton Jura wurde über die Wünschbarkeit einer Nationalstrassenverbindung (sogenannte Transjurane) abgestimmt. Gegen die dem Umweltschutz nahestehenden Opponenten führten die Befürworter den von der verbesserten Verkehrslage erhofften wirtschaftlichen Aufschwung ins Feld und vermochten damit die Mehrheit der Bürger zu überzeugen. Die südliche Fortsetzung dieser Strasse bleibt allerdings noch im ungewissen. Gegen die von den jurassischen Behörden propagierte Verbindung durch das solothurnische Thal protestieren sowohl die betroffene Bevölkerung als auch die Kantonsregierung; gegen die von den bernischen Behörden geplante Verbindung in Richtung Biel wehren sich Landwirte und Umweltschützer aus dem Südjura. In Neuenburg, wo sich die Aufnahme der Strasse von La Chaux-de-Fonds nach dem Kantonshauptort ins Nationalstrassennetz im Gespräch befindet, möchte der VCS mit einer Volksinitiative ähnliche Mitbestimmungsrechte einführen, wie sie die Jurassier ausüben konnten [38].
Das Ziel einer 1981 in Luzern eingereichten Initiative ist die Erweiterung der Mitbestimmungsrechte des Volkes beim kantonalen Strassenbau. Der von der Regierung vorgelegte und vom Parlament noch geringfügig korrigierte Gegenvorschlag, der für Projekte mit mindestens 3 Mio Fr. Baukosten das fakultative Referendum vorsieht, vermochte auch die Initianten zu befriedigen [39].
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Velo- und Wanderwege
Die in den letzten Jahren gestiegene Beliebtheit des Fahrrads fand ihren Ausdruck unter anderem im Beschluss der Glarner Landsgemeinde, die Exekutive mit der Erarbeitung eines Velowegkonzeptes zu beauftragen. Das 1981 im Kanton Zug eingereichte Volksbegehren zür Förderung der Velowege wurde angesichts des ihm sehr weit entgegenkommenden Gegenvorschlags der Legislative zurückgezogen. Rund ein Zehntel der kantonalen Strassenbauausgaben sollen in Zukunft den Belangen des Fahrrads zugute kommen [40].
Der Entwurf für ein eidgenössisches Wanderweggesetz befand sich während des Berichtsjahres in der Vernehmlassung. Konzipiert ist es als Rahmengesetz, welches zuhanden der Kantone die Aufgaben und Mindestanforderungen beschreibt. Da allerdings keine Bundesbeiträge für die Erfüllung dieser Aufgaben vorgesehen sind, stiess es bei den Kantonen auf wenig Gegenliebe [41].
 
[29] Gesch. ber., 1982, S. 52 ff. Siehe auch Bundesamt für Strassenbau, Schweizerische Nationalstrassen — Drittes langfristiges Bauprogramm, Bern 1982.
[30] Schlussbericht der Kommission zur Überprüfung von Nationalstrassenstrecken (NUP), Bern 1981. Vgl. auch SPJ, 1978, S. 103.
[31] a.a.O., S. 265. Für eine Kritik, die sich weniger gegen die verwendeten Methoden als vielmehr gegen die dabei getroffenen Annahmen in bezug auf Bemessung und Gewichtung der positiven und negativen Auswirkungen richtet vgl. Überprüfung von Nationalstrassenstrecken (NUP) — Stellungnahme des VCS, Herzogenbuchsee 1982.
[32] a.a.O., S. 274 ff.
[33] a.a.O., S. 266 ff. Vgl. auch Presse vom 21.1.82 und vom 3.2.82.
[34] Umweltschutz: TW, 27, 3.2.82; BaZ, 265, 12.11.82. Y: TA, 28, 4.2.82; NZZ, 110, 14.5.82; vgl. auch SPJ, 1977, S. 104 f. Vemehmlassung: NZZ, 27, 3.2.82.
[35] BBl, 1982, I, S. 248 f. und III, S. 320 ff. Die neuerdings auch im Oberwallis feststellbare Opposition gründet hauptsächlich auf der Befürchtung, dass bei einer Konkurrenzierung durch den Rawiltunnel der Autotransport durch den Lötschberg eingestellt werden müsste (Lib., 133, 10.3.82). Zu den Sondierbohrungen siehe Presse vom 8.4.82 und oben, Teil I, 6a (Wasserkraft). Der Grosse Rat des Kantons Bern beauftragte die Regierung gegen deren Willen, beim Bundesrat den Verzicht auf den Rawiltunnel zu beantragen (Bund, 215, 15.9.82).
[36] Thurgau: NZZ, 92, 22.4.82; AT, 248, 29.10.82. Zürich: Vr, 102, 28.5.82; NZZ, 298, 22.12.82. Waadt: 24 Heures, 24, 30.1.82; 42, 20.2.82; 125, 2.6.82; 191, 18.8.82; 216, 16.9.82; 220, 22.9.82; 275, 25.11.82; 278, 29.11.82. Bei einer für die Waadt überaus hohen Beteiligung von fast 40% stimmten bei der N9 68 317 für und 60 001 gegen die Standesinitiative; in bezug auf die N1 lautete das Verhältnis 60 458 Ja: 68 383 Nein. Siehe auch SPJ, 1981, S.109.
[37] Solothurn : SZ, 15, 20.1.82; 16, 21.1.82; 152, 3.7.82. Siehe ebenfalls die Behandlung einer 1981 eingereichten Petition gegen die N5 durch den Ständerat (Amtl. Bull. StR, 1982, S. 379 f.; SPJ, 1981, S. 109). Schaffhausen: NZZ, 24, 30.1.82; 82, 10.4.82; 136, 16.10.82; 206, 6.9.82; vgl. auch SPJ, 1979, S.104. Die Initiative wurde mit 16 605 Nein: 12 029 Ja abgelehnt.
[38] Transjurane: Bei einer Stimmbeteiligung von fast 57% sprachen sich 18 408 für und 7511 gegen die Aufnahme ins Nationalstrassennetz aus (SZ, 42, 20.2.82; 44, 23.2.82; TLM, 67, 8.3.82; vgl. auch SPJ, 1981, S. 109). Opposition in den Kantonen Bern und Solothurn: TLM, 20, 20.1.82 und 111, 21.4.82. Die solothumische Volksinitiative für den auch von jurassischer Seite propagierten Tunnel durch den Balmberg wurde zurückgezogen, da nun diese Alternative für eine Strasse durch das Thal ohnehin überprüft werde (SZ, 76, 1.4.82; 255,1.11.82; vgl. auch SPJ, 1979, S. 114). Neuenburg: TLM, 286, 13.10.82; SPJ, 1979, S. 113 f.
[39] LNN, 17, 22.1.82; 232, 16.10.82; Vat., 148, 30.6.82; 213, 14.9.82; 214, 15.9.82; siehe auch SPJ, 1981, S. 109. Im Aargau wurde die Initiative für die Abschaffung des Sonderfonds für den Strassenbau eingereicht (AT, 6, 9.1.82 ; SPJ, 1980, S. 104).
[40] Glarus: NZZ, 100, 3.5.82. Zug: Vat., 7, 11.1.82; 23, 29.1.82; 24, 30.1.82 und SPJ, 1981, S.110.
[41] SGT, 164, 17.7.82; vgl. auch SPJ, 1978, S. 104.