Année politique Suisse 1983 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications / Eisenbahnen
Andererseits beschäftigte man sich auch mit der Frage der Erweiterung der Bahn-Infrastruktur auf stark frequentierten Strecken. Im Vordergrund stand dabei das
Projekt einer Neuen Haupttransversalen (NHT) zwischen Lausanne und St. Gallen sowie zwischen Basel und Olten. Wegen des Alpentransits geniesst der Abschnitt Basel–Olten--Bern Priorität. Im Mai unterbreitete das EVED den Expertenbericht über die Zweckmässigkeitsprüfung der NHT Kantonen, Parteien und Verbänden zur Stellungnahme. Am Jahresende lag allerdings noch kein abschliessendes Ergebnis vor. Immerhin lässt sich bereits feststellen, dass sich ein ansehnlicher Teil der zahlreichen gegen das Projekt vorgebrachten Einwendungen und Vorbehalte gegen eine weitere Bevorzugung des Dreiecks Zürich–Basel–Bern richtet. Ein anderes Hauptargument gegen die NHT beziehungsweise die vorgeschlagene Linienführung stellt der Verlust an Kulturland dar, den der Bau der Strecke mit sich brächte
[26].
Für weniger dringlich als die NHT hält der Bundesrat den Bau einer neuen
Bahn-Alpentransversale. Dementsprechend verschob er den Entscheid über die Linienwahl (Splügen- oder Gotthard-Tunnel)
[27]. In diesem Zusammenhang ist auf die grundsätzlichen Probleme der schweizerischen Transitpolitik hinzuweisen. Seit der Eröffnung des Gotthard-Strassentunnels hat der Schwerverkehr auf dieser Strecke massiv zugenommen. Folge hiervon ist einerseits eine starke Umweltbelastung in den betroffenen Regionen und andererseits ein Rückgang des Anteils der SBB am transalpinen Güterverkehr. Diese Entwicklung ist im Berichtsjahr noch gefördert worden durch den Beschluss des Bundesrates, die bisherigen Sperrzeiten für den Schwerverkehr am Gotthard und am San Bernardino versuchsweise aufzuheben. Empört über diese Massnahme zeigte sich insbesondere die SPS
[28].
Vor dem Hintergrund der ausstehenden Entscheide über eine neue Alpentransversale und die NHT hatte das eidgenössische Parlament über eine Standesinitiative des Kantons Luzern zu befinden, wonach der Kopfbahnhof Luzern in einen Durchgangsbahnhof umzuwandeln sei. Aus einer solchen Umwandlung ergäbe sich eine Stärkung der Nord-Süd-Achse im schweizerischen Schienennetz. Beide Räte leisteten dem luzernischen Begehren keine Folge
[29].
Als Zweitrat genehmigte die grosse Kammer einen Beitrag und ein Darlehen zugunsten der italienischen Staatsbahnen für den Bau eines Monte-Olimpino-Tunnels zwischen Chiasso und Como. Langfristig verspricht man sich von diesem Projekt eine Kapazitätssteigerung des Schienenverkehrs zwischen Mailand und dem Tessin
[30]. Besondere Beachtung fand der in Frankreich mit Erfolg eingesetzte Superschnellzug «TGV». Es konnte eine Regelung gefunden werden, wonach der TGV ab Januar 1984 auch Lausanne anfährt. Für die Frage des Anschlusses von Bern und Neuenburg an das französische TGV-Netz vermochte man sich ebenfalls auf eine vorteilhafte Lösung zu einigen. Die Fahrzeiten zwischen diesen Städten und Paris werden dadurch erheblich kürzer. Dies stärkt die Konkurrenzfähigkeit der Eisenbahn nicht nur gegenüber der Strasse, sondern auch gegenüber dem Flugzeug
[31].
Um die Alternative Strasse oder Schiene geht es bei der Schaffung einer wintersicheren Verbindung zwischen dem Unterengadin und dem Prättigau. In Frage kommen zwei Varianten, nämlich ein
Vereina-Tunnel der Rhätischen Bahnen einerseits und der Ausbau der Flüela-Alpenstrasse andererseits
[32].
[26] NZZ, 3.5.83; 5.5.83; TLM, 28.12.83; Vat., 28.12.83. Vgl. SAZ, 49, 8.12.83. Der Kanton LU arbeitete eine eigene NHT-Variante aus, die durch eine veränderte Linienführung eine bessere Verkehrserschliessung der Zentral- und Südschweiz anstrebt (Vat., 23.6.83). Der NR überwies ein Postulat Kohler (fdp, BE), das um eine Prüfung der Möglichkeiten der Verbesserung bestehender Bahnlinien als einer Alternative zur NHT ersucht (Amtl. Bull. NR, 1983, S. 1850 f.). Vgl. auch SPJ, 1981, S. 107.
[27] BBl, 1983, III, S. 1165 ff. (Bericht des BR); Presse vom 22.3.83; CdT, 26.3.83; 28.3.83; SGT, 8.9.83; TLM, 8.9.83; LITRA, Jahresbericht, 1982/83, S. 9.
[28] SGT, 1.3.83; LNN, 30.3.83; Vat., 13.10.83; Vr, 13.10.83; CdT, 1.12.83; LITRA, Jahresbericht, 1982/83, S. 19 ff. Aufhebung der Sperrzeiten : BBl, 1983, III, S. 1242 f. ; Communiqué der SPS vom 12.10.83. Vgl. die im StR eingereichte Motion Muheim (cvp, UR), die verlangt, dass der Transitschwerverkehr über die N4 und N2 in UR von der Strasse weggewiesen wird: Verhandl. B. vers., 1983, V, S. 26.
[29] Amtl. Bull. StR, 1983, S. 625 ff.; Amtl. Bull. NR, 1983, S. 1368 ff.; Vat., 1.12.83.
[30] Amtl. Bull. NR, 1983, S. 263 ff.; TA, 9.3.83 ; 24 Heures, 9.3.83 ; vgl. SPJ, 1982, S. 101. Zur zwischenstaatlichen Zusammenarbeit im Bahnverkehr vgl. auch die Genehmigung eines intemationalen Abkommens zum Eisenbahn-Transportrecht durch die eidgenössischen Räte: Amtl. Bull. NR, 1983, S. 896 und 1055; Amtl. Bull. StR, 1983, S. 65 f. und 384; BBl, 1983, II, S. 715 ff. (Referendumsvorlage).
[31] Bund, 14.7.83 ;NZZ, 14.7.83 ; 24 Heures, 23.11.83. Auch in der Schweiz beschäftigt man sich mit der Frage der Anschaffung von modernerem Wagenmaterial; vgl. in diesem Zusammenhang die von beiden Räten bei der Behandlung des Beschäftigungsprogramms (vgl. oben, Teil I, 4a, Strukturpolitik) gutgeheissene Motion, die auf eine zusätzliche Beschaffung von SBB-Waggons im Jahre 1984 abzielt: Amtl. Bull. StR, 1983, S. 156 ff.; Amtl. Bull. NR, 1983, S. 488 ff.; BaZ, 18.3.83; TLM, 18.3.83.
[32] LITRA, Jahresbericht, 1982/83, S. 25 ff.; VCS-Zeitung, 1983, Nr. 1, S. 10 f.
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