Année politique Suisse 1984 : Eléments du système politique / Droits, ordre public et juridique
 
Stimmrecht
Bei den Bestrebungen zur Erweiterung des Stimmrechts waren 1984 mehrheitlich Niederlagen zu verzeichnen. Trotz zustimmender Empfehlungen der Parlamente lehnten die Stimmberechtigten der Kantone Aargau, Freiburg und Schaffhausen sowie der Städte Bern und Biel eine Senkung der Altersgrenze auf 18 Jahre deutlich ab. Lediglich in einigen kleineren bernischen Gemeinden erhielten entsprechende Vorstösse die Zustimmung des Souveräns [8]. In Solothurn fand diese Neuerung Aufnahme in den Entwurf für eine neue Kantonsverfassung. Im Kanton Luzern wurde eine Volksinitiative lanciert, welche die fakultative gemeindeweise Einführung des «Stimmrechtalters 18» ermöglichen soll [9].
Die stimmberechtigten Männer in Appenzell Ausserrhoden demonstrierten einmal mehr, dass sie nicht bereit sind, der politischen Diskriminierung der Frau ein Ende zu setzen. Trotz zustimmender Empfehlung des Parlamentes lehnte die Landsgemeinde die von der SP eingereichte Volksinitiative für die Durchführung einer Urnenabstimmung mit Beteiligung beider Geschlechter über die Einführung des kantonalen Frauenstimmrechts wuchtig ab. Aber auch vom Bund sind einstweilen keine Impulse zur Veränderung dieses Zustandes zu erwarten. Der Ständerat sprach sich aus föderalistischen Gründen gegen die Überweisung einer Petition von Ausserrhodener Frauen aus, welche die Revision von Absatz 4 des Stimmrechtsartikels (Art. 74 BV) anstrebte. Dank dieser Regelung dürfen in den Kantonen auch in Zukunft vom Bundesrecht abweichende Bestimmungen über die politischen Rechte in Kraft bleiben [10].
 
[8] Aargau: AT, 1.6.84; 15.8.84; 3.12.84. Freiburg: Lib., 20.1.84; 27.2.84. Zuhanden der Volksabstimmung empfiehlt der Freiburger Grosse Rat eine Senkung des Wählbarkeitsalters für diese Kammer auf 20 Jahre. Damit würde die Anpassung an die Verhältnisse in allen übrigen Kantonen und auf Bundesebene vollzogen (Lib., 29.9.84). Schaffhausen: SN, 27.2.84. Bern: TW, 10./11.3.84; Suisse, 16.3.84; Bund, 21.5.84. Siehe auch SPJ, 1983, S. 15.
[9] Solothurn: SZ, 31.7.84. Luzern: Vat., 17.5.84.
[10] Initiative: SGT, 21.2.84; NZZ, 30.4.84. Petition: Amtl. Bull. StR, 1984, S. 525 ff. Siehe auch SPJ, 1983, S. 16. Gerade in der meistens föderalistisch gesinnten Westschweiz wurde betont, dass diese Rücksichtnahme dann nicht angebracht sei, wenn es um die Vorenthaltung grundlegender Menschenrechte gehe (LM, 28.5.84 und 11.9.84; NZZ, 26.7.84). Siehe auch W. Moser, «Geschlechtergleichheit und Frauenstimmrecht», in NZZ, 22.8.84.