Année politique Suisse 1983 : Enseignement, culture et médias / Enseignement et recherche / Hochschulen
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Studentenpolitik
Der Verband der Schweizerischen Studentenschaften (VSS) wies die Vorwürfe des im Vorjahr gegründeten rechtsorientierten Dachverbandes Schweizerischer Studentenorganisationen (DSO), er sei undemokratisch und vernachlässige die Bildungs- und Studentenpolitik, erneut zurück und unterstrich seinen Alleinvertretungsanspruch fair die schweizerischen Studierenden [59]. In einer Broschüre zeigte der VSS auf, wie Mitglieder des DSO in den letzten Jahren immer wieder versucht hatten, die verfassten Studentenschaften zu zerstören, und er warf dem DSO vor, durch seine Politik die Interessenvertretung der schweizerischen Studierenden zu schwächen [60]. Der VSS ersetzte ferner seinen Vorstand durch einen Generalsekretär und einen leitenden Ausschuss und trug damit dem Mangel an studentischen Funktionären Rechnung [61].
Der Konflikt der Studentenschaften von Zürich und Bern mit den kantonalen Regierungen dauerte weiter an [62]. In Zürich untersagte Erziehungsdirektor Gilgen dem Rektorat, dem offiziellen Versand der Immatrikulationsunterlagen auch noch die Einzahlungsscheine für die Mitgliederbeiträge der drei privatrechtlichen Studentenverbände beizulegen. Durch diesen Entscheid fühlten sich diese studentischen Organisationen — vor allem der Verband Studierender an der Universität (VSU) als mitgliederstärkster Verein — in ihrer finanziellen Existenz bedroht [63]. Die rechtlich unbefriedigende Lage der Studentenschaft der Universität Bern (SUB) [64] wurde nach einer Vollversammlung der Studierenden und dem dabei beschlossenen Streik der studentischen Organe durch einen regierungsrätlichen Entscheid geklärt: Der Regierungsrat bejahte — im Gegensatz zu den Regierungen von Zürich und Basel — die Zwangskörperschaft, er sprach der SUB aber das politische Mandat ab und legte den Mitgliederbeitrag auf 10 Fr. pro Semester fest (früher 22.50 Fr.) [65].
Die Lebenssituation vieler Studierender hat sich real weiter verschlechtert, wie eine Studie der Zürcher Kommission für Studienbeiträge feststellt [66]. Zusätzlich zu den sinkenden Einnahmen und den allgemein steigenden Lebenskosten wurden die Studierenden von z.T. massiven Gebührenerhöhungen betroffen. In Bern wurde die Studiengelderhöhung hingenommen; die Studentenschaft der ETH Zürich hingegen sammelte innerhalb von drei Tagen 2300 Unterschriften für eine Petition, in welcher vorgeschlagen wurde, die Pauschalisierung der Gebühren auf 300 statt auf 450 Fr. festzusetzen [67]. Eine Erhöhung der Krankenkassenprämien wurde in Zürich und Bern von den Studierenden akzeptiert; in Genf jedoch löste die Prämienerhöhung um 70% einen Proteststurm aus, und 1500 Studierende forderten, unterstützt von politischen Linksgruppierungen, den Grossen Rat auf, die Erhöhung zurückzunehmen [68].
 
[59] Vgl. SPJ, 1982, S. 150.
[60] VSS/UNES, Die Umtriebe der Rechten an den Hochschulen der deutschen Schweiz, Bern 1983; Substanz, 1, 24.1.83; BaZ, 4.2.83.
[61] VSS, Jahresbericht, 1982/83; AT, 25.12.83.
[62] Vgl. SPJ, 1977, S. 146; 1978, S. 142 ; 1979, S. 157. Vgl. auch VSS/UNES, Die Umtriebe der Rechten an den Hochschulen der deutschen Schweiz.
[63] Zürcher Student/in, 14, 21.10.83; NZZ, 22.10.83; 3.12.83; TA, 22.10.83; 1.12.83.
[64] Der Verwaltungsgerichtsentscheid vom Vorjahr im Fall Grütter bestätigte die Zwangskörperschaft, er entzog der SUB aber das Recht, obligatorische Mitgliederbeiträge zu erheben: die SUB war so auf freiwillige Mitgliederbeiträge angewiesen (vgl. Substanz, 3, 21.2.83).
[65] Substanz, 3, 21.2.83; 5, 20.4.83; 6, 4.5.83; 7, 18.5.83; 8, 1.6.83; 10, 26.12.83; TW, 18.4.83; Bund, 30.5.83; 31.5.83; 3.8.83; 23.9.83.
[66] Kantonale Kommission für Studienbeiträge (KKStB), Zur ökonomischen Lage der Uni-Studenten in Zürich. Darstellung und Diskussion der Ergebnisse einer Repräsentativumfrage vom Sommer 1982, (Zürich 1983); vgl. auch E. Hunziker, Zur sozialen Lage der Studierenden der Universität Basel. Ergebnisse einer Studentenbefragung vom Oktober 1982, Basel 1983.
[67] Besonders betroffen von diesen Gebührenerhöhungen sind die ausländischen Studierenden, welche gar eine Ausländergebühr von 600 Fr. zu bezahlen haben. Die Studentenorganisationen sehen hinter diesem Trend zu speziellen Gebühren für Ausländer den Versuch, den Anteil der ausländischen Studierenden an den Universitäten zu senken (VSS-aktuell, 4, 25.1.83; Zürcher Student/in, 3, 29.4.83).
[68] In Bern stiegen die Krankenkassenprämien pro Semester von 120 auf 132 Fr., in Zürich von 78 auf 114 Fr. und in Genf von 138 auf 234 Fr. (JdG, 15.6.83; Zürcher Student/in, 10, 17.6.83).