Année politique Suisse 1984 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
 
Schweizerische Volkspartei
Die Schweizerische Volkspartei (SVP) zeigte sich bestrebt, ihre in den 70er Jahren begonnene Öffnung gegenüber weiteren Wählerschichten fortzuführen. Dieser Tendenz entsprach auch die Neubestellung des Parteipräsidiums. Der demissionierende Landwirtschaftsvertreter F. Hofmann wurde durch den in Sport und Tourismus verankerten Berner Oberländer A. Ogi ersetzt, wodurch der bernischen Kantonalpartei nach dem Verlust des Bundesratssitzes und des Fraktionspräsidiums ein letzter Spitzenposten erhalten blieb. Wie in der CVP kam es damit zu einem Generationswechsel in der Parteileitung [29]. Ogi betonte, dass die SVP nicht bei den angestammten Schwerpunktthemen — Landwirtschaft, Gewerbe und Landesverteidigung — stehenbleiben dürfe, und wandte sich gegen den Antietatismus des Gewerbeverbandes. Er exponierte sich auch in ungewohnter Weise mit seiner Kritik an der Panzerbeschaffung. Zur Verbreiterung ihrer Basis wies er die Partei auf die Jugend, die Frauen, die Arbeiter und die welsche Schweiz [30]. Besondere Beachtung fand in SVP-Kreisen das Ergebnis einer auf Umfrage beruhenden Analyse der Nationalratswahlen von 1983, dass die SVP unter allen Parteien die am stärksten männlich dominierte Wählerschaft aufwies; ihre Bundeshausfraktion zählt ja auch noch keine weiblichen Mitglieder. Die Kampfansage des führenden Zürcher SVP-Parlamentariers C. Blocher an das neue Eherecht lief allerdings der Öffnungstendenz zuwider und stiess in der Partei auf entschiedene Kritik. Das Interesse an den Romands wurde an einer Tagung in Lausanne besonders dokumentiert [31].
Im Zuge der Öffnung ging man im Thurgau an die Klärung des Verhältnisses zwischen der SVP und dem Landwirtschaftlichen Kantonalverband, der bis dahin die Repräsentation der Partei auf kantonaler und nationaler Ebene organisiert hatte. Indem der Verband seine Politische Kommission auflöste, gab er den Weg für den Aufbau einer selbständigen Parteiorganisation frei [32].
 
[29] Bund, 16.1.84; 17.1.84; 19.1.84; Presse vom 18. u. 23.1.84. Die Kantonalparteien von ZH und TG hatten den eher konservativen thurgauischen Regierungsrat H. Fischer vorgeschlagen, der als Favorit des Zürcher NR Blocher galt, seine Kandidatur aber gegen diejenige Ogis nicht aufrechterhalten wollte. Die Berner SVP hatte 1979 ihre Vertretung im BR und 1983 das Fraktionspräsidium verloren (LNN, 18.1.84).
[30] SVP, Pressedienst, 12, 27.3.84; NZZ, 16.4.84; 27.8.84; SZ, 17.11.84. Zur Panzerbeschaffung vgl. oben, Teil I, 3 (Rüstungsprogramm).
[31] Der Anteil der Frauen an der SVP-Wählerschaft betrug demnach bloss 28%; vgl. C. Longchamp, Analyse der Nationalratswahlen 1983, Vox-Sondemummer, Zürich 1984, S. 12; ferner Presse vom 22.10.84; TA, 5.12.84. Eherecht: SVP, Pressedienst, 27, 10.7.84; vgl. oben, Teil I, 7d (Politique familiale). Romands: 24 Heures, 24.10.84.
[32] NZZ, 10.7.84; SGT, 10.12.84; TA, 10.12.84. Auf Gemeinde- und Bezirksebene gab es bereits einzelne SVP-Sektionen. Die Politische Kommission hatte auch nichtbäuerliche Mitglieder. Am 23.4.1985 ist die Gründung einer thurgauischen SVP erfolgt (NZZ, 25.4.85).