Année politique Suisse 1983 : Economie / Agriculture
 
Forstpolitik
Die Forstpolitik erhielt 1983 in den politischen Auseinandersetzungen einen qualitativ neuen Stellenwert. Ein ungewöhnlich heftiger Föhnsturm, der im November 1982 700 000 m3 Holz geworfen hatte, verschaffte am Jahresanfang der immer wieder gestellten Forderung nach handelspolitischen Schutzmassnahmen der Wald- und Forstwirtschaft vermehrte Beachtung. National- und Ständerat unterstützten je eine Motion, welche die Bereitstellung zusätzlicher Mittel zur Wiederaufforstung verlangt; den zweiten Teil der Motion aber, welcher auf eine Drosselung der Importe abzielt, überwiesen sie nur als Postulat. Kritik an den durch die Importe gedrückten inländischen Holzpreisen übte auch die SAB: zu tiefe Preise liessen die Lager unverkauften Holzes anwachsen; diese stellten Brutstätten für Holzschädlinge dar [24].
Ins Zentrum der politischen Auseinandersetzungen rückten die Probleme der Waldwirtschaft vor allem durch das sogenannte Waldsterben, welches 1983 deutlicher sichtbar wurde und schlagartig ins öffentliche Bewusstsein trat. Waren anfangs 1983 erst die Weisstannen der nördlichen Schweiz betroffen, so musste im Herbst das Sterben von verschiedenen Nadelbäumen auch im Mittelland und sogar in Wäldern über 1200 m über Meer festgestellt werden: Nach ersten Bestandesaufnahmen waren 70% der Weisstannen, 30% der Rottannen sowie etwa 20% der Buchen erkrankt; die grössten Ausmasse erreichten die Schäden in den Kantonen Zürich und Aargau [25]. An seiner Generalversammlung befürchtete der Schweizerische Verband für Waldwirtschaft, dass infolge des Waldsterbens die Menge des zwangsweise genutzten Holzes im In- und Ausland die Holzpreise drücken werde, und er rief den Bundesrat dazu auf, durch die Ausnutzung der Schutzklauseln in den EG- und EFTA-Verträgen eine teilweise oder völlige Importsperre anzustreben [26].
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W.S.
 
[24] Motionen Dobler (cvp, SZ) und Martin (fdp, VD): Amtl. Bull. StR, 1983, S. 120 ff.; Amtl. Bull. NR, 1983, S. 111 ff.; vgl. auch Vat., 6.1.83; TA, 8.1.83; NZZ, 29.1.83; 20.9.83; Presse vom 10.3.83; Bund, 10.11.83. SAB: NZZ, 22.10.83.
[25] BaZ, 19.4.83; 8.12.83; Presse vom 5.11.83; TA, 29.11.83; Presse vom 1.12.83; LNN, 19.12.83. Zur ökologischen und politischen Dimension des Waldsterbens vgl. unten Teil 6d (Umweltbedrohung).
[26] LNN, 15.10.83; Vat., 15.10.83; vgl. auch BaZ, 12.12.83. Vgl. SPJ, 1979, S. 98; 1981, S. 92; 1982, S. 86.