Année politique Suisse 1983 : Infrastructure, aménagement, environnement / Sol et logement
 
Bodenrecht
Das Problem der Bodenüberfremdung dürfte mit der Verabschiedung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG) einer dauerhaften Lösung zugeführt worden sein [12]. Infolge des 1982 eingetretenen Nachfrageschwundes verlor die Frage zudem einiges an Spannung. Besonders dämpfend wirkte dabei eine Steuerrevision in der Bundesrepublik Deutschland [13]. Anderseits gab die «flexible» Anwendung des geltenden Rechts durch die Kantone Anlass zu kritischen Bemerkungen [14]. Im Parlament wurde anlässlich der Beratungen des BewG richtigerweise darauf hingewiesen, dass bauliche Fehlentwicklungen und landschaftliche Übernutzungen nur mit einem vernünftigen Bodenrecht und angemessenen Nutzungszonen verhindert werden könnten, die gleichermassen für Ausländer wie Schweizer Gültigkeit hätten. Das als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative der NA von 1979 «gegen den Ausverkauf der Heimat» gedachte BewG erhielt in den Räten die Unterstützung sämtlicher Fraktionen, während besagte Initiative nicht minder einhellig als zu radikal abgelehnt wurde. Diese wäre nämlich bei ihrer Annahme praktisch auf ein Verbot von Ferienwohnungsverkäufen an Personen im Ausland hinausgelaufen und hätte damit gegen die Interessen der Berg- und Touristikgebiete verstossen. Im Nationalrat opponierten neben der NA nur ganz wenige Vertreter aus andern Gruppierungen gegen das neue Gesetz (EVP, LdU), wobei besonders die fehlende Wirksamkeit der bisherigen Erlasse hervorgehoben wurde [15].
Das im Expertenentwurf vorgesehene gesamtschweizerische Kontingentierungssystem für sämtliche Ferienwohnungen und Wohneinheiten in Apparthotels, das vom Bundesrat aufgrund der Kritik verschiedener Kantone zugunsten von ortsweise festzulegenden maximalen Bestandesquoten fallengelassen worden war, fand anschliessend wieder Eingang in den Vorschlag der vorberatenden Nationalratskommission. Diese gegenüber dem Entwurf des Bundesrates wesentlich verschärfte Vorlage wurde dann im wesentlichen von den beiden Kammern übernommen und noch etwas griffiger ausgestaltet. Die Jahreskontingente wurden dabei neu auf höchstens zwei Drittel der in den letzten fünf Jahren vor dem Inkrafttreten des BewG erteilten Bewilligungen festgelegt (ca. 2200 pro 1985 für 1000 statt wie bisher für 600 Gemeinden). Sie müssen zudem alle zwei Jahre vom Bundesrat neu bestimmt und, nach volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten differenziert, schrittweise herabgesetzt werden. Auf die Kantone verteilt werden die Kontingente je nach der Bedeutung des Fremdenverkehrs, den touristischen Entwicklungsplanungen sowie dem Anteil an ausländischem Grundeigentum auf deren Gebiet. Die weitere Verteilung der Bewilligungen ist dann Sache der Kantone. Um Umgehungsgeschäfte zu verhindern, wurde der Verkauf von Stockwerken aus Apparthotels speziell geregelt. Mindestens 51% der betreffenden Wohneinheiten müssen im Besitz der Betriebsinhaber verbleiben und 65% sind hotelmässig zu bewirtschaften. Schliesslich wurden die Kantone und Gemeinden ermächtigt, noch weitergehende örtliche Beschränkungen über den Erwerb von Ferienwohnungen durch Ausländer einzuführen. Sofern die Initiative der NA 1984 vom Volk abgelehnt würde, sollte das BewG den bisher geltenden befristeten Bundesbeschluss (Lex Furgler) auf Anfang 1985 ablösen [16].
Zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung über das schweizerische Bodenrecht dürfte die 1981 lancierte und nunmehr zustande gekommene «Stadt-Land-Initiative gegen die Bodenspekulation» führen [17]. Dieser erste Erfolg ist um so bemerkenswerter, als das Begehren fast nur von kleinen Splittergruppen getragen wurde und vorgängig je zwei Bodenrechtsinitiativen am Volksmehr bzw. an der nötigen Unterschriftenzahl gescheitert waren [18]. Unterstützt wird die Initiative inzwischen von fast der gesamten Linken, den oppositionellen Bauernvereinigungen, diversen Umweltschutzorganisationen, kantonalen Mieterverbänden und gewissen kirchlichen Kreisen. Der Schweizerische Bauernverband sowie die Arbeitsgemeinschaft für die Bergbevölkerung setzen ihre Hoffnungen dagegen in die laufende Revision des bäuerlichen Bodenrechts. Am entschiedensten abgelehnt wird der angeblich «unschweizerische», «kommunistische» und «kontraproduktive» Vorstoss von den rechtsbürgerlichen Kreisen. Der Schweizerische Hauseigentümerverband führt seinerseits die fortwährend steigenden Grundstückpreise und Mietzinse auf die Inflation und nicht auf die Bodenspekulation zurück. Im übrigen darf eine gewisse Preisberuhigung von der Nutzungsausscheidung im Rahmen der Raumplanung erwartet werden. Einige Kantone haben gehortetes Bauland besteuert, um es der Uberbauung zuzuführen [19].
 
[12] Zur Vorgeschichte siehe: SPJ, 1981, S. 113 f . und 1982, S. 108 f.; SR, 211.412.41 und 211.412.413; BZ, 26.2.83.
[13] Die Volkswirtschaft, 56/1983, S. 478 ff.; 1982 bewilligten die kantonalen Behörden noch 3094 Grundstückverkäufe an Personen im Ausland (1981: 5900), davon 2131 für Stockwerkeigentum (1981: 4025). Die Kantone VS, GR, TI und VD beanspruchten von 1961-1982 volle 81% sämtlicher Bewilligungen. Von 950 Fremdenverkehrsorten haben bis 1983 deren 250 die freiwillige Bewilligungssperre eingeführt (SGB, 8, 10.3.83 ; BaZ, 13.12.83). Konnten 1980 und 1981 noch je über 1000 Hotel-Appartements an Ausländer verkauft werden, schrumpfte diese Zahl 1982 auf etwa 10% zusammen (LNN, 4.1.83).
[14] Ww, 33, 17.8.83; 34, 24.8.83; 41, 13.10.83; JdG, 9.9.83; 11.10.83. Die Affäre um das World Trade Center I in Genf führte zu keiner behördlichen Feststellung einer Verletzung der Lex Furgler (siehe auch Amtl. Bull. NR, 1983, S. 563: Einfache Anfrage Ziegler, sp, GE).
[15] BBl,1983, III, S. 1030 f. (Initiative); BBl,1983, IV, S. 568 ff. (BewG) ; Amtl. Bull. NR, 1983, S. 124 ff. ; Amtl. Bull. StR, 1983, S. 397 ff.; Presse vom 19.1.83; 1.3.-3.3.83; 28.7.83; 21.9.83; NZZ, 5.11.83; 29.11.83; TLM, 29.11.83 ; 14.12.83. Die parlamentarische Initiative Schatz (fdp, SG) konnte abgeschrieben werden (siehe auch SPJ, 1978, S. 109). Seit 1961 ging rund 1% der gesamten Bauzonenfläche in ausländisches Eigeutum über, womit total ein Anteil von etwa 2,6% erreicht wurde. Beim Zweitwohnungsbestand betrug der entsprechende Anteil 20%.
[16] Die Kontingentierung wurde erstmals 1980 mit der revidierten Verordnung über den Erwerb von Grundstücken in Fremdenverkehrsorten durch Personen im Ausland eingeführt (vgl. oben, Anm. 12). Siehe ferner «Apparthotels — ein Spezialproblem der Raumplanung», in Plan, 1983, Nr. 10, S. 7 ff. Die überwiegende Mehrheit der Wohnungen in Apparthotels wurde bislang an Ausländer verkauft.
[17] BBl, 1983, II, S. 1485 ff. ; NZZ, 18.2.83 ; 13.6.83 ; 16.8.83 ; TLM, 30.3.83 ; 12.6.83 ; TA, 14.5.83 ; Presse vom 25.5.83 und 26.7.83; SZ, 28.5.83. Vgl. auch SPJ, 1981, S. 114 f.
[18] Vgl. NZZ, 9.6.83; SPJ, 1967, S. 94 ff. und 1973-1979, Teil I, 6c (Bodenrecht); U. Roth, «Aktuelle schweizerische Bodenreformvorschläge der letzten 10 Jahre», in Blätter für ein neues Bodenrecht, 1983, Heft 18, S. 4 ff.; Landvergabe im Baurecht, Eine Dokumentation zuhanden der Gemeinden, hg. v.d. Schweiz. Gesellschaft für ein neues Bodenrecht, Bern 1983.
[19] Die Schweiz. Arbeitsgemeinschaft für die Bergbevölkerung erarbeitete selbst 14 Thesen zum Bodenrecht (BaZ, 19.8.83). Zur Revision des bäuerlichen Bodenrechts vgl. SPJ, 1982, 5.86. Preise und Raumplanung: LNN, 3.8.83; TLM, 19.4.83 (Zweitwohnungen im Kanton JU).