Année politique Suisse 1984 : Economie / Politique économique générale
 
Konjunkturpolitik
Die verbesserte Konjunkturlage und die Erkenntnis, dass die weiterhin bestehenden Probleme auf dem Arbeitsmarkt in erster Linie strukturelle Ursachen haben, führten dazu, dass sich die Konjunkturpolitik wieder vorwiegend auf die Erhaltung einer relativen Preisstabilität ausrichten konnte. Das im Vorjahr in Gang gesetzte Beschäftigungsprogramm wurde zwar planmässig weitergeführt, eine Neuauflage wurde hingegen weder gefordert noch von den Behörden in Aussicht genommen. Die Ausdehnung der bereinigten Notenbankgeldmenge blieb mit 2,6% (vorgesehen waren 3,0%) im Rahmen der stabilitätspolitischen Zielsetzung; auch für 1985 ist mit einer Expansion um rund 3% die Beibehaltung dieses Kurses geplant [10].
Die seit 1951 gültigen Vorschriften über die freiwillige Bildung von steuerbegünstigten Arbeitsbeschaffungsreserven hatten sich in den letzten Jahren als zuwenig attraktiv erwiesen, um ihren Zweck erfüllen zu können. Nachdem die Vernehmlassung zum Entwurf für ein neues Gesetz weitgehend positiv verlaufen war, legte der Bundesrat eine entsprechende Botschaft vor. Dadurch, dass die steuerliche Begünstigung bereits bei der Reservenbildung und nicht erst bei ihrer Auflösung eintritt, will er die Unternehmen wieder vermehrt zur Bildung von Rücklagen für schwierige Zeiten animieren. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung sollen die Arbeitsbeschaffungsreserven nicht nur in konjunkturellen Krisenzeiten branchenweise (und bloss als Ausnahme für Einzelbetriebe) freigegeben werden, sondern auch unter normalen Verhältnissen individuell für Unternehmen, die sich mit Investitionen präventiv gegen strukturelle Probleme wappnen wollen. Um eine genügende Liquidität der Mittel zu gewährleisten, müssen diese gemäss dem Entwurf vollständig auf einem zinstragenden Sperrkonto beim Bund oder im Bankensystem angelegt werden. Anrecht auf diese Begünstigungen haben Unternehmen des zweiten und dritten Sektors mit mindestens 20 Arbeitnehmern. Wie in der bisherigen Regelung soll die Reservenbildung auf freiwilliger Basis erfolgen. Der Bundesrat will sich allerdings die Kompentenz einräumen, im Falle ungenügenden Zuspruchs dem Parlament ein Obligatorium für Betriebe mit mindestens 100 Arbeitnehmern zu beantragen [11].
Von einiger Bedeutung für die Effizienz politischer und ganz besonders wirtschaftspolitischer Massnahmen ist die Qualität der zur Verfügung stehenden Statistiken. Mit einem neuen Bundesgesetz über die amtliche Statistik sollen klare rechtliche Grundlagen für entsprechende Erhebungen geschaffen und namentlich die Koordination der diesbezüglichen Aktivitäten bei den diversen Verwaltungsstellen verbessert werden. In der im Berichtsjahr abgeschlossenen Vernehmlassung fand diese Zielsetzung zwar allgemein Anerkennung, von Wirtschaftskreisen wurde jedoch unter anderem kritisiert, dass die Bereiche, in denen die Verwaltung Erhebungen durchführen könne, zu weit gefasst seien. Der Bundesrat beauftragte das EDI mit der Ausarbeitung einer Botschaft, die er aber laut der Prioritätenordnung zu den Richtlinien für die Regierungspolitik nicht vor Ende der laufenden Legislaturperiode vorlegen wird [12].
Als Nachfolger für den 1983 in den Nationalrat gewählten J.P. Bonny (fdp, BE) wurde auf Jahresbeginn Klaus Hug zum neuen Direktor des BIGA gewählt. Obwohl die fachlichen Qualitäten des CVP-Mitglieds Hug nicht bestritten wurden und er zuletzt als Sekretär beim Schweizerischen Arbeitgeberverband war, verursachte sein Wahl bei der FDP und der SVP einiges Unbehagen. Sprecher beider Parteien monierten, dass Bundesrat Furgler in seinem Departement in erster Linie Leute aus seiner Partei zum Zuge kommen lasse [13].
 
[10] SNB, Geschäftsbericht, 77/1984, S. 7 und 22 ff. sowie unten, Teil I, 4b (Geldmenge). Zum Beschäftigungsprogramm 1983 siehe SPJ, 1983, S. 68 f. und Gesch.ber., 1984, S. 280 f.
[11] BBl, 1984, I, S. 1 129 ff. Vgl. auch SPJ, 1981, S. 59. In der vorberatenden NR-Kommission stiess namentlich die Kompetenz zum Erlass eines Obligatoriums auf eine gewisse Opposition (NZZ, 22.4.84).
[12] NZZ, 19.4.84; Gesch.ber., 1984, S. 76; BBl, 1984, II, S. 1337. Vgl. zur Kritik Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 72/1983-84, S. 231 ff.
[13] Vat., 11.1.84 ; NZZ, 12.1.84. Vgl. auch J.-P. Bonny, «Rückblick auf zwölf Jahre Tätigkeit im BIGA », in Die Volkswirtschaft, 57/1984, S. 125 f.